Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
du schlafen können?«, fragte Elaine.
    »Ich denke schon«, erwiderte ich, aber das war natürlich zu optimistisch. Ich lag bis zum Sonnenaufgang wach im Bett und dachte an Der Todeskuss. Ich sah Richard Widmark, der mit einem wahnsinnigen Kichern die alte Lady in ihrem Rollstuhl festschnallte und dann die Treppe hinunterstieß – »Das tun wir mit Verrätern!«, sagte er ihr -, und dann verwandelte sich sein Gesicht in das von William Wharton, wie es an dem Tag ausgesehen hatte, als er zum Block E und der Green Mile gekommen war – Wharton, der gekichert hatte wie Widmark, Wharton, der geschrien hatte: Das ist’ne Party, was?
    Ich verzichtete aufs Frühstück, nach diesen Erinnerungen war mir nicht danach. Ich ging hinunter in den Wintergarten und begann zu schreiben.
    Geister? Klar.
    Ich weiß alles über Geister.

2
    »Juchhe, Jungs!«, lachte Wharton. »Das ist’ne Party, was?«
    Immer noch schreiend und lachend, würgte Wharton Dean weiter mit der Kette. Warum auch nicht? Wharton wusste, was auch Dean und Harry und mein Freund Brutus Howell wussten: Man konnte einen Mann nur einmal braten.
    »Schlag ihn!«, brüllte Harry Terwilliger. Er hatte mit Wharton gerungen, hatte versucht, die Dinge im Keim zu ersticken, aber Wharton hatte ihn von sich geschleudert, und jetzt versuchte Harry, sich aufzurappeln. »Percy, schlag ihn!«
    Aber Percy stand nur da, den Hickory-Schlagstock in der Hand, die Augen so weit aufgerissen wie Suppenteller. Er liebte diesen verdammten Schlagstock, und man hätte sagen können, das war die einmalige Chance, ihn so einzusetzen, wie er es herbeigesehnt hatte, seit er in die Strafvollzugsanstalt Cold Mountain gekommen war – aber jetzt war er zu ängstlich, um die Gelegenheit zu nutzen. Das war kein verängstigter kleiner Franzose wie Delacroix und kein apathischer schwarzer Riese wie John Coffey, der nur körperlich anwesend zu sein schien; das war ein wirbelnder Teufel.
    Ich ließ mein Klemmbrett fallen, sprang aus Whartons Zelle und zog meinen.38er. Zum zweiten Mal an diesem Tag vergaß ich die Infektion, die meinen Unterleib erhitzte. Ich habe nie angezweifelt, was die anderen hinterher über Whartons ausdrucksloses Gesicht und seinen teilnahmslosen Blick erzählten, aber das war nicht der Wharton, den ich gesehen habe. Ich sah das verzerrte Gesicht eines Tieres … nicht das intelligenten Tiers, sondern eines Tiers, das von Verschlagenheit … und Bösartigkeit … und Freude erfüllt war. Ja. Er tat das, wozu er bestimmt war. Der Ort und die Umstände spielten keine Rolle. Das andere, was ich sah, war Dean Stantons hochrotes, anschwellendes Gesicht. Er starb gerade vor meinen Augen.
    Wharton sah die Pistole in meiner Hand und drehte Dean darauf zu, damit ich ihn bei einem Schuss ebenfalls getroffen hätte. Über Deans Schulter hinweg forderte mich ein funkelndes, blaues Auge auf, zu schießen. Whartons anderes Auge war hinter Deans Haaren verborgen. Schräg hinter ihnen sah ich Percy stehen, der unentschlossen seinen Schlagstock halb erhoben hielt. Und dann tauchte auf der Türschwelle zum Gefängnishof ein fleischgewordenes Wunder: Brutus Howell. Sie hatten den Umzug der Krankenstation abgeschlossen, und Brutus war gekommen, um zu fragen, wer Kaffee wollte.
    Brutal handelte, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Er stieß Percy so heftig zur Seite und gegen die Wand, dass ihm die Zähne klapperten, und zog seinen eigenen Schlagstock aus dem Halfter und knallte ihn mit der ganzen Kraft seines gewaltigen rechten Arms auf Whartons Hinterkopf. Es gab ein dumpfes Klopfgeräusch, einen beinahe hohlen Laut – als ob sich gar kein Gehirn unter Whartons Schädeldecke befunden hätte -, und endlich lockerte sich die Kette um Deans Hals. Wharton ging wie ein Mehlsack zu Boden, und Dean kroch stoßweise hustend, mit einer Hand an der Kehle und hervorquellenden Augen herum. Ich kniete mich neben ihn, und er schüttelte heftig den Kopf. »Geht schon«, krächzte er. »Kümmert euch um … ihn!« Er zeigte auf Wharton. »Einsperren! Zelle!«
    Ich bezweifelte, dass er eine Zelle brauchte, nachdem Brutal ihn so hart geschlagen hatte; ich glaubte, er würde eher einen Sarg brauchen. Doch das war Wunschdenken. Wharton war ausgeknockt, aber noch längst nicht tot. Er lag ausgestreckt auf der Seite, einen Arm vorgereckt, sodass die Fingerspitzen das Linoleum der Green Mile berührten. Die Augen waren geschlossen, und er atmete langsam, aber regelmäßig. Es lag sogar ein kleines, friedliches

Weitere Kostenlose Bücher