The Green Mile
Lokalzeitung zu reden?«
»John Coffey«, sagte ich.
Ich denke, ich hatte eine starke Reaktion erwartet (die Kinder, die Zwillinge sein konnten, führten wohl zu der Annahme … vielleicht auch die Hundehütte; die Dettericks hatten auch einen Hund gehabt), aber Hammersmith hob nur die Augenbrauen und nippte an seiner Brause. »Coffey ist jetzt Ihr Problem, nicht wahr?«, fragte er.
»Er ist kein großes Problem«, sagte ich. »Er hat Angst vor der Dunkelheit, und er weint oft, aber beides ist bei unserer Art Arbeit kein Problem. Wir erleben Schlimmeres.«
»Er weint viel?«, fragte Hammersmith. »Nun, dazu hat er auch allen Grund, würde ich sagen, wenn man bedenkt, was er getan hat. Was wollen Sie wissen?«
»Alles, was Sie mir sagen können. Ich habe Ihre Zeitungsartikel gelesen, und jetzt möchte ich alles hören, was nicht in der Zeitung stand.«
Er blickte mich scharf an. »Zum Beispiel, wie die kleinen Mädchen aussahen? Was genau er ihnen angetan hat? Sind Sie an solchen Dingen interessiert, Mr. Edgecombe?«
»Nein«, erwiderte ich in mildem Tonfall. »Es sind nicht die Detterick-Mädchen, an denen ich interessiert bin, Sir. Die armen Kleinen sind tot. Aber Coffey ist es nicht – noch nicht -, und ich wäre interessiert daran, etwas über ihn zu erfahren.«
»In Ordnung«, meinte er. »Ziehen Sie sich einen Stuhl ran und nehmen Sie Platz, Mister Edgecombe. Verzeihen Sie, wenn ich eben ein wenig scharf geklungen habe, aber ich muss mich bei meinem Job mit vielen Geiern herumschlagen. Teufel, man beschuldigt mich oft genug, ich wäre selbst einer. Ich wollte mir bei Ihnen nur sicher sein, dass Sie keiner sind.«
»Und sind Sie es?«
»Ja, ich denke schon.« Es klang fast gleichgültig. Die Geschichte, die er mir erzählte, deckte sich im Großen und Ganzen mit der, die ich an früherer Stelle erzählt habe – wie Mrs. Detterick die Veranda leer vorgefunden hatte, die Tür aus den oberen Angeln gerissen, die Decken in einer Ecke, Blut auf der Verandatreppe; wie ihr Sohn und Mann den Spuren des Entführers der Mädchen gefolgt waren; wie der Suchtrupp sie eingeholt und kurz darauf John Coffey gestellt hatte. Wie Coffey wehklagend am Flussufer gesessen hatte, während die Leichen wie große Puppen auf seinen gewaltigen Armen gelegen hatten. Der Reporter, der in seinem weißen Hemd mit offenem Kragen und der grauen Anzughose spindeldürr aussah, sprach mit leiser, leidenschaftsloser Stimme … doch er wandte den Blick nicht ein einziges Mal von seinen eigenen beiden Kindern ab, die sich im Schatten am Fuß des Hangs balgten, lachten und sich beim Schaukeln ablösten. Irgendwann mitten in der Geschichte brachte Mrs. Hammersmith eine Flasche selbst gemachtes Rootbeer, kalt und köstlich. Sie hörte eine Weile stehend zu und unterbrach dann ihren Mann, um die Kinder zu rufen und anzukündigen, dass sie gleich die Kekse aus dem Backofen holen würde. »Wir kommen, Mama!«, antwortete eine Mädchenstimme, und die Frau ging wieder ins Haus.
Als Hammersmith zu Ende erzählt hatte, sagte er: »Warum wollen Sie das wissen? Ich hatte noch nie Besuch von einem Chef der Gefängniswärter, Sie sind der erste.«
»Ich sagte doch schon …«
»Neugier, ja. Die Leute sind neugierig, das weiß ich, und ich danke sogar Gott dafür, denn sonst wäre ich meinen Job los und müsste für meinen Lebensunterhalt vielleicht sogar richtig arbeiten. Aber fünfzig Meilen sind ein langer Weg, nur um simple Neugier zu befriedigen, besonders wenn die letzten zwanzig über schlechte Straßen führen. Warum sagen Sie also nicht die Wahrheit, Edgecombe? Ich habe Ihre Neugier befriedigt, also befriedigen Sie jetzt meine.«
Ich könnte sagen: Nun, ich hatte diesen Harnwegsinfekt, und John Coffey legte mir eine Hand auf und heilte ihn. Der Mann, der diese beiden Mädchen vergewaltigt und ermordet hat. Deshalb interessiere ich mich natürlich für ihn – jeder wäre da neugierig geworden. Ich frage mich sogar, ob Sheriff Homer Cribus und Deputy Rob McGee vielleicht dem falschen Mann Ketten angelegt haben. Trotz all der Beweise gegen ihn frage ich mich das. Denn ein Mann, der eine solche Gabe in den Händen hat, von dem erwartet man nicht, dass er Kinder vergewaltigt und ermordet.
Nein, das wäre nicht der richtige Ansatz.
»Zwei Fragen beschäftigen mich«, sagte ich. »Die erste Frage ist: Hat er jemals zuvor so etwas getan?«
Hammersmith wandte sich mir zu, und sein Blick spiegelte plötzlich Interesse wider. Ich sah, dass er ein
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