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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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kluger Mann war. Vielleicht sogar ein brillanter, auf seine stille Art. »Warum?«, fragte er. »Was wissen Sie, Edgecombe? Was hat er gesagt?«
    »Nichts. Aber ein Mann, der so etwas tut, hat es für gewöhnlich vorher schon getan. Sie kommen auf den Geschmack.«
    »Ja«, sagte Hammersmith. »So ist es. Ganz richtig.«
    »Und es kam mir in den Sinn, dass man leicht seinen Weg zurückverfolgen und es herausfinden könnte. Bei einem Mann seiner Größe, noch dazu einem Neger, kann das nicht so schwierig sein.«
    »Sollte man meinen, aber Sie irren sich«, sagte Hammersmith. »In Coffeys Fall jedenfalls, das kann ich Ihnen sagen.«
    »Sie haben es versucht?«
    »Das habe ich, und ich habe nichts gefunden. Es gab ein paar Typen von der Eisenbahn, die glaubten, ihn auf dem Bahnhof in Knoxville gesehen zu haben, zwei Tage vor der Ermordung der Detterick-Mädchen. Das ist keine Überraschung; er befand sich am Fluss in der Nähe der Gleise der Great Southern, als er festgenommen wurde, also ist er vermutlich mit der Eisenbahn aus Tennessee gekommen. Ich erhielt einen Brief von einem Mann, der mir mitteilte, dass er einen großen, kahlköpfigen Schwarzen im Frühjahr dieses Jahres angeheuert hatte, um Kisten zu verladen – das war in Kentucky. Ich habe ihm ein Foto von Coffey geschickt, und er erkannte ihn darauf wieder. Aber sonst …« Hammersmith zuckte die Achseln und schüttelte den Kopf.
    »Kommt Ihnen das nicht ein bisschen merkwürdig vor?«
    »Das kommt mir reichlich merkwürdig vor, Mr. Edgecombe. Er scheint vom Himmel gefallen zu sein. Und er ist keine Hilfe; er kann sich an nichts erinnern, hat von einer Woche zur nächsten alles vergessen.«
    »Stimmt«, sagte ich, »und wie erklären Sie sich das?«
    »Wir stecken in der Depression«, sagte er. »Das ist für mich die Erklärung. Die Leute sind überall auf den Straßen. Okies kommen aus Oklahoma und wollen in Kalifornien Pfirsiche pflücken, die armen Weißen aus den Brakes wollen in Detroit Autos bauen, die Schwarzen aus Mississippi wollen nach Neuengland gehen und in den Schuh- und Textilfabriken arbeiten. Jeder – schwarz wie weiß – meint, es wird jenseits des nächsten Landstrichs besser. Das ist die verdammte amerikanische Lebensart. Selbst ein Riese wie Coffey fällt niemandem auf … es sei denn, er entschließt sich, zwei kleine Mädchen umzubringen. Kleine weiße Mädchen.«
    »Glauben Sie das?«, fragte ich skeptisch.
    Er blickte mich aus seinem schmalen Gesicht kühl an.
    »Manchmal glaube ich das.«
    Seine Frau neigte sich aus dem Küchenfenster wie ein Lokführer aus dem Führerstand einer Lok und rief: »Kinder! Die Kekse sind fertig!« Dann wandte sie sich an mich. »Möchten Sie einen Hafer-Rosinen-Keks, Mr. Edgecombe?«
    »Ich bin überzeugt, dass er köstlich ist, Ma’am, aber ich muss passen.«
    »In Ordnung«, sagte sie und zog sich zurück.
    »Haben Sie seine Narben gesehen?«, fragte Hammersmith unvermittelt. Er beobachtete immer noch seine Kinder, die sich noch nicht ganz dazu durchringen konnten, den Spaß des Schaukelns aufzugeben – auch nicht für Hafer-Rosinen-Kekse.
    »Ja.« Aber es überraschte mich, dass er sie gesehen hatte.
    Er bemerkte meine Reaktion und lachte. »Der einzige große Sieg des Verteidigers bestand darin, dass Coffey sein Hemd ausziehen und diese Narben den Geschworenen zeigen durfte. Der Ankläger, George Peterson, erhob äußerst heftig Einspruch, doch der Richter ließ es zu. Old George hätte sich den Atem sparen können – in dieser Gegend kaufen Geschworene niemandem diesen psychologischen Mist ab, dass Leute, die misshandelt wurden, nichts dafür können, wenn sie ein Verbrechen begehen. Sie glauben, dass die Leute sehr wohl für ihre Taten verantwortlich sind. Das ist eine Ansicht, für die ich viel Verständnis habe … aber diese Narben waren wirklich grässlich. Ist Ihnen etwas daran aufgefallen, Edgecombe?«
    Ich hatte den Mann nackt unter der Dusche gesehen, und es war mir in der Tat aufgefallen; ich wusste, was er meinte. »Sie sind alle aufgebrochen. Fast wie ein Gitter.«
    »Sie wissen, was das bedeutet?«
    »Jemand hat ihn brutal ausgepeitscht, als er ein Kind war«, sagte ich. »Bevor er gewachsen ist.«
    »Aber man hat es nicht geschafft, den Teufel aus ihm herauszupeitschen, nicht wahr, Edgecombe? Da hätte man sich das Peitschen sparen können und ihn stattdessen lieber im Fluss ersäufen sollen wie ein streunendes Kätzchen, meinen Sie nicht?«
    Ich nehme an, es wäre diplomatisch

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