Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Kopf, als bedauerte er zu leben, bloß weil er meinen Anblick ertragen musste. »Du meinst vielleicht, ein alter Furz wie du braucht sich nicht mehr an Vorschriften zu halten, aber das ist ein Irrtum, Paulie. «
    Brad lächelte mich an. Konnte mich nicht leiden. Hasste mich vielleicht sogar. Und warum? Ich weiß es nicht. Manchmal gibt es keinen Grund. Das ist das Unheimliche daran.
    »Nun, es tut mir leid, dass ich gegen die Vorschriften verstoßen habe«, sagte ich. Es klang ein wenig weinerlich, etwas schrill, und ich hasste mich deswegen, aber ich bin alt, und alte Leute sind leicht weinerlich. Alte Leute sind leicht ängstlich.
    Brad nickte. »Entschuldigung angenommen. Und jetzt häng das Ding wieder auf. Du hast ohnehin nicht draußen im Regen herumzuspazieren. Besonders nicht in dem Wäldchen. Was ist, wenn du ausrutschst, hinfällst und dir die Hüfte brichst? Hä? Wer, glaubst du, muss deine alten, schweren Knochen dann den Hügel hochschleppen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. Ich wollte nur von ihm weg. Je länger ich ihm zuhörte, desto mehr klang er wie Percy. William Wharton, der Verrückte, der im Herbst 32 zur Green Mile kam, schnappte einmal Percy und jagte ihm eine solche Angst ein, dass er sich in die Hosen pinkelte. Wenn ihr das irgendjemandem erzählt, seid ihr alle binnen einer Woche arbeitslos und könnt euch bei der Heilsarmee anstellen, drohte uns Percy hinterher. Und jetzt, nach all diesen Jahren, konnte ich Brad Dolan fast die gleichen Worte sagen hören, im gleichen Tonfall. Es ist fast, als ob ich durch das Schreiben über diese alten Zeiten irgendeine geheime Tür aufgeschlossen hätte, die Vergangenheit und Gegenwart verbindet – von Percy Wetmore zu Brad Dolan, von Janice Edgecombe zu Elaine Connelly, vom Staatsgefängnis Cold Mountain zum Altenheim Georgia Pines. Und wenn mich dieser Gedanke heute Nacht nicht wach hält, dann wird mich wohl nichts wach halten.
    Ich wollte gerade durch die Küchentür gehen, als Brad mich wieder am Handgelenk packte. Ich weiß nicht, ob es auch schon beim ersten Mal so war, aber diesmal tat er mir absichtlich weh, quetschte mein Handgelenk, um mir Schmerzen zuzufügen. Sein Blick zuckte hin und her, und Brad vergewisserte sich, dass niemand in der Nässe des frühen Morgens sah, wie er einen der Alten misshandelte, die er pflegen sollte.
    »Was treibst du da eigentlich auf dem Pfad?«, fragte er. »Ich weiß, dass du nicht dort hingehst, um zu wichsen, die Tage hast du lange hinter dir, also, was treibst du da?«
    »Nichts«, sagte ich und ermahnte mich, ruhig zu sein, ihm nicht zu zeigen, wie sehr er mir wehtat. Ja, ich musste die Ruhe bewahren und daran denken, dass er nur den Pfad erwähnt hatte, vom Schuppen wusste er nichts. »Ich gehe nur spazieren. Um einen klaren Kopf zu bekommen.«
    »Zu spät dafür, Paulie, dein Kopf wird nie wieder klar werden.« Er quetschte mein dünnes Altmännerhandgelenk wieder, dass ich glaubte, das Knirschen der Knochen zu hören, und dabei huschte sein Blick hin und her, um sicherzustellen, dass niemand da war. Brad machte es nichts aus, gegen die Vorschriften zu verstoßen; er hatte nur Angst davor, dabei erwischt zu werden. Und auch in diesem Punkt war er wie Percy Wetmore, der einen immer daran erinnerte, dass er der Neffe des Gouverneurs war. »So alt, wie du bist, ist es ein Wunder, dass du dich erinnern kannst, wer du bist. Du bist zu verdammt alt. Sogar für ein Museum wie dieses. Bei deinem Anblick bekomme ich eine Gänsehaut, Paulie.«
    »Lass mich los«, sagte ich und bemühte mich, nicht weinerlich zu klingen. Nicht nur aus Stolz. Ich dachte mir, das Weinerliche in meiner Stimme würde ihn reizen – wie der Geruch von Schweiß manchmal einen Hund zum Zubeißen reizt, der sonst nur knurren würde. Das brachte mich auf den Gedanken an einen Reporter, der über John Coffeys Prozess berichtet hatte. Der Reporter war ein schrecklicher Mann namens Hammersmith, und das Schrecklichste an ihm war, dass er nicht gewusst hatte, wie schrecklich er war.
    Anstatt mich loszulassen, quetschte Brad Dolan wieder mein Handgelenk. Ich stöhnte auf. Ich wollte es nicht, aber ich konnte nichts dafür. Der Schmerz stach bis zu meinen Fußknöcheln hinab.
    »Was treibst du da auf dem Pfad, Paulie? Sag’s mir.«
    »Nichts!«, sagte ich. Ich heulte nicht, noch nicht, aber ich befürchtete, dass ich es bald tun würde, wenn er mir weiter so zusetzte. »Nichts, ich gehe nur spazieren, ich spaziere gern, lass mich

Weitere Kostenlose Bücher