The Hollow
Thermosflasche und schraubte sie mit einem lauten Plopp fest zu. Ich stellte den Eierpunsch und die Saft- und Milchpackungen zurück in den Kühlschrank und knallte die Tür zu.
»Du hast es wem schon erzählt? Was meinst du damit?« Mom sah ganz verwirrt aus.
»Ich habe es Kristen erzählt … du weißt schon, an ihrem Grab. Ich habe ihr gesagt, dass ich es heute für uns beide tun würde. Schau, ich bin ganz warm angezogen und ich knöpfe sogar meine Jacke bis zum Hals zu. Aber ich muss gehen. Ich beeile mich und bin rechtzeitig zum Essen zurück – aber wenn ich das schaffen soll, muss ich jetzt los.«
Ich küsste sie auf die Wange, schnappte mir die Thermosflasche und holte meine Jacke aus dem Schrank. Sie stand mit weit geöffnetem Mund da. Sie stotterte kurz herum und sagte dann mit erhobenem Zeigefinger: »Na gut, Abbey. Aber wenn du eine Lungenentzündung bekommst, dann sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Und wenn du zu spät zum Essen kommst, werden wir nicht auf dich warten.«
»Okay, Mom«, rief ich ihr aus der Diele zu, während ich mit einer Hand meine Jacke zuknöpfte. »Bis gleich. Ich hab dich auch lieb.«
Als ich die Haustür zumachte, hörte ich noch ihre halb gemurmelten Abschiedsworte. »Glaub bloß nicht, dass ich dir den ganzen Tag lang Hühnersuppe koche, wenn du doch krank wirst!«
Ich lächelte. Wem wollte sie etwas vormachen? Wahrscheinlich würde heiße Schokolade auf mich warten, wenn ich heute Abend zurückkam.
In der einen Hand trug ich die Thermosflasche und mit der anderen hielt ich mir die Jacke zu. So ging ich rasch mit gesenktem Kopf durch den Schnee. Die Flocken wirbelten um mich herum und knirschten unter meinen Schritten. Wenn es so weiterging, würden wir morgen früh einen Schneesturm bekommen.
Als ich so vor mich hin lief, dachte ich an das letzte Mal, als ich das hier getan hatte …
»Beeil dich, Kristen. Gleich geht die Sonne unter. Ich wollte das noch bei Tageslicht erledigen.«
»Warum machen wir es nicht nachts, Abbey? Dann wäre es viel unheimlicher. Und bist du sicher, dass der fettarme, zuckerfreie Eierpunsch okay ist?«, rief sie mir zu. »Meine Mom hat dieses Jahr keinen anderen gekauft.«
Ich musste über ihre Frage lachen. »Natürlich ist zuckerfrei okay. Er trinkt ja nicht wirklich davon. Es ist doch nur symbolisch. Und es soll gar nicht unheimlich sein. In der Halloweennacht Briefe auf sein Grab zu legen – das war unheimlich. Aber Weihnachten? An Weihnachten ist nichts unheimlich.«
»Aha?«, kicherte Kristen. »Erzähl das mal Tim Burton. Er hält Weihnachten für total unheimlich.«
Wir mussten beide lachen, als wir schnell den Hügel hinaufliefen und durch das Friedhofstor gingen. Als wir uns seinem Grab näherten, beugte sich Kristen vor und flüsterte mir zu: »Ich finde, wir sollten ein alljährliches Ritual daraus machen.«
»Einverstanden«, flüsterte ich zurück.
Bei der Erinnerung musste ich lächeln. Wir hatten so viel Spaß miteinander gehabt. Es war kaum zu glauben, dass es nie wieder so sein würde … Der Gedanke ernüchterte mich, und als ich das Haupttor erreichte, rutschten meine Finger auf dem kalten, nassen Eisen ab. Ich war total frustriert und in einem plötzlichen Wutanfall knallte ich die Thermosflasche gegen das Tor. »Verdammt noch mal!«
Das änderte natürlich gar nichts, außer dass mir mein Arm und meine Schulter wehtaten, und ich ließ einen Augenblick lang den Kopf hängen, bevor ich es erneut versuchte.
Dieses Mal konzentrierte ich mich und das Tor ging gerade so weit auf, dass ich hindurchschlüpfen konnte. Für solche Kleinigkeiten konnte man schon ganz dankbar sein. Ich rannte zuerst zu Kristens Grab. Schlitternd blieb ich davor stehen. »Hier bin ich, Kristen. Ich hab den Eierpunsch mitgebracht.« Ich hielt die Thermosflasche hoch. »Ich sag ihm, dass er von uns beiden ist. Frohe Weihnachten.«
Als ich auf ihren Grabstein starrte, fühlte ich mich seltsam erleichtert. Vielleicht war es ja wirklich in Ordnung, dass ich nicht alle ihre Geheimnisse kannte und nie dahinterkommen würde, wer D. war. Vielleicht war es viel wichtiger, dass sie es mir eigentlich hatte erzählen wollen, es aber aus irgendeinem Grund nicht konnte. Vielleicht reichte das ja schon.
Ich hob die Hand und winkte, bevor ich mich umdrehte und den Weg zu Washington Irving einschlug. Der Schnee wurde immer dichter und man konnte kaum noch etwas sehen, deshalb lief ich, so schnell ich konnte.
Neben dem Grabstein schraubte
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