The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
strenge Auslese. Viele Jungs schaffen es nicht. Selbst einige der besten nicht. Es gibt einfach nicht so viele Plätze.«
Wieder nickte ich, denn das wusste ich alles schon.
Sensei Mike faltete die Hände über dem Knoten seines Schwarzen Gürtels. »Weißt du, viele Leute, etwa Lehrer und so weiter, erzählen dir gerne, dass du alles werden kannst, was du möchtest. Alles, was du dir in den Kopf gesetzt hast. Du gehst zu ihnen, und sie erzählen dir, dass du Selbstvertrauen haben sollst, dass du etwas Besonderes bist und all dieses Zeug.«
»Das weiß ich, Sensei Mike. Deshalb gehe ich ja nicht zu ihnen. Ich habe Sie gefragt, weil ich die Wahrheit wissen will.«
»Die Wahrheit ist: Du kannst nicht alles sein, was du willst. Das ist Quatsch. Ich kann es versuchen, bis mir die Ohren qualmen, aber ich könnte niemals eine Symphonie komponieren – jedenfalls keine gute. Ich kann einen Baseball nicht mit über hundert Stundenkilometern werfen oder über die Tribünen eines großen Stadions schlagen. Ich möchte all das tun, aber ich kann es versuchen, so sehr ich will: Diese Fähigkeiten sind mir einfach nicht gegeben.« Sensei Mike kippte seinen Stuhl wieder nach vorn auf den Boden, beugte sich vor und schaute mich fest an: »Aber auch das hier ist die Wahrheit: Wenn du dein Bestes gibst, mehr als dein Bestes, wenn du an dir arbeitest und dich selbst antreibst, bis du denkst, du kannst nicht mehr, und dich dann noch ein Stück weiter antreibst, dann kannst du, mit ein bisschen Glück, all das sein, wofür Gott dich bestimmt hat.«
»Dazu bin ich bereit«, entgegnete ich. »Sie wissen, dass ich dazu bereit bin. Sie haben mich gesehen. Ich würde alles dafür geben.«
»Ja, das würdest du, das stimmt.«
»Also, was denken Sie. Kann ich es schaffen?«
Er dachte eine weitere Sekunde darüber nach. Dann meinte er: »Unbedingt. Mit deinem Verstand, deinen Reflexen und der Art, wie du arbeitest … vorausgesetzt, dass du die körperlichen Anforderungen wie Sehfähigkeit und so weiter erfüllst … Es steht dir auf die Stirn geschrieben, dass du es schaffst.« Er zeigte mit dem Finger auf mich. »Du bist zwar noch immer ein Armleuchter, aber ein spitzenmäßiger Armleuchter.«
»Danke, Mike«, sagte ich, »aber man braucht außerdem einen Kongressabgeordneten, der einen empfiehlt und so.«
»Keine Panik. Ich kenne eine Menge Kongressabgeordnete. Ich kenne auch ein paar hohe Tiere bei der Air Force. Bring die Schule mit einem sehr guten Notendurchschnitt zu Ende und du bekommst deine Chance. Das verspreche ich dir. Und, hey … in der Zwischenzeit konzentrier dich auf das, was du tust. Du kannst keine Jets fliegen, wenn Lou Wilson dein Hirn im ganzen Dojo verteilt.«
Als ich an diesem Tag das Karate-Studio verließ, fühlte ich mich drei Meter groß und kam mir vor wie ein Riese, der von ganz oben auf die Welt herunterblickt. Mir schoss alles Mögliche durch den Kopf, alles, was an diesem Tag passiert war. Die Karate-Vorführung und all die Kids, die mir zugejubelt und applaudiert hatten. Beth, die in die Mensa gekommen war, wie wir uns unterhalten hatten und wie sie ihre Nummer auf meine Hand geschrieben hatte. Und jetzt Sensei Mike: Es steht dir auf die Stirn geschrieben, dass du es schaffst …
Ich hatte das Gefühl, dieses unglaubliche Gefühl, es sei tatsächlich möglich, dass meine Tagträume Wirklichkeit werden könnten ... Doch es war genau so, wie Sensei Mike gesagt hatte. Ich hatte den Kopf in den Wolken. Ich war nicht bei der Sache, deshalb war ich absolut nicht vorbereitet auf das, was dann passierte.
Inzwischen war es später Nachmittag, ungefähr 17:00 Uhr. Am anderen Ende des Einkaufszentrums, in der Lücke zwischen Pizza Kitchen und Kino, also am Kinoparkplatz, wurde die Sonne allmählich rot, als sie die Gipfel der Berge in der Ferne erreichte. Ich atmete tief die kühle Septemberluft ein und wünschte, ich hätte mit dem Wagen meiner Mom zu diesen Bergen hinausfahren können. Um von dort oben den Sonnenuntergang zu verfolgen und in meine Zukunft zu schauen, um zu sehen, was passieren und wie es sein würde, wenn all die erwartungsvolle Spannung, die ich in mir spürte, von mir abfiel. Es war wahrscheinlich gut, dass ich das nicht tun konnte. Wenn ich gewusst hätte, wie meine Zukunft wirklich aussehen würde, wäre ich an diesem Abend nach Hause gefahren und hätte mich unter meinem Bett versteckt.
Wie auch immer, ich musste zum Abendessen nach Hause, und außerdem musste ich noch mein Referat
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