The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
Gelegenheit vorbei sein.
Ich musste mir etwas einfallen lassen.
Ich drückte das Gesicht gegen die Scheibe und schaute hinaus auf eine lange Straße, auf der keine Menschen zu sehen waren.Trostlose Lagerhäuser und verlassene Backsteingebäude ragten zu beiden Seiten auf. Im Rinnstein lag Müll, Papier flatterte über den Gehsteig. Als ich mich wieder nach vorn drehte, sah ich durch die Windschutzscheibe Schornsteine aufragen.
Der Wagen bog in eine Straße ein, die nicht viel anders aussah als die vorherige. Alte Gebäude mit eingeschlagenen Fenstern, unbebaute Grundstücke, übersät mit Papier, Schrott und Dosen. Drei alte Männer standen um eine Mülltonne und wärmten sich die Hände über dem Feuer, das darin brannte. An ihren verfilzten Bärten und ihren zerrissenen Kleidern erkannte ich, dass es Obdachlose waren. Sie hoben den Kopf und schauten dem Polizeiwagen aus tief in den Höhlen liegenden Augen nach.
Als ich erneut nach vorn blickte, erkannte ich ein Gebäude, das sich von den anderen abhob. Es sah neu und glänzend aus, eine helle Schachtel aus Metall und Glas inmitten dieser trostlosen Gebäude aus Backstein und Zement.
»Ist es das?«, fragte ich. »Ist das das Gefängnis?«
Ich bekam keine Antwort, aber hier musste es sein. Wir waren nur noch einen Block entfernt. Mir rannte die Zeit davon.
Ich schätzte die Entfernung ab und versuchte, mir ein Bild von dem zu machen, was mich erwartete. Ich fragte mich, ob es genauso sein würde wie vor dem Gefängnis in Centerville – Reporter, eine Menschenmenge, Dutzende von Polizisten? Soweit ich sehen konnte, war auf der Straße nichts los. Nur ein weiterer Obdachloser schlurfte vorbei.
Detective Rose nahm sein Handy aus der Tasche und murmelte etwas. Ich konnte nicht verstehen, was er sagte, aber wahrscheinlich rief er im Gefängnis an, um unsere Ankunft anzukündigen.
Das glänzende Gebäude aus Metall und Glas erhob sich jetzt links von uns. Eine breite Treppe führte zu einer Reihe von Glastüren am Eingang. Nirgendwo sah ich eine Menschenmenge oder Reporter. Vor dem Gefängnis waren etliche Streifenwagen geparkt, doch die meisten schienen leer zu sein. Aus einem der Wagen stieg ein Streifenpolizist aus, trottete die Treppe hinauf und ging hinein, ohne in unsere Richtung zu schauen.
»Hier sind wohl nicht so viele Leute wie in Centerville«, sagte ich, weil ich herausfinden wollte, was mich erwartete.
»Zu schade, nicht wahr?«, entgegnete Detective Rose. »Ich fürchte, deine zehn Minuten des Ruhms sind vorbei. Du warst nur eine kleine Meldung zwischen einem Popstar, der in die Reha muss, und einem Schauspieler, der sich umgebracht hat. Das Nachrichtenkarussell dreht sich weiter, und du bist ganz schnell wieder vergessen.«
Er klang, als wollte er mich verhöhnen, als glaubte er, ich würde es bedauern, nicht mehr Teil der Nachrichten zu sein. Aber das tat ich keineswegs. Je weniger Leute da waren, desto größer die Chance, zu entkommen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit eher gering war. Denn wenn es so weit war, würden mir nur ein paar Sekunden bleiben, bevor sie mich in das Gebäude brachten, nur Sekunden, bis sie meine geöffneten Handschellen entdeckten und mich in eine neue Zelle sperrten.
Jetzt spürte ich, wie die Angst vor diesem Moment in mir aufstieg, eine qualvolle Spannung, die mich durchdrang wie ein langsamer, stärker werdender Stromstoß. Der Wagen fuhr von links an das Gebäude heran, vorbei an der Treppe und den parkenden Streifenwagen. Der Fahrer setzte den Blinker und bog in eine schmale Gasse zwischen der glänzenden Metallwand des Gefängnisses und dem schwarz gestrichenen Beton des direkt angrenzenden Parkhauses.
Als der Wagen in den Schatten der Gasse eintauchte, rutschte ich auf dem Sitz nach vorn zum Gitter, um durch die Windschutzscheibe zu sehen, was mich erwartete. Außer uns war offenbar niemand in der Gasse, und zunächst wirkten die ersten beiden Stockwerke des Gefängnisses wie eine ununterbrochene Metallfläche, darüber sechs oder sieben Etagen mit vergitterten Fenstern. Doch dann öffnete sich ein schweres Schiebetor in der Metallwand, und ein Wachmann trat heraus, um uns in Empfang zu nehmen.
Das war alles.
Nur ein einziger Wachmann.
Die elektrische Spannung in mir wurde jetzt immer stärker, meine Nerven waren kurz vorm Zerreißen. Das war sie, meine einzige Chance. Mir blieb keine Zeit mehr, einen Plan zu machen. Ich musste nur auf eine Gelegenheit warten und sie wahrnehmen. Nur Sekunden, um zu
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