The Homelanders, Band 2: The Homelanders - Auf der Flucht (Bd. 2) (German Edition)
ein paar Bücher zur Seite und schaute dahinter. Nichts, nur eine Menge Staub.
Plötzlich blieb mein Blick an etwas hängen. Es war eigentlich albern, nichts Wichtiges, nur ein Buch mit Kurzgeschichten. Aber es trug den Titel Homeland. In der Sekunde, als ich es aus dem Regal zog, wusste ich, dass ich fündig geworden war. Das Buch fühlte sich merkwürdig an, nicht schwer genug, irgendwie hohl. Ich schlug es auf.
Tatsächlich! Die Seiten waren so herausgeschnitten, dass das Ganze einer Schachtel glich, einem Versteck. Darin lagen Fotos, Schnappschüsse, auf denen immer derselbe Mann zu sehen war: ein großer, glatzköpfiger und seriöser Mann von vielleicht 40 oder 50 Jahren. Er trug einen schwarzen Anzug und eine dunkle Krawatte und sah aus, als wüsste er nicht, dass er fotografiert wurde.
Auf den ersten Bildern kam er durch die Tür eines großen Gebäudes, vermutlich ein Bürogebäude. Die nächsten Bilder zeigten ihn, wie er über den Bürgersteig einer geschäftigen Straße in einer Großstadt davonging. Um ihn herum waren hohe Gebäude zu erkennen. Auf einem der Fotos konnte ich sogar die Straßenschilder an der Ecke sehen: Madison Avenue und 54 th Street.
Es war nichts besonders Auffälliges an diesen Fotos, zumindest nicht auf den ersten Blick. Trotzdem ließ mich etwas an ihnen nicht los. Ich hatte das seltsame Gefühl, dass ich diesen Mann kannte. Noch einmal schaute ich mir die Fotos an, sah ihn auf dem ersten, wie er durch die Tür des Bürogebäudes trat, erkannte ihn auf dem zweiten – und beim dritten Foto hielt ich inne.
In dem dunklen Glas der Tür spiegelte sich etwas: Es handelte sich um ein paar Buchstaben von einem Schild im Foyer des Bürogebäudes. A-M-R-E-T-A-W. Im ersten Moment sagte mir das nichts, dann wurde mir klar, dass sie spiegelverkehrt waren. Ich drehte sie im Geiste um: W-A-T-E-R-M-A … Ich hätte gewettet, dass danach noch ein weiterer Buchstabe folgte, und zwar ein N.
Auf dem Schild im Foyer stand: WATERMAN.
Ich erinnerte mich an den Fremden, der mir etwas ins Ohrgeflüstert hatte, kurz bevor er meine Handschellen löste: Du bist ein besserer Mensch, als du denkst. Finde Waterman.
Noch immer starrte ich das Gesicht des Mannes auf dem Foto an, da hörte ich, wie unten die Haustür aufgeschlossen wurde. Ich hielt den Atem an. Mein Körper erstarrte. Die Fliegengittertür fiel mit einem sanften Schlag zu, dann waren Schritte zu hören.
Endlich kam ich wieder zu mir. Schnell stopfte ich die Fotos in das Buch und stellte es zurück ins Regal. Mit wild pochendem Herzen lauschte ich. Es klang so, als würde jemand über den Flur nach hinten Richtung Küche gehen. Jemand, der Schuhe mit Absätzen trug – eine Frau! Die Schritte endeten in der Küche.
Mit zusammengebissenen Zähnen und angespannten Muskeln tappte ich auf Zehenspitzen durch das Zimmer, zurück zum Schreibtisch. Ich schaute auf den Computermonitor.
21 %, 22 %, 23 % … Es dauerte ewig, bis die Anzeige von einer Zahl zur nächsten sprang.
Wieder Schritte im Flur. Sie bewegten sich auf die Haustür zu … und dann auf die Treppe! Stocksteif blieb ich stehen und meine Augen sausten zwischen der Tür des Arbeitszimmers und dem Computer hin und her.
25 %!
Die Schritte waren an der Haustür. Am Fuß der Treppe hielten sie inne. Doch wer immer da unten war, er kam nicht rauf. Stattdessen wurde die Fliegengittertür geöffnet und fiel wieder zu.
Rasch ging ich zum Fenster und presste das Gesicht an die Scheibe. In der Einfahrt stand jetzt ein blauer Wagen mit geöffneter Heckklappe. Eine Frau kam aus dem Haus, ging zumKofferraum und holte eine Einkaufstüte mit Lebensmitteln heraus. Shermans Frau.
Ich weiß nicht, warum, aber ich war nie auf die Idee gekommen, dass Sherman verheiratet sein könnte! Er hatte nie erwähnt, dass er eine Familie hatte, und ich hatte einfach nie darüber nachgedacht. So ist das manchmal mit Lehrern, man denkt, sobald sie die Schule nach dem Unterricht verlassen haben, würden sie einfach bis zum nächsten Tag verschwinden. Was für ein dummer Fehler!
Ich schaute aus dem Fenster und beobachtete, wie Mrs Sherman mit ihrer freien Hand die Heckklappe des Wagens schloss. Das musste die letzte Einkaufstüte sein. Sie steuerte wieder auf das Haus zu.
Ich ging zurück zum Computer. Das Programm lud weiterhin unglaublich langsam: 32 % … 33 % … 34 % …
Die Fliegengittertür schlug zu, und ich zuckte zusammen. Hilflos lauschte ich auf die Schritte im Flur, als Mrs Sherman ihre letzte
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