The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)
zurück in mein Bett, bevor der Wachmann mich erreichte.
Ich wollte gerade losrennen, als mich eine Hand an der Schulter packte.
Mein Kopf fuhr herum. Der Wachmann! Er musste mich gesehen und sich angeschlichen haben.
Es war ein großer Mann mit olivfarbener Haut. Seine Augen lagen tief in den Höhlen und funkelten vor Aufregung und Wut unter seinem schwarzen Barett. Seine Zähne blitzten auf, als er den Mund öffnete, um Alarm zu schlagen.
Aber dazu kam er nicht, denn meine Hand schnellte nach vorn, umklammerte seine Kehle und erstickte den Schrei. Er wollte meinen Arm wegreißen, aber schon packte ich ihn mit der anderen Hand an der Schulter und verpasste ihm einen Tritt in die Kniekehlen. Ich zog ihm mit meinem Bein die Füße weg, sodass er den Halt verlor und hart auf den Boden knallte. Sofort ließ ich mich auf ihn fallen.
Beim Karatetraining hatte ich gelernt, welche Stelle am Hals man drücken muss, um die Blutversorgung zum Gehirn zu unterbrechen. Der Wachmann wehrte sich nur einenkurzen Augenblick, bevor er ohnmächtig wurde. Die ganze Zeit hatte er keinen Mucks von sich gegeben.
Allerdings würde er nicht lange bewusstlos bleiben. Ich musste also von hier verschwinden. Aber wohin? Sollte ich fliehen und versuchen, vom Gelände herunterzukommen? Oder sollte ich zurück in meine Baracke gehen? Sicher würde der Wachmann mich beschuldigen. Ich würde ihn der Lüge bezichtigen müssen. Prince traute mir nicht, das hatte ich selbst gehört. Konnte ich ihn überzeugen, dass er mir statt seiner eigenen Wache glaubte?
Während ich noch überlegte, hörte ich drinnen wieder Stimmen.
»Habt ihr das auch gehört?« Das war Waylon.
Dann Sherman: »Nein. Ich habe nichts gehört.«
»Was denn?«, fragte Prince.
»Ich dachte …«, setzte Waylon an.
Schnell schleifte ich den bewusstlosen Wachmann in Richtung Baracke. Kaum hatte ich ihn außer Sichtweite gebracht, als Waylons Schatten am Fenster erschien. Suchend spähte er in die Dunkelheit.
»Kannst du was sehen?«, erkundigte sich Prince.
Es entstand eine lange Pause, als Waylon seinen Blick über das Gelände schweifen ließ. »Nein«, sagte er schließlich, zog das Wort aber in die Länge, als sei er sich nicht ganz sicher. »Nein, wahrscheinlich war es nichts.«
Trotzdem blieb er am Fenster stehen und schaute weiter hinaus. Fest an die Wand des Gebäudes gepresst, wartete ich ab. Wenn ich jetzt versuchte, zu meiner eigenen Baracke hinüberzulaufen, würde Waylon mich sofort sehen.
Ich ging in die Hocke, den Wachmann weiterhin am Kragengepackt, in der Hoffnung, er möge nicht so bald wieder zu sich kommen.
»Wie gesagt«, fuhr Prince fort, »es geht um Folgendes. Wie ihr hier sehen könnt, ist die Route festgelegt. Wir postieren Agenten an den Ein- und Ausgängen, um sicherzustellen, dass alles reibungslos abläuft. Das ist die größte und letzte Mission der Homelanders.«
»Aber warum sie dann durch all diese kleinen Anschläge gefährden?«, warf Sherman ein. »Ich meine, dieses Attentat – werden sie danach nicht die Sicherheitsvorkehrungen verstärken?«
»Sollen sie nur«, entgegnete Prince. Ich hörte förmlich, wie er die Achseln zuckte. »Je mehr sie versuchen, sich zu verteidigen, desto entsetzter werden sie sein, wenn sie feststellen müssen, dass wir überall hinkommen und zuschlagen können, wo wir wollen.«
Der ohnmächtige Wachmann bewegte sich kurz und stöhnte leise. Ich schaute auf ihn hinunter, aber seine Augen waren geschlossen, sein Mund geöffnet.
Waylon stand noch immer wachsam über mir am Fenster.
Dann sprach Prince weiter. Ich hörte die Arroganz in seiner Stimme und konnte mir sein selbstgefälliges Lächeln bildhaft vorstellen. »Amerika ist ein empfindliches Land, reif für die Zerstörung. Die Amerikaner sind reich und isoliert. Sie glauben, die ganze Welt sei wie sie nur mit Supermärkten, Unterhaltungselektronik und Fernsehshows beschäftigt. Sie glauben, es gäbe nichts, was nicht durch Reden, auf friedlichem Weg oder mit ein paar Dollars gelöst werden kann.«
»Freiheit macht Menschen dekadent«, bemerkte Waylon verächtlich.
»So ist es«, pflichtete Prince ihm bei. »Wenn man Amerikaner angreift, werden sie dadurch nicht stärker, sondern schwächer. Sie sagen sich: ›Oh, wir müssen unsere Feinde nur netter behandeln, dann werden sie sehen, wie wunderbar wir sind, und uns lieben. Dann sind sie nicht mehr böse auf uns. Sie sind genauso nett und schauen mit uns zusammen fern, gehen mit uns in die Mall und
Weitere Kostenlose Bücher