The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)
wenn ein Cop uns anhält, sieht er deine Gefängniskluft. Du musst dich zuerst umziehen. Dann kannst du schlafen.«
Die Vergangenheit, dieser Moment vor der Baracke, war zum Greifen nah. Ich konnte ihn fast vor mir sehen, konnte mich fast daran erinnern, was als Nächstes passiert war. Die Szene flackerte bruchstückhaft vor meinem geistigen Auge auf.Wie Bilder auf einem defekten Fernseher, die dann plötzlich wieder verschwinden …
Jemand – der Wachmann? – packte mich an der Schulter …
Aber Mike hatte recht. Mir war kalt, meine Finger waren steif und meine Lippen zitterten. Der Schlamm trocknete schon. Ich musste mich umziehen.
Während ich meine steifen Arme und Beine zu bewegen begann, versuchte ich, mich an die Nacht auf dem Gelände der Homelanders zu erinnern. Ächzend zog ich mich hoch und kletterte unbeholfen auf den schmalen Rücksitz. Gähnendgriff ich nach einem grauen Sweatshirt mit Army-Abzeichen.
Ich drehte mich in der Dunkelheit um. Wenn sie mich entdeckten, würden sie mich umbringen. Es war tatsächlich der Wachmann … er hatte mich gepackt … seine leuchtenden Augen starrten mich wütend an …
Dann war die Szene wieder verschwunden, wie der Titel eines Songs, an den man sich plötzlich nicht mehr erinnern kann.
Ich musste mich auf dem engen Raum ziemlich verrenken, um aus meinen verdreckten Klamotten zu kommen. Aber es war ein unglaublich gutes Gefühl, mir das trockene, warme Sweatshirt anzuziehen. Dann fand ich eine schwere Baseballjacke der Yankees und streifte sie ebenfalls über.
Der Wachmann will etwas rufen. Prince wird ihn hören. Waylon ebenfalls. Sie werden mich entdecken. Mich töten …
Der Jeep machte einen Satz, sodass ich fast auf dem Boden landete. Ich versuchte, mich auf dem schmalen Rücksitz abzustützen. Immer, wenn die Fahrt etwas weniger holprig war, trank ich wieder einen Schluck Wasser. Ich hätte gerne auch noch etwas gegessen, aber ich war einfach zu müde. Mir fielen ja schon beim Trinken die Augen zu. Und jedes Mal war alles wieder da …
Das Gelände. Die Baracke. Die Hand auf meiner Schulter. Das Gesicht des Wachmanns. Sein wütender Blick. Sein zum Rufen geöffneter Mund …
Erschöpft kletterte ich wieder nach vorn auf den Beifahrersitz. Ich sagte nichts zu Mike. Mir fehlte die Energie. Auch er schwieg, ganz darauf konzentriert, den Jeep durch densaugenden Schlamm zu steuern und durch den Regen, der gegen die Windschutzscheibe prasselte.
Ich drehte mich wieder auf die Seite und legte den Kopf an die Lehne. Der Regen trommelte auf das Dach, der Donner knurrte wie ein böser Hund, war aber jetzt weiter weg.
Ich schloss die Augen, während der Jeep seine holperige Fahrt fortsetzte …
Das Gelände. Die Baracke. Die Hand auf meiner Schulter …
Kurz bevor ich einschlief, spürte ich einen Ruck unter mir und hörte, wie Mike ein triumphierendes Grunzen von sich gab. Dann wurde die Fahrt ruhiger. Wir mussten auf die Straße gelangt sein.
Aber ich war zu erschöpft, um hinauszusehen. Ich wollte nur noch schlafen.
Und ich musste zurück in die Vergangenheit finden, um endlich zu erfahren, was passiert war …
20
E IN BÖSER T RAUM
Ich hörte Schritte hinter mir und drehte mich um. Der Wachmann hatte den Zaun und damit das Ende seiner Kontrollrunde erreicht. Jetzt kam er über das Gelände zurück. In meine Richtung.
Ich kauerte in der Dunkelheit vor der Baracke. Ein Teil von mir wusste, dass ich mich noch immer in dem Jeep befand und träumte. Aber als die Minuten vergingen, löste sich dieser Teil meines Bewusstseins allmählich auf. Die Vergangenheit umfing mich, und ich war ganz dort …
Die Stimme von Prince drang an mein Ohr.
»… das Große Sterben ist nicht mehr aufzuhalten. Die Weichen sind gestellt. Komme, was wolle, es wird das neue Jahr des Teufels einläuten. Dafür werde ich persönlich sorgen, wenn es sein muss.«
Ich schaute über die Schulter. Der Wachmann kam noch immer auf mich zu.
»Was soll das bedeuten, die Weichen sind gestellt?«, wollte Sherman wissen.
»So gut wie.«
»Was ist mit dem C.O.?«
»Wir bekommen es von den Russen. Es ist alles arrangiert.
»Wann? Wann bekommen wir es?«
»Bald.«
»Wie viel?«
»Sechs Kanister.«
»Sechs …«
»Das ist mehr als genug. Sechs Kanister kann ein einzelner Mann tragen. Es ist nicht mehr zu verhindern, selbst wenn nur noch ich allein übrig bin.«
Waylon fluchte in einer fremden Sprache.
Aber ich hatte keine Zeit mehr. Ich musste zurück zu meiner Baracke,
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