The Hood
auf alle aufzupassen.
»Es ist so unglaublich dreist«, sagt Svensson zu seinem Vorgesetzten. »Jemanden erschießen und dann, sechs Wochen später, bei seiner Beerdigung auf die Trauergäste schießen.«
Er kann sich gut an die schrecklichste Zeit der IRA und des Nordirlandkonflikts erinnern, als eine Handgranate in eine Trauergemeinde geworfen wurde. Bei einer anderen Beerdigung keilte der Trauerzug zwei verdeckt ermittelnde Soldaten in einem Auto ein. Der Mob kreiste sie ein, drückte die Windschutzscheibe ein und zog sie heraus. Er erinnert sich noch genau an das Filmmaterial von der aufgebrachten Menge. Wie die Soldaten zuerst zusammengeschlagen und dann erschossen wurden, bei einer Beerdigung, auf der der Priester die Toten segnete. Svensson registriert Erschütterungen in seinem Netz. Die Informationen sind jetzt so umfangreich, dass er handeln muss. Er geht wieder zu seinem Vorgesetzten und sagt ihm, was er hat. Der Senior Officer hört mit ernster Miene zu, fixiert Svensson mit leicht gesenktem Kopf. Er macht sich ein paar kurze Notizen.
»Vergessen Sie, welche Beweise wir gegen Merlin und Flow in der Hand haben«, sagt Svensson. »Nehmen Sie sie einfach in Gewahrsam.«
Der Vorgesetzte sagt nichts. Dann nickt er kurz. Nachdem die Operation Silverstone grünes Licht erhalten hat, ist Geld kein Hinderungsgrund mehr. Sie lassen Nottingham wissen, dass Flow wegen zweifachen Mordes gesucht wird. Dieses Mal gibt es keine bürokratischen Hürden. Ein Team observiert sein Haus. Svensson brennt auf Neuigkeiten. Ein Tag verstreicht, nichts. Keine Spur von ihm. Dann vergehen zwei weitere Tage. Nichts. Svensson fragt sich, ob Flow bewusst fernbleibt. Es ist zu kurz nach den Morden. Er sitzt nicht gern im Knast. Könnte sein, dass er vorsichtiger ist als die anderen. Am Ende des fünften Tages meldet sich das Observierungsteam. Immer noch keine Spur von ihm. Svensson legt den Hörer auf. »Scheiße!« Er reibt sich die Augen. Inzwischen hat er ein ungutes Gefühl. Flow muss die Schlagzeilen gelesen haben. Er weiß, dass er gesucht wird.
Am sechsten Tag schließlich taucht er auf. Die Tactical Firearms Unit von Nottingham wird angefordert. Später erzählt Svensson Whippet davon in seinem Wohnheim. Die Cops rufen seinen Namen. »Flow. Polizei. Keine Bewegung.« Er ist drinnen bei Kerry und den Kindern. Er wirft einen Blick aus dem Fenster und sieht fünfzehn bewaffnete Bullen. Sie richten die Waffen auf sein Haus. Er wird sich zu Hause nicht wehren, seine Kinder sind da. Er wird auch nicht aus der Haustür stürmen und in einem Kugelhagel zu Boden gehen wie Butch Cassidy und Sundance Kid. Er gibt Kerry einen Kuss, die ihn mit großen Augen verängstigt ansieht. Er umarmt seine Töchter. Sie sind verwirrt und haben Angst. Im Grunde seines Herzens wusste er, dass es eines Tages so kommen würde. Er muss jetzt schnell handeln. Er kommt nach unten und öffnet die Tür. Dann geht er hinaus, in den frühen Augustmorgen, mit erhobenen Händen.
In dieser Nacht beobachtet ein Team auch Merlin. Sie sehen ihn an der Seite eines attraktiven Mädchens, er beugt sich zu ihr, flüstert ihr ins Ohr. Er ruft ein Taxi. Die Cops folgen ihm in Richtung A666 nach Norden. Bei Merlin wählen sie eine erheblich radikalere Taktik. Er ist nicht umgeben von einer Ehefrau und Kindern, also hat er auch nichts zu verlieren. Er könnte alles Mögliche versuchen. Er ist höchstwahrscheinlich bewaffnet und wird vielleicht versuchen, mit Hilfe einer Geisel zu fliehen; entweder wird es der Taxifahrer sein oder das Mädchen. Sie müssen blitzschnell zuschlagen und ihn unter Kontrolle bringen. Auf der A666 rollt das Taxi dahin, Merlin sitzt zurückgelehnt, hat einen Arm um die Schultern des Mädchens gelegt.
»Hey, was zum Kuckuck …?«, ruft der Fahrer.
Ein Land Rover Discovery der Polizei schert vor dem Wagen ein, versperrt ihm die Weiterfahrt. Ein zweiter setzt sich dicht hinter ihn, klebt an seiner Stoßstange. Der Taxifahrer weiß nicht, wohin er fahren soll, und ist zu einer Vollbremsung gezwungen. Sie spüren, dass noch weitere Polizeifahrzeuge in der Nähe sind. Eine dunkle Gestalt taucht vor der Seitenscheibe auf und zielt mit einer Art Waffe genau auf die Passagiere. Das Mädchen schreit. Es gibt einen ohrenbetäubenden Knall, als ein Tränengasbehälter die Scheibe durchschlägt und durch das Fenster hereindonnert. Eine hochriskante Taktik. Das Auto muss dazu stehen. Im Training benutzen sie Kalk-Patronen anstelle des CS
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