The Hunter - Die komplette erste Staffel
nur alle paar Jahre.“ John stellte die Tasse wieder ab, kippte den Rest aus dem Flachmann hinein und trank den Inhalt in einem Zug leer.
„John, was würden Sie machen, wenn ich Ihnen helfen könnte, den weiblichen Stein zu finden. Würden Sie wieder jagen?“ Freundlichkeit war einfach nicht ihre Stärke, deshalb klang die Frage schnörkellos und sachlich. Erstaunt hob der Indianer die Braue und lachte, so laut und polternd, dass sich Medina die Ohren zuhielt. Irgendwann keuchte und hustete er sich nur noch die Seele aus dem Leib und dann war es still. Ungläubig sah er sie an.
„Fertig?“
John räusperte sich und brachte krächzend ein „Ja“ hervor.
Medinas Mundwinkel zuckten und sie war kurz davor, selbst loszulachen, aber sie konnte sich beherrschen. „Gut. John Singa. Ich muss Sie nicht über Geister aufklären, richtig?“ Eine Antwort wartete sie nicht ab. „Mein toter Bruder Ross ist bei mir. Als … sagen wir: als übriggebliebene Energie. Auch jetzt ist er hier, und er hat gestern jemanden getroffen.“ Nun machte sie doch eine Pause, kostete den Überraschungsmoment aus. Johns Finger spielten miteinander, er beugte sich vor. Zu weit, sein Geruch aus Schweiß und Alkohol wehte ihr wieder um die Nase.
„Ihre Mutter, John. Er hat Ihre Mutter getroffen. Sie ist bei Ihnen. Und sie kann Sie nicht verlassen…“
In diesem Moment sackte John in sich zusammen. Sein Blick glitt ins Leere. Seine Muskeln spannten sich an, dem Mund entströmte schlechter Atem. Die Augen zusammengekniffen, saß er mit bebenden Lippen vor Medina. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Unschlüssig rutschte sie auf dem Plastikstuhl hin und her, beobachtete seine Reaktion, versuchte, sich in seine Lage zu versetzen. Mit fremdartigen Lauten versuchte er schließlich, sich zu verständigen. War dies seine Sprache? Sie wusste es nicht, hob die Schultern, rückte ein Stück zu ihm. „John? Können Sie mich hören?“ Immer wieder sang er in der fremd klingenden Sprache.
„Med! Er macht das richtige. Lass ihn. Er findet zu seiner Spiritualität zurück. Er geht in eine Art Trance, die ihm erlaubt, das Richtige zu tun. Seine Mutter benimmt sich auch so, ich höre nur ihren Singsang, Wärme geht von ihr aus. Es ist wunderschön hier“, flüsterte er und beschrieb, was sich in seiner Welt abspielte.
Fast ein bisschen neidisch lauschte sie seiner Beschreibung. „Ich sehe ein Leuchten, wie eine große Kugel, die in allen Farben schimmert. Funken, die aussehen wie Wasserperlen, leuchten zu mir herüber und fallen auf den Boden unter uns. Sie ist ganz nah bei ihm.“
So plötzlich, wie John in diesen Zustand gefallen war, so rasch war er auch wieder voll bei Bewusstsein, sah ihr mit klaren und wachen Augen ins Gesicht. Mit ruhigen Fingern – Medina beobachtete ihn mit Argusaugen – fummelte er sich den Ring aus dem Ohr, an dem eine rotbraune Kugel von der Größe einer Perle hing.
Er legte sie auf die Handfläche und zeigte sie Medina.
„Der weibliche Stein. Damit ist mein Schicksal besiegelt, meine Mutter kann in den Himmel auffahren. Ich danke Ihnen, Medina.“ Langsam schloss er die Kugel in seiner Faust ein. Von ihm ging nun eine Ruhe aus, die sie faszinierte. Als sei er endlich befreit von bösen Dämonen, die ihn innerlich ausgezehrt hatten. Verwundert starrte sie ihn an. „Woher…“
„Ich habe es einfach gewusst. In dem Moment, in dem die Trance eingesetzt hat, wurde mein Ohr warm, ich sprach Worte meines Stammes, fühlte in mich, lauschte auf meine innere Stimme und wusste, dass der Stein die ganze Zeit bei mir gewesen war, und mit ihm meine Mom. Die Worte fielen mir einfach ein, und als ich sie sprach, hörte ich aus weiter Ferne, wie meine Mutter dieselben Worte sprach. Damit habe ich sie gehen lassen können. Ich habe nicht gewusst, dass ich sie all die Zeit am Aufsteigen gehindert habe.“ Er strahlte und wirkte völlig verändert. Stark und selbstbewusst. Als er aufstand, stand auch Medina auf. Sein Lächeln war warm und er reichte ihr seine Hände, die sie gerne ergriff. „Leider kann ich Ihnen zu Ihrer Gran nicht viel sagen. Es tut mir sehr leid. Weil Sie mir so geholfen haben, plagt mich nun mein schlechtes Gewissen. Ich weiß nur noch, dass ich mich nicht erinnern kann, dass sie Kinder gehabt hätte. Als ich sie kennenlernte, waren wir noch sehr jung. Sie hat mich sehr beeindruckt mit ihrem Wissen. Es tut mir leid.“ John senkte die Augenlider, drückte ihre Hände und sie nickte.
„Ist okay,
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