The Immortals 6: Rivalin des Schicksals (German Edition)
Wenigstens lag es in einem besseren Teil der Stadt, denn die Luft am Fluss war nicht so grau und verqualmt.
Der Portier teilte ihnen mit, dass sie erwartet wurden, und begleitete sie in den Fahrstuhl.
Als sich die Türen wieder öffneten, betraten Mimi und Oliver die Eingangshalle eines luxuriösen Apartments mit einem gewundenen, dreistöckigen Treppenaufgang. Trolldiener in Uniformen hatten sich in einer Reihe aufgestellt: Butler und Diener in Livreen, Zimmermädchen und Köche in schwarzen Kleidern mit gestärkten Schürzen. Alle trugen silberne Halsreifen, auf denen vorn das Siegel des Hauses eingraviert war.
»Willkommen«, sagte der Oberbutler. »Wir haben Sie erwartet, Lady Azrael.«
Mimi nickte ihm hoheitsvoll zu.
Das war schon besser, dachte Oliver.
»Wünschen Sie ein kleines Nachtmahl oder soll ich Ihnen gleich die Zimmer zeigen?«
Mimi sah ihren Reisegefährten mit fragend erhobener Augenbraue an.
Oliver gähnte. »Ich bin fast am verhungern, aber ich glaube, ich muss erst mal schlafen.«
»Dann zuerst die Zimmer.«
»Bitte hier entlang«, sagte ein Zimmermädchen und knickste.
Sie folgten ihr den Flur hinunter zu einem weiteren Fahrstuhl, der sie zu einer Suite brachte, deren Zimmer dem östlichen Flussufer zugewandt waren.
»Hier wohnt Helda immer, wenn sie in der Stadt ist«, flüsterte das Zimmermädchen, als sie die Doppeltüren zu einem luxuriösen Zimmer mit einem herrlichen Blick über den Fluss öffnete.
Mimi nickte. Das sollte sicher eine Ehre sein, und obwohl sie Kingsley dankbar war, dass man sich so gut um sie kümmerte, war sie auch ein wenig enttäuscht, dass er sie so schnell wieder allein gelassen hatte. Sie hätte sich lieber mit ihm zusammen eine Hütte geteilt, als allein in all diesem überladenen Prunk zu wohnen. Sie wünschte Oliver eine Gute Nacht und machte sich bettfertig.
Oliver ging ebenfalls schlafen. Sein Zimmer war großzügig und chic eingerichtet, doch wie er es schon erwartet hatte, waren die Kissen zu weich, das Bett zu groß und die Klimaanlage zu stark eingestellt. Trotzdem wollte er sich nicht beschweren. Er war einfach nur froh, dass er endlich einen Platz zum Ausruhen hatte, auch wenn es eine Art falscher Trump Tower mit unheimlichen Höllenwesen als Belegschaft war.
Als sein Kopf das Kissen berührte, merkte er gar nicht mehr, dass es zu weich war. Er schlief augenblicklich ein und blieb wie ein Toter liegen.
Mimi saß dagegen noch stundenlang hellwach im Bett. Sie hatte eine Auswahl hauchdünner Nachthemden aus Seide in dem begehbaren Kleiderschrank gefunden und nach einem ausgiebigen Bad in der Marmorbadewanne eines davon übergestreift, in dem sie besonders sexy aussah. Dann war sie unter die Decke geschlüpft und hatte gewartet. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte sie schließlich, wie sich die Fahrstuhltüren öffneten, und sie erkannte Kingsleys lässige Schritte. Sie wartete darauf, dass er sich in ihr Zimmer schlich und sie ihm zu Willen sein sollte.
Natürlich würde sie ihn zurückhalten und verlangen, dass er ihr seine Gefühle erklärte, bevor sie den nächsten Schritt zuließ. Aber danach, wenn er ihr seine Zuneigung offenbart und für seine doppeldeutige Begrüßung im Nachtclub um Vergebung gebettelt hatte, würde sie ihn alles mit sich machen lassen, was er wollte. Sie musste zugeben, dass sie es kaum erwarten konnte. Ihr Körper bebte vor Verlangen und sie dachte daran, wie sie miteinander getanzt hatten – an das Gefühl seiner starken Arme auf ihrer Taille, wie sich ihre Körper im Einklang bewegt hatten – und sie legte sich so in die Kissen, dass sie möglichst verschlafen und unschuldig aussah.
Doch die Schritte kamen nicht näher, sondern entfernten sich, bis Stille eintrat. Mimi schlug verärgert ein Auge auf. Sie schüttelte noch einmal ihr Haar und die Kissen auf, versicherte sich, dass das Nachthemd ihren Körper noch attraktiver und sinnlicher erscheinen ließ, und nahm wieder ihre vorherige Position ein. Vielleicht war das ein Teil des Spiels? Wollte er sie wieder necken?
Die Minuten verstrichen und nichts geschah. Mimi schlief praktisch die ganze Nacht mit einem offenen Auge, doch Kingsley tauchte nicht in ihrem Schlafzimmer auf. Nicht in der ersten Nacht und auch nicht in den folgenden Nächten. Genau genommen sah sie ihn in den nächsten Tagen überhaupt nicht.
Toll gespielt, Martin, dachte Mimi. Toll gespielt. Sie beschloss, ihn nicht nach seinen Beweggründen zu fragen oder ihm auch nur den kleinsten Wink zu
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