The Immortals 6: Rivalin des Schicksals (German Edition)
bist.«
Klugscheißer. Er wusste, dass sie sich nie wiedersehen würden. Sie war in die Hölle hinabgestiegen, weil sie einem Traum nachgejagt war, und jetzt wurde es Zeit aufzuwachen. Ihre Gemeinschaft brauchte sie, sie hatte genug Zeit verschwendet.
Mimi war klar, dass es ein Abschied für immer war, doch sie wusste nicht, wie sie es sagen sollte – wusste nicht, ob sie es schaffte, nicht zusammenzubrechen, wenn das Ganze noch länger dauerte. Also zuckte sie nur kurz die Schultern und drehte sich um. Doch dann fiel ihr etwas ein.
»Oh, das wollte ich dir noch zurückgeben.« Sie griff in ihre Tasche und holte eine kleine Hasenpfote hervor. Sie hatte diesen Schlüsselanhänger zwischen ihren Sachen gefunden und aufgehoben, weil er sie daran erinnerte, wie Kingsley ihn immer um den Finger gedreht, ihn in die Luft geworfen und wieder aufgefangen hatte.
»Den habe ich in New York verloren«, sagte er. Die kleine Hasenpfote war etwas Besonderes für ihn gewesen. Er hatte Mimi erzählt, dass sie ihm immer wieder Glück gebracht hatte und über die Jahre hatte er das hässliche Ding ins Herz geschlossen.
»Ich weiß, ich habe den Anhänger gefunden.«
»Und du hast ihn aufgehoben? Die ganze Zeit?«
»Er hat mich an dich erinnert.«
Kingsley betrachtete ihn verwundert, während Mimi einfach nur so schnell wie möglich in ihrem Zimmer verschwinden wollte. Das Ganze war die reinste Qual.
»Warte!«, sagte er mit heiserer Stimme und griff nach ihrer Hand.
Sie schüttelte seine Hand, als wären sie nichts als Freunde. Das schien alles zu sein, was sie zustande brachte: Freundschaften. Freunde hatte sie jedenfalls genug.
Er hielt noch immer ihre Hand. Sie versuchte, sich ihm zu entziehen, doch er hielt sie nur noch fester. Und da glimmte ein erster Hoffnungsschimmer in ihrem Herzen auf. Aber sie wollte das Ganze nicht noch einmal durchmachen. Das führte zu nichts.
Kingsley ließ sie nicht los. Es war, als hätten sie Wurzeln geschlagen, als wären sie in der Zeit eingefroren.
Endlich wagte es Mimi, zu ihm aufzuschauen. Tränen liefen über sein schönes Gesicht. Und als sich ihre Blicke trafen, schien es, als wäre seine Seele in Aufruhr, als hätte der Anblick der kleinen abgewetzten Hasenpfote ihn an etwas erinnert – vielleicht an ihre gemeinsame Zeit in New York – oder ihn endlich davon überzeugt, dass sie tatsächlich nur seinetwegen in die Hölle gekommen war.
Was auch immer es war, die arrogante Fassade begann zu bröckeln und er überließ sich der Liebe, die er die ganze Zeit über empfunden hatte, einer Liebe, die er hinter seinem hochmütigen, gleichgültigen Auftreten versteckt hatte.
Doch anstatt zu triumphieren, dass sie Kingsley im Moment des endgültigen Abschieds doch noch für sich gewonnen hatte, empfand Mimi nur zärtliche und beschützende Gefühle für ihn.
»Natürlich habe ich dich vermisst«, flüsterte er. »Wie konnte ich das nur vergessen?«
»Kingsley«, sagte sie, doch er hatte sie bereits an sich gezogen.
Diesmal stieß sie ihn nicht weg.
36
Die Gefangene
A llegra war schwindelig. Sie hatte keine Ahnung, wann sie das Sonnenlicht zum letzten Mal gesehen hatte, wann die Venatoren das Weingut erstürmt hatten oder seit wann sie im Weinkeller eingesperrt war.
Was war mit Ben passiert? Wo hielten sie ihn fest? Was war aus dem Weingut geworden?, fragte sie sich. Die Angestellten machten sich bestimmt Sorgen. Bens Familie suchte sicher nach ihnen. Red Bloods waren nicht völlig mittellos.
Sie konnte nicht verstehen, warum Charles ihr Angebot abgelehnt hatte. Sie war vor seinen Füßen herumgekrochen und hatte um Bens Leben gefleht, doch ihr Zwillingsbruder hatte sich nur niedergekniet und sanft ihre Hände von seinen Knöcheln genommen. Er hatte sie wieder auf den Stuhl gesetzt und war gegangen.
Allegra war erschöpft. Sie wusste nicht, was als Nächstes passieren würde, und sie ließ Charles wieder in ihren Geist eindringen, damit sie ihm in der Gedankenwelt hoffnungslose, verängstigte Botschaften senden konnte. Ihn anflehen und bitten und ihm sagen konnte, dass sie alles tun würde, was er von ihr verlangte. Doch diesmal antwortete Charles nicht.
Er würde ihr nicht verzeihen, dachte sie. Sie hatte ihn zu weit weggestoßen, er würde nie zu ihr zurückkommen, es war zu spät. Er war auf Vergeltung aus. Wer wusste schon, was er ihr oder Ben antun würde?
Irgendwann nachdem sie Charles zum wiederholten Male um Bens Leben angefleht hatte, öffnete sich endlich knarrend
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