The Innovator's Dilemma
der Plattenkameras entwickelte sich permanent [40] weiter bis schließlich George Eastman im Jahre 1888 die Fotografie mit seiner Kodak-Box revolutionierte: . „Sie drücken den Knopf, wir erledigen den Rest.“ Der Rollfilm musste nicht mehr vom Fotografen selbst vor- und nachbearbeitet werden. Vielmehr konnte die Kamera samt Filmrolle an Kodak versandt werden. Dort wurde der Film entwickelt als auch die Kamera mit einem Film neu bestückt 25 .
Oskar Barnack, Hobbyfotograf und Werkmeister der Kinoversuchsabteilung der Ernst-Leitz-Werke zu Wetzlar, war von dem Gedanken getrieben, Menschen lebendig und lebensnah im Bild festhalten zu können und das, ohne schwere Fotoplatten und Stative zu schleppen. Er entwickelte im Jahre 1913 einen ersten Prototypen einer Kleinbildkamera, die sogenannte Ur-Leica, noch heute im Besitz der Leica Camera AG. Die ersten Bilder stammen aus 1913 und 1914. 1925 gelang das Produkt zur Serienreife. Professionelle Fotografen sahen in der Kamera eher ein Spielzeug. Für die fotografierende Öffentlichkeit war es indes eine Sensation. . „Bis dahin war es immer so, dass die Welt zur Kamera kam. Mit der Leica kam die Kamera zur Welt“, brachte es Hans-Peter Cohn, Leica Camera AG, auf den Punkt 26 . Auf Anhieb waren große Fotografen wie Henri Cartier-Bresson oder Robert Capa von der Leica begeistert.
1932 waren weltweit bereits rund 90 000 Kameras in Verwendung, 1961 eine Million. Leica entwickelt sich zu einer Marken-Ikone mit durchaus stabilem Wert. So berichtete der Spiegel im Jahre 1947 über den Tauschmarkt der Nachkriegszeit: . „Am meisten von der Tauschzentrale gefragt sind Gold, Brillanten, Fotoapparate und andere optische Geräte. Die Leica-Kamera ist Trumpf. Seitdem die Amerikaner in Deutschland den Foto-Sport entdeckt haben, sind sie . „leica-toll“. Sie fotografieren alles, was sie vor die Linse bekommen . (…) Die Vorliebe der Amerikaner für Leicas wird kräftig von den Schwarzhändlern ausgenützt. Für eine Leica erhalten sie in Frankfurt 5000 bis 6000 Zigaretten . (…) Aber auch die Amerikaner kommen auf ihre Kosten. Die G.I.s bezeichnen die Errichtung des Barter-Centers als eine . „damned good idea“. Denn für 5000 Zigaretten, umgerechnet 22 Dollar 50 Cents, können sie eine Leica erstehen. Und für die 600 Dollar kann man die Kamera in den Staaten verkaufen. Für 600 Dollar gibt es 134 000 Zigaretten und dafür wiederum 26 4/5 Leicas.“ 27
Fotojournalismus, Bildreportage und auch Kriegsberichterstattung wurden wesentlich von der leicht transportierbaren und einfach zu bedienenden Leica beeinflusst. Berühmte Momente, wie das Hissen der russischen Fahne auf dem Berliner Reichstag, Kordas berühmtes Che Guevara Porträt, Adams Aufnahme vom Polizeichef, der mit der Pistole einen Vietcong erschießt, all sie wurden mit der Leica aufgenommen. Leica hatte weltweit unbestritten die Technologieführerschaft inne und stand für Qualität, Beständigkeit, einfache wie geniale Technik ohne Schnickschnack 28 . Für Henri Cartier-Bresson war seine Leica . „wie ein dicker, heißer Kuss“ und für den Präsidenten des Deutschen Verbandes für Fotografie, Georg Holzmann, der . „Ferrari derFotografen“. 1995 schreibt der Spiegel: . „Die deutsche Edelmarke meldet erstaunliche Erfolge . (…) die Handarbeit aus dem hessischen Solms verkauft sich besser denn je. Seit Monaten kommen Friedel Martin und seine Kollegen mit der Produktion nicht nach.“ 29 Zugleich klagte der Vertriebschef: . „Das ist unser großer Kummer. Wir können den Markt nicht befriedigen.“ 30 Selbst Preiserhöhungen halfen nicht. Beim Umsatz von 235 Millionen Mark erzielte man satte Gewinne: 20 Millionen Mark. Um Wachstumsinvestitionen tätigen zu können, ging Leica 1996 an die Börse.
Zehn Jahre später lesen wir im Spiegel: . „Blende zu. Die Traditionsfirma Leica steht vor dem Aus.“ 31 Was war passiert? Wie konnte ein derart erfolgreiches Unternehmen in eine existenzielle Schieflage kommen? Parallelen zu den Vorgängen der Computerlaufwerke markieren den Abstieg. Eine disruptive Innovation – die Digitalkamera – sorgt für das Scheitern des einstigen Mythos der Fotografie.
Ist die Digitalkamera eine disruptive Innovation?
Um die Antwort vorweg zu nehmen: Aus unserer Sicht: Ja, eindeutig ja! Führen wir uns nochmals die Merkmale einer disruptiven Innovation vor Augen 32 :
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Disruptive Innovationen
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