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The Innovator's Dilemma

The Innovator's Dilemma

Titel: The Innovator's Dilemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clayton M. Christensen
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gebildet hatten und einen Teil des zu viel aufgezogenen Insulins in die Durchstechflasche zurückzubefördern. Dann zog man die Spritze mit der Kanüle senkrecht nach oben haltend aus der Durchstechflasche heraus. Luftblasen konnte man mit nach oben gehaltener Spritze herausdrücken, bis Insulin an der Nadelspitze sichtbar wurde. In der fertigen Spritze durften sich keine Luftblasen mehr befinden. Unweigerlich verspritzte man dabei auch immer etwas Insulin. Dieser Prozess dauerte meist ein bis zwei Minuten.

    Der Novopen ist ein Injektionssystem im Format eines Füllfederhalters mit auswechselbaren Insulinpatronen. Damit wurde das so genannte Basis-Bolus-Konzept . (lang wirksames Insulin zur Deckung des Grundbedarfs an Insulin und kurz wirksames Insulin für den erhöhten Insulinbedarf zum Essen) bei der Insulintherapie etabliert. Mit dem Pen lässt sich die gewünschte Insulindosis präzise verabreichen. Das umständliche Aufziehen und Ablesen mittels Einmalspritzen entfällt und daher werden Dosierungsfehler vermieden. Die ganze Prozedur dauert weniger als zehn Sekunden. Während Eli Lilly die größten Schwierigkeiten hatte, eine Preisprämie für sein Humulin am Markt durchzusetzen, erzielte der Novopen einen Aufpreis von 30 Prozent pro Insulineinheit. In den 1980er Jahren konnte Novo dank sei [224] nes Pens und der vorgemischten Patronen seinen Weltmarktanteil erheblich – und profitabel – steigern. Die Beispiele von Eli Lilly und Novo Nordisk zeigen, dass ein Produkt, dessen Leistungseigenschaften die Anforderungen des Marktes übererfüllt, trotzdem einem Preiswettbewerb ausgesetzt sein kann, während disruptive Produkte die Grundlage des Wettbewerbs neu definieren und eine Preisprämie ermöglichen.

    Eines der interessantesten Erlebnisse für einen Dozenten ist es, die Harvard Business Fallstudie über Eli Lilly und sein . „Overengineering“ der Reinheit von Insulin mit Studenten oder Führungskräften zu diskutieren. In den meisten Fällen stößt es der Mehrheit der Studenten sofort auf, dass Eli Lilly etwas ganz Offensichtliches übersah – dass nämlich nur ein verschwindend kleiner Teil der Patienten mit Diabetes eine Insulinresistenz entwickelte – und dass eine Differenzierung seines perfekt reinen Insulins vom Schweineinsulin mit 10 ppm nicht relevant war. Sie werfen auch sofort ein, dass ein paar Fokusgruppeninterviews mit ein paar Patienten und ein paar Ärzten gereicht hätten, um Eli Lilly darauf aufmerksam zu machen.

    Meist leiten aber ein paar aufmerksame Studenten die Diskussion dann in eine andere Richtung. Sie argumentieren, dass das, was aus heutiger Sicht offensichtlich ist, in der Hitze des Gefechtes überhaupt nicht so offenkundig gewesen sein muss. Auf welche der Ärzte, mit denen Eli Lilly zusammenarbeitete, sollte das Unternehmen hören? Welche hatten die höchste Glaubwürdigkeit? Endokrinologen, die sich intensiv mit Diabetes beschäftigten und die wichtigsten Kunden in der Branche waren. Für welchen Typus von Patienten würden sich diese Spezialisten interessieren? Für Patienten mit den schwierigsten und heikelsten Problemen, darunter viele mit Insulinresistenz. Was würden diese Kunden Eli Lilly auf die Frage antworten, in welche Richtung die nächste Generation von Insulin-Produkten gehen sollte? In der Tat ist es dieser Einfluss und die Macht der führenden Kunden, die Unternehmen dazu verleitet, bei der Produktentwicklung über das Ziel hinauszuschießen, den technologischen Entwicklungspfad bis an seine Grenzen auszureizen und Produkte auf den Markt zu bringen, deren Qualität weit über das hinausreicht, was der Kernmarkt erwartet und braucht.

    Andere aufmerksame Studenten bringen ein, dass es einem Marketing Manager gar nicht in den Sinne käme, die Frage zu stellen, ob ein 100 Prozent reines Insulin die Marktbedürfnisse übertreffen würde. Für mehr als 50 Jahre definierten die erfolgreichsten Unternehmen die Qualität ihrer Produkte über die Reinheit des Insulins. Die Entwicklung von Insulin mit größerer Reinheit war von jeher der Weg zum Erreichen und Verteidigen der Marktführerschaft. Größere Reinheit war immer das Argument, mit dem Verkäufer die Aufmerksamkeit der vielbeschäftigten Ärzte erzielen konnten. Was hätte das Unternehmen dazu veranlassen sollen, seine Kultur zu verändern, um sich plötzlich Fragen zu stellen, die niemals zuvor einer Antwort bedurften? ‍ 287

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