The Lucky One - Für immer der Deine/Film: Roman (German Edition)
gegen die Bretter. Mit jeder Minute schien das Wasser höher zu steigen. Plötzlich sah Thibault vor seinem inneren Auge, wie der Vorbau des Baumhauses ins Wasser stürzte und Ben in den tosenden Fluten versank.
»Ich möchte dir etwas geben«, sagte Thibault. Die Wörter kamen völlig ungeplant aus seinem Mund. »Das hilft dir und beschützt dich, glaube ich.«
»Was ist das?«
Thibault schluckte. »Ein Foto von deiner Mom.«
Er gab Ben das Bild, und der Junge betrachtete es neugierig. »Und was soll ich damit machen?«
Thibault beugte sich vor und tippte mit dem Finger an den Bildrand. »Du trägst es einfach nur bei dir. Mein Freund Victor hat gesagt, es ist ein Glücksbringer und hat mich im Irak beschützt.«
»Wirklich?«
Das war die entscheidende Frage, nicht wahr? Thibault nickte. »Wirklich.«
»Cool!«
»Tust du mir einen Gefallen?«
»Was?«
»Behältst du es für dich, dass ich dir das Bild gegeben
habe? Und du musst mir versprechen, dass du es immer bei dir trägst.«
Ben überlegte. »Darf ich es knicken?«
»Ja, klar.«
»Okay.« Er faltete das Bild zusammen und steckte es ein. »Danke.«
Es war das erste Mal seit mehr als fünf Jahren, dass er das Foto nicht bei sich hatte. Sonst war es nie weiter von ihm entfernt gewesen als die paar Schritte bis zur Dusche oder zum Waschbecken. Er fühlte sich richtig verunsichert. Damit hatte er nicht gerechnet. Während er voller Anspannung beobachtete, wie Ben die Brücke überquerte, unter ihm die rauschenden Wassermassen, wurde dieses Gefühl des Verlusts noch stärker. Auf der anderen Seite angekommen, winkte der Junge ihm lächelnd zu und kletterte dann die Baumleiter hinunter. Jetzt war Thibault an der Reihe. Er musste möglichst schnell ans andere Ufer gelangen.
Schutzlos fühlte er sich den Elementen ausgeliefert, während er bedächtig einen Fuß vor den anderen setzte. Er wollte gar nicht daran denken, dass die Brücke gleich einstürzen könnte – er trug das Foto ja nicht mehr bei sich. Als er die Eiche auf der anderen Seite berührte, atmete er auf. Aber während er nach unten kletterte, hatte er wieder das sichere Gefühl, dass seine Aufgabe hier noch nicht abgeschlossen war, sondern jetzt erst begann.
KAPITEL 26
Beth
Es war Dienstag, um die Mittagszeit. Beth starrte aus dem Fenster ihres Klassenzimmers. So etwas hatte sie noch nie gesehen – die üblichen Hurrikane und Regengüsse aus dem Nordosten konnten nicht mithalten mit den Unwettern, die seit Tagen Hampton County und alle anderen Bezirke von Raleigh bis zur Küste heimsuchten. Im Gegensatz zu den meisten tropischen Stürmen zogen sie nicht aufs Meer hinaus, sondern blieben hängen, ein Regentag folgte dem nächsten, so dass fast alle Flüsse im östlichen Teil des Bundesstaates über die Ufer traten. In den kleineren Städten, die am Pamlico, Neuse oder Cape Fear River lagen, watete man bereits knietief im Wasser, und auch Hampton war bedroht. Noch mal vierundzwanzig Stunden mit solchen Niederschlagsmengen, und man konnte die meisten Geschäfte im Stadtzentrum nur noch mit einem Boot erreichen.
Die Bezirksverwaltung hatte entschieden, die Schulen für den Rest der Woche zu schließen, weil die Busse nicht mehr die üblichen Strecken abfahren konnten und weil nur gut die Hälfte der Lehrer überhaupt zum Unterricht erschienen war. Ben fand es natürlich toll, dass er vom nächsten Tag an zu Hause bleiben und mit Zeus in den
riesigen Pfützen herumtoben konnte, aber Beth machte sich Sorgen. In der Zeitung und in den Lokalnachrichten im Fernsehen wurde berichtet, der South River habe schon jetzt einen gefährlich hohen Pegelstand erreicht, man müsse aber mit noch viel schlimmeren Überschwemmungen rechnen, weil die Flüsse, die in den South River mündeten, die Situation noch verschärften. Die beiden Bäche auf dem Zwingergelände waren normalerweise einen halben Kilometer entfernt, aber jetzt konnte man sie sogar vom Haus aus sehen, und Logan musste aufpassen, dass Zeus nicht zu nah ans Wasser ging, weil sehr viel Müll angeschwemmt wurde.
Im Schulhaus eingesperrt zu sein, war schwierig für die Kinder. Das war einer der Gründe, weshalb Beth im Klassenzimmer geblieben war. Nach dem Mittagessen kamen die Schüler wieder hierher, und theoretisch sollten sie dann etwas ausmalen oder zeichnen oder lesen, statt draußen Ball oder Fangen zu spielen. Aber eigentlich brauchten sie Bewegung, denn sie mussten sich ja irgendwie abreagieren, das wusste Beth. Seit Jahren
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