The Rigger - Fesseln der Lust (Teil 2 & 3 Rosen ...) (German Edition)
Interessierten zu erzeugen.
Zu meiner rechten Seite befand sich ein einsamer Informationsständer, der auch nicht sonderlich gut bestückt war. Die Wände im Erdgeschoss waren grau und kahl. Wenig einladend. Ich wandte mich nach links zur Rolltreppe, die mit leise schepperndem Geräusch ihren Dienst verrichtete. Während ich darauf wartete, dass das gute Stück mich nach oben transportierte, versuchte ich mein Unbehagen über diese Halle zu unterdrücken. Es fiel mir nicht leicht, das Unpersönliche und Kalte an dieser Bauweise für mich auszublenden. Doch als ich nach oben blickte und ihn dort stehen sah, veränderte sich mein Umgebungsuniversum und dieser Mann entwickelte sich zu meiner wärmenden Sonne.
Da war es wieder dieses geheimnisvolle Lächeln, das bis zu den dunklen Augen reichte und mich so faszinierte. Sir Russel breitete die Arme aus und nahm mich buchstäblich in Empfang. Sein erster Kuss fand noch meine Wange, doch dann schien es, als wolle und könne er sich nicht zurückhalten. Seine Küsse hatten mehr als nur Suchtpotenzial für mich. Es war herrlich in ihnen eintauchen zu können, in ihnen zu ertrinken und zu wissen, dass er selbst der Rettungsring war.
„Ich hab einen kleinen Imbiss vorbereiten lassen“, sagte er, als er mich über die Etage führte. Die Trennwände waren mit weißen Tüchern verdeckt. Etwas verwirrt sah ich ihn an. „Ich möchte, dass Sie die Bilder vollkommen unvoreingenommen betrachten. Ein Spleen von mir … wenn man so möchte.“ Wir hatten einen Bereich hinter einer Wand erreicht, in dem ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen auf uns wartete, und auf dem bereits einige Antipasti angerichtet waren. In einem Kühler stand eine Flasche Weißwein bereit, und als wir uns setzten, bemerkte ich, wie hungrig ich war. Über meine Arbeit an den Überwachungsvideos hinweg hatte ich schlicht vergessen, etwas zu essen.
Auch wenn es très chic war, in einem solchen Ambiente etwas zu sich zu nehmen, mir schnürte es die Kehle zu. Ein wenig erinnerte mich das Interieur an die Einrichtung der Häuser in Gruselfilmen, die beim Eintreten der Schauspieler alle mit weißen Laken verdeckt waren und in welchen einer der Schauspieler dann sagen würde, dass hier in diesem Haus alles gut werden würde, um im nächsten Moment tot über einem dieser Laken zu liegen. Ich kicherte bei dem Gedanken und Sir Russel ging über mein kindisches Verhalten hinweg.
„Was haben Ihre Bilder für ein Thema?“, fragte ich kauend zwischen zwei Oliven. „Den Moment“, antwortete er knapp. Ich nippte am Wein, stellte das Glas ab und stand auf. „Ich will es sehen.“ Schwungvoll zog ich das erste Tuch herunter, trat einen Schritt zurück und erschrak. Auf dem Schwarz-Weiß-Bild war eine Frau in Fesseln zu sehen. Kein Gesicht, nur ihr Torso. Mit Weichzeichner verschleiert, aber in eindeutiger Pose. Da war etwas in diesem Bild, das mich vermuten ließ, dass diese Frau gerade einen Höhepunkt erlebte. Die Intensität des Bildes raubte mir den Atem. Ähnlich erging es mir bei den anderen Bildern. Ich schwankte zwischen den Aufstellern hin und her, gefesselt von diesem intensiven Gefühl, das von den Bildern ausging. Immer wieder ging ich an den Bildern vorbei, immer unter den abwartenden Blicken des Schöpfers dieser Fantasien. Ich erlaubte mir eine zweite und dritte Runde, bevor ich mich zu den Werken äußern wollte, also unterzog ich jedes Einzelne noch einmal einer Begutachtung. Und dabei fiel es mir auf.
Sie war überall auf den Bildern, jedoch so platziert, dass sie dem Betrachter nicht sofort ins Auge fiel.
Die Rose.
Meine Rose. Die, die auf meinem Nachttisch stand. Die er mir bei unserer ersten Begegnung auf den Schoss hatte fallen lassen. Die er mir erst heute Morgen auf den Küchentisch gelegt hatte. Die Rose, die ich schon übergroß an die Wand unseres Besprechungsraums projiziert gesehen hatte. Und als ich die Rose erkannte, tauchten vor meinem inneren Auge andere Bilder auf, auf denen eine Rose eine Rolle spielte. Diese Rose; meine Rose.
Genauso wie die Seile aus Jute.
Panik ergriff mich. Ich rannte zurück zum Tisch, griff meine Tasche und rannte, ohne etwas zu sagen, die Rolltreppe hinunter, die immer noch hinauffuhr. Es dauerte, bis ich unten ankam und beinahe wäre ich gestürzt. Dass die automatische Tür sich nicht öffnen wollte, sodass ich beinahe dagegen gelaufen wäre, machte meine Flucht nicht weniger theatralisch. Ganz weit entfernt hörte ich Russel rufen. Wie durch Watte klang
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