The Road of the Dead
Cole. »Ist er das?«
Cole nickte.
Der Wirt schüttelte den Kopf. »Kinder nehmen wir nicht.«
»Was heißt das?«
»Was meinst du wohl, was das heißt?«
»Keine Ahnung«, sagte Cole langsam. »Deshalb frag ich ja.«
Der Wirt trank sein Whiskyglas leer, zog an der Zigarette und drückte sie dann in einem Aschenbecher aus. Von der anderen Seite des Tresens rief jemand nach ihm.
|84| »Wenn du fertig bist, Will – noch ’ne Runde Bier.«
Will nickte und fing an, ein Glas zu füllen. Während Cole ihn fixierte, merkte ich, dass der Lärm in der Kneipe langsam wieder anschwoll. Die Leute redeten. Die Leute tranken. Die Leute lachten.
Ich trat hinter Cole und flüsterte ihm ins Ohr. »Komm«, sagte ich, »lass uns verschwinden.«
Er rührte sich nicht, sondern starrte bloß immer noch Will, den Wirt, an. Er sah ihm zu, wie er die Biergläser füllte und hinüberreichte. Er sah ihm zu, wie er das Geld entgegennahm und in die Kasse legte. Er sah ihm zu, wie er das Wechselgeld zurückgab.
Dann sagte er: »Hey, Mister – ich rede mit Ihnen.«
Als Will stehen blieb und ihn anstarrte, wurde der Raum wieder still. Das Einzige, was ich hören konnte, war mein wummerndes Herz.
Will sagte zu Cole: »Hör zu, Junge, ich hab dir gerade gesagt, Kinder nehmen wir nicht. Wenn
du
ein Zimmer willst, okay. Aber der kleine Stöpsel da übernachtet hier nicht.«
Er warf noch einmal einen Blick auf mich und aus irgendeinem seltsamen Grund lächelte ich ihn an. Ich weiß nicht, wieso … vielleicht, weil ich noch nie Stöpsel genannt worden war. Ich wusste nicht, wie er das meinte, aber irgendwie gefiel mir das Wort.
»Wie alt bist du, Kleiner?«, fragte mich Will.
»Was?«
»Wie
alt
du bist?«
»Sechsundvierzig«, hörte ich mich sagen. »Ich weiß, das ist schwer zu glauben, aber ich habe eine seltene Drüsenkrankheit, die mich ewig jung aussehen lässt. Das ist ein genetischer Fehler – liegt in der Familie.«
|85| Er schaute mich einen Moment an, dann schüttelte er den Kopf und wandte sich wieder Cole zu. »Los«, sagte er und ruckte mit seinem Kopf Richtung Tür. »Verschwindet – alle beide.«
»Ich will was zu trinken«, sagte Cole.
»Versuch’s woanders.«
»Gefällt mir aber hier. Nette Atmosphäre.« Er zog einen 2 0-Pfund -Schein aus der Tasche und warf ihn auf den Tresen. »Ich nehm ein großes Bier.« Dann drehte er sich zu mir um. »Was willst du, Rube?«
»Einen großen Humpen Rum.«
Cole drehte sich wieder zu Will um. »Ein großes Stella und einen großen Humpen Rum.« Er schob den 2 0-Pfund -Schein über den Tresen. »Und für Sie auch einen.«
Will rührte sich nicht. Ich sah, wie sein Blick zur Seite flog, folgte ihm und entdeckte, dass der Polizist am Tresen entlang auf uns zuwankte. Er war kahl und feist – feister Kopf, feister Mund, feister Bauch. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß und eine Zigarette hing ihm im Mund. Als er vor uns stehen blieb, konnte ich das Bier und den Rauch in seinem Atem riechen.
»Okay, Junge«, sagte er zu Cole, »wie wär’s, wenn wir mal für ’ne Minute rausgehen?«
Cole drehte sich um und sah ihn von oben bis unten an. »Wer zum Teufel sind Sie denn?«
Der Polizist legte seine Hand auf Coles Schulter. Cole sah sie an. Der Polizist sagte: »Sonderlich gut im Zuhören bist du offenbar nicht gerade, was?«
»Nehmen Sie die Hand weg.«
»Halt die Klappe. Was hast du heute Mittag gesagt gekriegt?«
»Hä?«
|86| »Was hat Pomeroy dir gesagt?«
»Der hat gar nichts –«
»Ich werd dir sagen, was er
nicht
gesagt hat. Er hat nicht gesagt, ihr sollt herkommen und den Leuten die Gedärme aus dem Leib prügeln. Er hat auch nicht gesagt, ihr sollt hier reinkommen und Leute verarschen. Nein, er hat gesagt, ihr sollt euch raushalten und das Ganze uns überlassen.
Das
hat er gesagt. Erinnerst du dich?«
Cole antwortete nicht.
Der Polizist lächelte ihn an. »Also, ich weiß, dass das im Moment eine ziemliche Belastung für euch ist, das mit eurer Schwester und so, aber ihr seid doch schon einmal gewarnt worden, die Dinge nicht selbst in die Hand zu nehmen, oder?« Während er Cole weiter ansah, nahm er einen kräftigen Zug von seiner Zigarette und blies den Rauch seitlich aus dem Mund. »Also, hör zu«, sagte er. »Ich sag dir, was du jetzt tust. Es gibt eine Telefonzelle am Ende der High Street. Du gehst mit deinem kleinen Bruder da hin und rufst ein Taxi. Ihr wartet an der Telefonzelle, ihr steigt in das Taxi, du sagst dem Fahrer, er soll euch nach
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