The Stand. Das letze Gefecht
dem Weg in das legendäre Land Plemplem war. Aber das Lachen klang so natürlich und herzlich, so gottverdammt gesund und so sehr nach dem alten Larry Underwood, daß er es einfach herausließ. Er stemmte die Hände in die Hüften, legte den Kopf himmelwärts zurück und brüllte vor Lachen über seine eigene unfaßbare Dummheit.
Hinter ihm, wo die Büsche am dichtesten standen, beobachteten blaugrüne Augen das alles, und sie beobachteten auch noch, wie Larry, immer noch lachend und kopfschüttelnd, die letzten Schritte zum Haus zurücklegte. Sie beobachteten, wie er auf die Veranda stieg und durch die Vordertür eintrat, die offen war. Sie beobachteten, wie er hineinging. Dann bewegten sich die Büsche und machten das raschelnde Geräusch, das Larry gehört, aber weiter nicht beachtet hatte. Der Junge zwängte sich heraus, immer noch nackt bis auf die Shorts, und schwang das Schlachtermesser. Eine andere Hand kam aus dem Gebüsch und streichelte seine Schulter. Der Junge blieb sofort stehen. Die Frau kam heraus - sie war groß und eindrucksvoll und geschmeidig; sie schien die Büsche kaum zu bewegen. Sie hatte dichtes schwarzes Haar mit Strähnen von reinstem Weiß; attraktives, aufregendes Haar. Es war zu einem Zopf geflochten, der ihr nach vorn über eine Schulter hing und erst dünner wurde, als er die Wölbung der Brust erreichte. Wenn man die Frau sah, fiel einem zuerst ihre Größe auf, dann richtete man den Blick auf das Haar und mochte glauben, seine rauhe und doch ölige Glätte mit den Augen fühlen zu können. Und wenn man ein Mann war, überlegte man vielleicht, wie ihr Haar wohl offen aussehen würde, befreit im Mondschein über ein Kissen ausgebreitet. Man fragte sich, wie sie im Bett sein würde. Aber sie hatte nie einen Mann in sich empfangen. Sie war rein. Sie wartete. Sie hatte Träume gehabt. Einmal, auf dem College, hatte sie das Ouija-Brett befragt. Und sie fragte sich nun wieder, ob es dieser Mann sein könnte.
»Warte«, sagte sie zu dem Jungen.
Er drehte sein verzweifeltes Gesicht zu dem ihren, ruhigen herum. Sie wußte, woran er dachte.
»Dem Haus wird nichts geschehen. Warum sollte er dem Haus etwas tun, Joe?«
Er wandte sich ab und blickte sehnsüchtig und besorgt zum Haus hinüber.
»Wenn er geht, folgen wir ihm.«
Er schüttelte heftig den Kopf.
»Doch; das müssen wir. Ich muß es.« Ja, sie verspürte das heftige Verlangen. Er war vielleicht nicht der Mann, aber selbst wenn er es nicht war - er war ein Glied in der Kette, der sie nun schon jahrelang folgte und die sich jetzt ihrem Ende näherte.
Joe - das war nicht sein richtiger Name - hob wütend das Messer, als wollte er die Klinge in ihren Körper bohren. Sie machte keine Anstalten, sich zu wehren oder zu fliehen, und der Junge ließ es langsam wieder sinken. Er drehte sich zum Haus um und stieß das Messer ein paarmal in diese Richtung.
»Nein, das wirst du nicht tun«, sagte sie. »Weil er ein menschliches Wesen ist, und er führt uns zu...« Sie verstummte. Anderen menschlichen Wesen , hatte sie sagen wollen. Er ist ein menschliches Wesen, und er führt uns zu anderen menschlichen Wesen . Aber sie war nicht sicher, ob sie das gemeint hatte, und selbst wenn, ob sie nur das gemeint hatte. Sie fühlte sich bereits hin und her gerissen und wünschte sich, sie hätte Larry nie gesehen. Sie versuchte wieder, den Jungen zu streicheln, aber er riß sich wütend los. Er sah zu dem großen weißen Haus, und seine Augen glühten vor Eifersucht. Nach einer Weile glitt er in das Gebüsch zurück und sah sie vorwurfsvoll an. Sie folgte ihm, um nach ihm zu sehen. Er legte sich hin, rollte sich in Embryonalhaltung zusammen und hielt das Messer vor der Brust. Er steckte den Daumen in den Mund und machte die Augen zu.
Nadine ging an die Stelle, wo der Bach einen kleinen See bildete, und kniete sich hin. Sie trank aus hohlen Händen, dann setzte sie sich ins Gras, um das Haus zu beobachten. Ihre Augen waren ruhig, ihr Gesicht sah fast aus wie das einer Madonna von Raphael.
Am Spätnachmittag, als Larry die Route 9 entlangfuhr - über eine Allee -, sah er plötzlich en großes, reflektierendes grünes Schild vor sich und hielt erstaunt an, um die Aufschrift zu lesen. Die besagte, daß hier das Ferienland Maine begann. Er konnte es kaum glauben; er mußte in seiner Verwirrung und Angst eine unglaubliche Strecke zurückgelegt haben. Oder ihm waren ein paar Tage abhanden gekommen. Er wollte gerade weiterfahren, als etwas - ein
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