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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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alptraumhafte Visionen gehabt, wie er über die Lenkstange geschleudert wurde und sich den Schädel brach oder um eine unübersichtliche Kurve fuhr, gegen einen umgestürzten LKW prallte und in einem Feuerball explodierte. Und nach einer Weile war das kotzbeschissene Warnlicht aufgeleuchtet: Mehr überhitzt, logisch , und ihm war fast gewesen, als hätte er das Wort FEIGLING in kleinen Buchstaben über der kleinen roten Plastikbirne lesen können - kein Witz. Hatte es Zeiten gegeben, als er ein Motorrad nicht nur als gegeben betrachtet, sondern sogar Spaß daran gehabt hatte, am Gefühl der Geschwindigkeit, wenn einem der Wind ins Gesicht rauschte und der Asphalt knappe zehn Zentimeter unter den Fußstützen dahinraste? Ja. Als Rita bei ihm gewesen war, bevor Rita sich in einen Mund voll grüner Kotze und ein paar Schlitzaugen verwandelt hatte, da hatte es ihm Spaß gemacht.
    Er hatte das Motorrad über die Böschung in den unkrautüberwucherten Straßengraben rollen lassen und es hinterher angestarrt, von einer Art argwöhnischem Entsetzen erfüllt, als könnte das Ding irgendwie auferstehen und ihn zerschmettern. Komm schon , hatte er gedacht, komm schon und stell dich, Dreckstück . Aber das Motorrad gehorchte lange Zeit nicht. Es wütete und tobte lange Zeit hilflos unten im Straßengraben, das Hinterrad drehte sich vergebens, die gierige Kette verschlang das Laub des vergangenen Herbstes und spie braunen, bitter riechenden Staub aus. Blauer Rauch quoll aus dem verchromten Auspuffrohr. Schon damals war er so weit hinüber gewesen, daß er dachte, das Motorrad könnte etwas Übernatürliches an sich haben, könnte sich plötzlich aufrichten, aus seinem Grab auferstehen und ihn verschlingen... entweder das, oder er würde eines Nachmittags über die Schulter blicken, weil er anschwellenden Motorenlärm hörte, und sein Motorrad sehen, sein verdammtes Motorrad, das nicht einfach seinen Geist aufgab und mit Anstand starb, sondern den Highway entlang direkt auf ihn zugerast kam, mit achtzig Meilen, und über die Lenkstange würde sich dieser dunkle Mann beugen, dieser Unerbittliche, und hinter ihm auf dem Sozius, mit im Wind flatternden weißen Seidenhosen, würde Rita Blakemoor sitzen - kreidebleiches Gesicht, Schlitzaugen, Haar so trocken und tot wie ein Maisfeld im Winter. Aber dann endlich keuchte und hustete das Motorrad; Fehlzündungen peitschten wie Gewehrschüsse, und als der Motor endlich verstummt war, hatte er die Maschine betrachtet und war traurig gewesen, als hätte er einen Teil von sich selbst getötet. Ohne das Motorrad konnte er unmöglich einen ernstzunehmenden Angriff gegen die Stille unternehmen, und diese Stille war in gewisser Weise schlimmer als seine Angst vor dem Sterben oder, bei einem Unfall ernsthaft verletzt zu werden. Seither war er zu Fuß gegangen. Er war durch mehrere Kleinstädte entlang der Route 9 gekommen, in denen es Motorradgeschäfte gab und Vorführmodelle, bei denen die Schlüssel im Schloß steckten, aber wenn er sie zu lange betrachtete, tauchten die Visionen, wie er selbst in einer Blutlache am Straßenrand lag, in grellen, überzeichneten Technicolor-Farben vor seinem geistigen Auge auf, wie etwas aus einem jener gräßlichen, aber doch irgendwie faszinierenden HorrorFilme von Charles Band, in denen immerzu Menschen unter den Rädern riesiger Trucks starben oder aber als Opfer großer, namenloser Käfer, die in ihren warmen Eingeweiden ausgeschlüpft und gewachsen waren, bis sie sich schließlich in einem ekelerregenden Umherspritzen von Blut und Fleisch ins Freie fraßen. Und danach war er jedesmal weitergegangen und hatte blass und zitternd die Stille ertragen. Er war mit kleinen Schweißperlen auf Oberlippe und Schläfen weitergegangen.
    Er hatte abgenommen - na und? Er schritt den ganzen Tag aus, jeden Tag, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Er schlief nicht. Die Alpträume weckten ihn um vier; dann machte er seine Coleman-Lampe an, kauerte in ihrem Schein und wartete darauf, bis die Sonne aufgegangen war, damit er sich traute, weiterzuziehen. Er lief, bis es so dunkel war, daß man fast nichts mehr sehen konnte, und dann schlug er sein Lager mit der hastigen, verstohlenen Schnelligkeit eines geflohenen Sträflings auf. Wenn das Lager bereitet war, lag er bis spät in die Nacht wach und kam sich wie ein Mann vor, durch dessen Körper schätzungsweise zwei Gramm Kokain jagten. O Baby, shake, rattle and roll. Und wie ein Koksabhängiger, aß er auch kaum etwas; er

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