The Stand. Das letze Gefecht
ging wieder zu Lloyds Tisch.
»Müll, das hier ist Ken DeMott. Der Junge mit der kahlen Stelle ist Hector Drogan. Und der Bengel hier, der im Gesicht züchten will, was ihm ums Arschloch herum wild wächst, nennt sich Ace High.«
Alle nickten ihm zu.
»Das ist unser neuer Junge«, sagte Lloyd. »Sein Name ist Mülleimermann.«
Ringsum wurden Hände geschüttelt. Müll machte sich über die Eier her. Er sah den jungen Mann mit dem flaumigen Bart an und sagte mit leiser, höflicher Stimme: »Würden Sie mir bitte das Salz reichen, Mr. High?«
Sie sahen einander einen Moment überrascht an, dann prusteten sie alle vor Lachen. Müll sah sie an und spürte Panik in der Brust aufsteigen, und dann hörte er das Lachen, hörte es wirklich, mit dem Herzen wie mit den Ohren, und begriff, daß nichts Böses dabei war. Hier würde ihn niemand fragen, warum er statt der Kirche lieber die Schule niedergebrannt hatte. Niemand würde ihn wegen dem Rentenscheck der alten Oma Semple aufziehen. Er konnte auch lächeln, wenn er wollte. Und er lächelte.
»Mr. High «, kicherte Hector Drogan. »O Ace, eben bist du aber drangekriegt worden. Mr. High . Ich lach' mich tot. Minister Haaaaiii . Mann, das ist vielleicht ein Knüller.«
Ace High gab Mülleimer das Salz. »Nur Ace, Mann. Darauf hör' ich immer. Du nennst mich nicht Mr. High und ich nenn' dich nicht Mr. Mann, abgemacht?«
»Okay«, sagte Mülleimermann immer noch lächelnd. »Prima.«
»Oh, Mr. Hiiiigh !« sagte Heck Drogan mit schriller Falsettstimme. Dann fing er wieder an zu lachen. »Ace, das wird dir ewig anhängen. Ich schwor's dir.«
»Vielleicht, aber ich werd' auf jeden Fall das Beste draus machen«, sagte Ace High und stand mit seinem Teller auf, um sich noch Eier zu holen. Dabei legte er Müll einen Moment die Hand auf die Schulter. Die Hand war warm und fest. Es war eine freundliche Hand, die nicht drückte oder kniff.
Der Mülleimermann verschlang die Eier und fühlte sich innerlich gut und warm. Dieses warme Hochgefühl war seiner Natur so fremd, daß es ihm fast wie eine Krankheit vorkam. Er versuchte beim Essen, es zu isolieren und zu verstehen. Er sah auf, betrachtete die Gesichter ringsum und glaubte zu verstehen, was es war. Glücklichsein.
Was für gute Menschen , dachte er.
Und dem dicht auf den Fersen: Ich bin daheim .
An diesem Tag durfte er sich noch ungestört ausschlafen, aber am nächsten wurde er zusammen mit zahlreichen anderen mit einem Bus zum Damm von Boulder gefahren. Dort verbrachten sie den Tag damit, Kupferdraht um die Spulen ausgebrannter Motoren zu wickeln. Er arbeitete an einer Bank mit Blick aufs Wasser - Lake Mead - und niemand überwachte ihn. Der Mülleimermann vermutete, daß es keine Vorarbeiter oder so jemanden gab, weil alle ihre Arbeit so sehr liebten wie er auch.
Am nächsten Tag erfuhr er, daß es anders war.
Es war Viertel nach zehn am Morgen. Der Mülleimermann saß auf seiner Bank und wickelte Kupferdraht, aber sein Verstand war eine Million Meilen entfernt, während die Finger ihre Arbeit machten. Er komponierte im Geiste einen Lobespsalm für den dunklen Mann. Er hatte sich überlegt, daß er ein großes Buch besorgen wollte (wahrhaftig ein BUCH), in das er alle Gedanken über ihn eintrug. Vielleicht wollten die Leute so ein Buch einmal lesen. Leute, die so für ihn empfanden wie der Mülleimermann.
Ken DeMott kam zu seiner Bank, und Ken sah unter der Wüstenbräune blaß und ängstlich aus. »Komm mit«, sagte er.
»Feierabend. Wir fahren nach Vegas zurück. Alle. Die Busse warten draußen.«
»Hm? Warum?« Der Mülleimermann blinzelte zu ihm hoch.
»Ich weiß nicht. Es ist sein Befehl. Lloyd hat ihn durchgegeben. Setz deinen Arsch in Bewegung, Mülli. Man stellt besser keine Fragen, wenn es um den Hartgesottenen geht.«
Also stellte er auch keine. Draußen parkten drei Schulbusse der Stadt Las Vegas mit laufenden Motoren auf dem Hoover Drive. Männer und Frauen stiegen ein. Es wurde wenig gesprochen; die vormittägliche Fahrt zurück nach Las Vegas stand in krassem Widerspruch zu den sonstigen Arbeitsgepflogenheiten. Keine Geplänkel, kaum Unterhaltungen und keine Anzüglichkeiten, wie sie zwischen den etwa zwanzig Frauen und dreißig Männern üblich geworden waren. Alle waren in sich selbst versunken. Als sie sich der Stadt näherten, hörte Mülleimermann einen der Männer, der auf der anderen Seite des Mittelgangs gegenüber saß, leise zu seinem Nachbarn flüstern: »Es ist Heck. Heck Drogan.
Weitere Kostenlose Bücher