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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wollte, passierte zweierlei. Schweiß lief ihm in die Augen und nahm ihm die Sicht. Und er rutschte ab. Später sagte er sich, daß das Geröll nachgegeben haben oder sein verletztes Bein eingeknickt sein mußte oder beides. Vielleicht stimmte das sogar. Aber es fühlte sich an... es fühlte sich an wie ein Stoß , und in den langen Nächten zwischen damals und jetzt war es ihm nicht gelungen, sich vom Gegenteil zu überzeugen. Tagsüber dachte Harold streng rational, aber in den Nächten erfüllte ihn die grauenhafte Überzeugung, daß der dunkle Mann selbst eingegriffen und ihn behindert hatte. Der Schuß, den er ihr genau in den Hals verpassen wollte, ging fehl; hoch, daneben, ab in den blauen Himmel. Harold rollte kopfüber bis zu dem toten Baum; sein rechtes Bein wurde verdreht und gestoßen und bildete eine einzige Schmerzquelle vom Knöchel bis zu den Hüften.
    Er prallte gegen den Baum und verlor das Bewußtsein. Als er wieder zu sich kam, war es Nacht, und der Mond, drei Viertel voll, stand schweigend über der Schlucht. Nadine war fort.
    Die erste Nacht verbrachte er in einem Delirium des Entsetzens und der Überzeugung, daß er nicht zur Straße kriechen konnte und hier in der Kluft sterben mußte. Als der Morgen graute, kroch er trotzdem nach oben, schwitzend und von Schmerzen gequält.
    Er begann den Aufstieg gegen sieben Uhr, etwa um die Zeit, als in Boulder die Beerdigungstrupps in ihren orangefarbenen Lastwagen vom Busbahnhof abfuhren. Um fünf Uhr an diesem Nachmittag berührten seine zerschundenen und mit Blasen bedeckten Hände die Leitplanke. Sein Motorrad war noch da, und er weinte fast vor Erleichterung. In fliegender Hast riß er ein paar Dosen und einen Öffner aus der Satteltasche und stopfte sich Corned Beef aus vollen Händen in den Mund. Aber es schmeckte schlecht, und nach einem langen Kampf erbrach er es.
    Da begann er die unwiderlegbare Tatsache seines bevorstehenden Todes zu begreifen, legte sich neben die Triumph und weinte, sein verletztes Bein unter sich. Danach gelang es ihm, ein wenig zu schlafen.
    Am nächsten Tag überraschte ihn ein heftiger Regenschauer, nach dem er bis auf die Haut durchnäßt war und vor Kälte zitterte. Sein Bein roch nach Wundbrand, und er war ängstlich darauf bedacht, das Schießeisen mit dem Körper vor Nässe zu schützen. An jenem Abend hatte er begonnen, in sein Notizbuch zu schreiben, und zum ersten Mal entdeckt, wie seine Handschrift sich allmählich zurückzuentwickeln begann. Er mußte an eine Geschichte von Daniel Keyes denken - sie trug den Titel »Blumen für Algernon«. Darin hatten eine Gruppe Wissenschaftler ein geistig zurückgebliebenes Faktotum irgendwie in ein Genie verwandelt... eine Zeitlang. Dann verlor der arme Kerl die Gabe wieder. Wie hiess er doch gleich? Charly irgendwas, richtig? Klar, denn das war der Titel der Verfilmung. Charly . Ziemlich guter Film. Nicht so gut wie die Geschichte, voll psychedelischer Scheiße aus den sechziger Jahren, soweit er sich erinnern konnte, aber trotzdem ziemlich gut. Früher war Harold oft ins Kino gegangen und hatte sich noch mehr Filme zu Hause auf Video angesehen. In den Tagen, als die Welt noch etwas war, das das Pentagon Zitat lebensfähige Alternative Zitat Ende genannt haben würde. Er hatte die meisten alleine gesehen. Er schrieb in sein Notizbuch, die Worte entstanden langsam aus krakeligen Buchstaben:
    Ich frage mich, ob sie alle tot sind. Das Komitee. Wenn ja, tut es mir leid. Ich war irregeleitet. Das ist eine schwache Entschuldigung für mein Tun, aber ich schwöre bei allem, was ich weiß, es ist die einzige Entschuldigung, die zählt. Der dunkle Mann ist so real wie die Supergrippe selbst, so real wie die Atombomben, die immer noch irgendwo in ihren Betonschächten stehen. Und wenn das Ende kommt, und wenn es so schrecklich ist, wie die guten Menschen es immer gewußt haben, bleibt nur eines zu sagen, wenn sich diese guten Menschen dem Thron des Richters nähern: Ich war irregeleitet.
    Harold las, was er geschrieben hatte, und strich sich mit einer dünnen, zitternden Hand über die Stirn. Es war keine gute Entschuldigung, es war eine schlechte. Man konnte beschönigen, soviel man wollte, es stank zum Himmel. Jemand, der diesen Absatz las, nachdem er sein Hauptbuch gelesen hatte, mußte ihn für einen völligen Heuchler halten. Er hatte sich als König der Anarchie gesehen, aber der dunkle Mann hatte ihn durchschaut und mühelos in ein zitterndes Knochenbündel verwandelt, das

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