The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Rache ist nicht genug: Band 3 (German Edition)
tue.
Ich zerknüllte das Stück Papier in meiner Faust und knurrte vor Zorn. Wie hatte er sie geholt? Ich hatte nichts gehört, nicht einmal mit meinen Vampirsinnen. Die Diener, einige Mäuse und Ratten in den Wänden, aber sonst – nichts. Der Vampir Lucius war in völliger Stille gekommen und hatte es geschafft, Lexi zu ergreifen – oder kampfunfähig zu machen –, ohne dass sie hatte schreien können. Welche Geschwindigkeit, welche Macht musste diese Bestie besitzen! Er kommt direkt aus der Hölle, hatte Lexi gesagt. Aber so uralt, so ungeheuerlich dieser Vampir auch sein mochte, hatte er mit diesem Blatt Papier doch eine sehr menschliche Schwäche offenbart. Er besaß das kleinliche Verlangen nach Spott. Wäre Damon an seiner Stelle gewesen, hätte Lexi tot auf dem Boden gelegen, als ich nach unten kam. Aber die Bestie wollte mich wissen lassen, dass alle um mich herum in Gefahr waren; die Bestie wollte mir Angst machen, bevor sie mich tötete.
Jetzt hatte ich nur eines im Sinn – Lexi zu suchen und zu retten, wenn sie noch lebte. Wenn sie nicht mehr lebte … dann war es mein Recht und mein Vergnügen, Klaus’ Lakaien zu töten. Das schwor ich mir.
Was hatte er im Gefängnis noch gesagt? Auge um
Auge. Er wollte mir und Damon etwas Wertvolles nehmen, weil wir ihm Katherine genommen hatten. Also hatte er unsere Ehefrauen und ihre Familie genommen. Aber die Sutherlands waren Menschen ohne tiefere Bedeutung für uns und sehr leicht zu beseitigen. Seine geliebte Katherine war beim Brand einer Kirche gestorben.
Was, wenn …
Meine Gedanken rasten.
Was, wenn er plante, Lexi auf die gleiche Weise zu töten?
Plötzlich hatte ich das Gefühl, eine Chance zu haben. Aber welche Kirche? Es musste in der Stadt Hunderte geben.
Ich rannte nach draußen. Der Geruch von Verwesung lag schwer in der Luft, als hätte Lucius unwissentlich eine Spur für mich hinterlassen. Ich folgte dem Gestank Richtung Süden; mit jedem Schritt, der mich dem Ort näher brachte, an dem Lexi vielleicht war, und der Person näher brachte, die ich sein sollte, fühlte ich mich stärker. Ich hatte versucht, mich von den Menschen fernzuhalten – es hatte nicht funktioniert. Ich hatte versucht, mit ihnen zu leben – mit katastrophalem Ausgang. Aber ich hatte es niemals auf gemäßigte Weise versucht. Ich würde niemals menschlich sein, aber ich konnte den Menschen helfen, so wie ich Bridget in jener Nacht im Park geholfen hatte. Ich würde niemals unter Menschen leben können, aber ich konnte bei
Menschen wie Mrs Sutherland und bei Vampiren wie Lexi Kameradschaft finden. Und diese Bande würden mich erden und dafür sorgen, dass ich aufrichtig blieb.
Während ich an einem Stadthaus aus Ziegelstein vorbeilief, fing ich eine Taube mitten im Flug aus der Luft und riss ihren Hals auf, um mir eine zusätzliche Stärkung zu verschaffen. Der Gestank wurde jetzt deutlicher, und zwei Straßen weiter erblickte ich eine irischkatholische Kirche. Ich wusste, dass die Menschen in Sorge gewesen waren, sie könnte niedergebrannt werden, wie so viele andere Kirchen während der religiösen Aufstände in Pennsylvania. Aber als ich jetzt eintrat, war alles ruhig. Ein paar alte Frauen saßen in den vorderen Bänken, und der Geruch nach Verwesung, der die Luft draußen so stark durchdrungen hatte, war hier wie ausgelöscht. Da war nichts außer dem Weihrauch und den Kerzen, die auf dem Altar brannten.
Ich schlich mich in eine der hinteren Bänke und betrachtete ein kleines rundes Rosenfenster. Die Szene darin zeigte die trauernde Muttergottes in Lapislazuliblau, während hinter ihr die Sonne, ein blutroter Granat, aufging. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich. Warum hatte ich Lucius’ Fährte verloren? Lag ich falsch mit der Annahme, dass er mich ködern wollte, damit ich die richtige Kirche in dem Moment erreichte, in dem er das Streichholz ans Pulverfass hielt? Welche Kirche würde er wählen – und warum?
Dann wurde mir mit einem Schlag bewusst, wie
dumm ich gewesen war. Der uralte Vampir hatte mit größter Sorgfalt ermittelt, wo die Familie meiner Braut lebte – also würde er jetzt bestimmt keine x-beliebige Kirche wählen, um sie niederzubrennen. Sondern die Kapelle, in der ich hätte getraut werden sollen.
Tief im Inneren wusste ich, dass ich recht hatte. Aber genauso sicher wusste ich, dass ich nicht allein dorthin konnte. Und es gab nur eine Person, die in der Lage war, mir zu helfen.
Damon.
Damon, der mich in die Falle
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