The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Schatten des Schicksals: Band 5 (German Edition)
hellen Gaslampe erleuchtet wurde. Ein Mann, den ich nicht kannte, trat an das Geländer des Balkons und schaute hinab. Das Orchester hörte auf zu spielen und der Mann breitete die Arme aus wie zum Gruß.
» Willkommen, Freunde, auf dem Wohltätigkeitsball des Magdalenenheims!«, rief er unter aufbrandendem Applaus und einigen Jubelpfiffen. » Und nun zu unserem Gastgeber, Samuel Mortimer!«
Inmitten der donnernd applaudierenden Menge beobachtete ich, wie Samuel auf dem Balkon erschien. Sein blondes Haar war mit Pomade zurückgekämmt und kringelte sich leicht über seinem Hemdkragen, was ihn löwenähnlicher denn je wirken ließ. An seinem Arm, das Gesicht bleich, das lange Haar hochgesteckt, führte er Violet. Ihre Augen wirkten noch größer, ihr Mund schien noch röter als sonst, und ich fragte mich, ob dies von ihrer letzten Blutmahlzeit herrührte. Samuel stand dicht neben ihr, aber es machte nicht den Eindruck, als sei sie gegen ihren Willen hier. Im Gegenteil: Wann immer Samuel sich von ihr wegbewegte, zog sie ihn wieder zu sich heran, als müsse sie ihn ständig an ihrer Seite haben.
Ich hörte, wie ein Raunen durch die Menge ging und konnte mir vorstellen, was da geflüstert wurde. Gewiss fragte sich ein jeder, woher sie kam und warum Samuel sie als seine Begleitung gewählt hatte. Wenn die Gäste hier nur wüssten, dass Samuel sie gezwungen hatte, Olivers Blut zu trinken. Wenn sie nur wüssten, dass der Mann an ihrem Arm das fleischgewordene Böse war. Wenn sie doch nur wüssten, dass unter ihnen Vampire wandelten– und dass einige davon zu unvorstellbarer Zerstörung fähig waren.
» Violet!« Cora kreischte und sprang von ihrem Stuhl am anderen Ende des Saals auf, wo sie während meines Gesprächs mit Schwester Benedikta Platz genommen hatte. Jetzt rannte sie los, um zu Violet zu gelangen. Glücklicherweise hatte das Orchester wieder zu spielen begonnen und der Ballsaal war erfüllt von Geplauder, klirrenden Gläsern und klackernden Schritten. Bis auf einige Mädchen in der Nähe hatte niemand Coras Ausbruch mitbekommen. Doch selbst das war zu gefährlich. Jede Aufmerksamkeit, die Cora oder uns zuteil wurde, brachte unseren Plan in Gefahr.
» Nein!«, brüllten Damon und ich gleichzeitig und stürzten uns in die Menge, die uns von Cora trennte. Damon war als Erster an ihrer Seite. Er packte sie am Arm und legte ihr eine Hand auf den Mund. » Seien Sie still!«, befahl er und drängte sie zurück auf ihren Platz. Dann beugte er sich zu ihr vor, die Hände zum Gebet verschränkt. » Sie ist hysterisch«, sagte er so laut, dass die Mädchen und Schwester Benedikta es hören konnten. » Das passiert manchmal, wenn junge Frauen nicht an große Menschenmengen gewöhnt sind. Wir werden für sie beten«, fügte Damon hinzu, als ich zu den beiden trat.
» Was hatten Sie vor?«, zischte ich. Bei meinem harschen Tonfall zuckte sie zusammen. Ich blickte über meine Schulter, um festzustellen, ob Violet Coras Ausruf gehört hatte. Inzwischen befand sie sich auf der Tanzfläche, zum Glück weit genug entfernt, und knickste vor einem hochgewachsenen, dünnen Herrn, der offenbar der Bürgermeister der City von London war.
» Es tut mir leid!«, flüsterte Cora, und alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. Sie zog ein Taschentuch hervor, drehte es in den Händen und vermied es, mich anzusehen. » Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Ich habe einfach nur Violet gesehen, und ich war so glücklich darüber… es tut mir leid.«
» Schon gut«, sagte ich. Ich warf Damon einen Blick zu. Der Plan war noch nicht zerstört. Alles würde gut werden.
» Sie waren nicht allzu laut«, stimmte Damon besänftigend ein. » Stefan hat seinen eigenen Schatten schon viel lauter angebrüllt«, witzelte er.
Der Schimmer eines Lächelns glitt über Coras Gesicht. Das höfliche Geplänkel schien sie zu beruhigen. Sie blies die Wangen auf und stieß den Atem aus. » Denken Sie, Violet weiß, dass ich hier bin?«, fragte sie und schaute mir forschend in die Augen.
» Vampire haben scharfe Sinne, aber sie haben keine telepathischen Fähigkeiten. Sie können nicht spüren, wo jemand ist, sie können ihn nur hören oder sehen«, erklärte ich. » Und ab jetzt denken Sie bitte daran: Je leiser Sie sind, um so besser stehen die Chancen, Violet zu retten.« Ich sah sie fest an und nickte ihr ermutigend zu. Ihre entschlossene Miene erinnerte mich plötzlich so sehr an Olivers, wenn er versucht hatte, mich zu überreden, ihn auf die Jagd
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