The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)
lange weiterlaufen lassen, wie sie es bei bestimmten Häftlingen für nötig hielt. Als die Wärter gegangen waren, hangelte ich mich zu dem sogenannten Fenster hinauf und rief durch die Glaslücken nach draußen. Andere in dieser Station mussten ja die Geräusche bei meiner Ankunft und das Öffnen der Zellentür gehört haben. In Einzelhaft konnte man aus Geräuschen, die man hörte, Zusammenhänge zutreffend erschließen. Es kamen zwei Antworten, beide von Freunden von mir; der eine war ein IRA-Mann, der andere ein Schwarzer, der am „Spaghetti House“-Überfall mit der nachfolgenden Belagerung beteiligt gewesen war und den ich schon seit Jahren kannte.
Die beiden erzählten mir, die Sonderstrafhaft sei dazu gedacht, den Widerstand von Häftlingen zu brechen. Sie waren schon ein paar Monate da und nannten mir den Namen eines Londoner Gangsters ein paar Zellen von mir entfernt, der sich schon im Zustand eines Nervenzusammenbruchs befand und manchmal vor sich hinmurmelte, weinte oder schrie. Sie sagten auch, er bekäme Psychopharmaka in hohen Dosen. Dann plauderten wir noch ein bisschen darüber, wie lange ich wohl hier sein würde. Ich witzelte, ich würde dafür sorgen, dass die Vollzugsbehörde mich innerhalb von acht Wochen woandershin bringen würde.
Morgens um 6.30 Uhr kamen Wärter in meine Zelle und sagten, ich solle das Bettzeug draußen ablegen. Ich weigerte mich und wies auf die Anstaltsordnung hin. Daraufhin beschuldigten sie mich, gegen eine Anordnung verstoßen zu haben, und auch noch damit, dass ich mich am Abend zuvor nicht an das Redeverbot gehalten hatte – in schriftlicher Form war mein Verstoß als „lautes Rufen“ angegeben. Sie befahlen mir, den Zellenboden auf Händen und Knien mit einer kleinen Handbürste und einem Eimer voll schmutzigem Wasser zu putzen. Ich antwortete, ich würde ihn ganz normal mit den normalen Gegenständen putzen, einem Wischmopp und einem Eimer voll sauberem Wasser. Natürlich warfen sie mir wieder vor, dass ich mich weigerte, eine Anordnung zu befolgen, und gingen dann.
Schnell schrieb ich zwei Briefe, einen an meine Anwältin Gareth Pearce und einen an meine Familie, in welchen ich die Umstände beschrieb und die Tatsache feststellte, dass die verbotene Kontrollstation wieder in Betrieb war. Bevor man die Erlaubnis erhält, sich in Briefen über die Behandlung im Gefängnis zu beklagen, muss man sich zuerst offiziell und intern beim Gefängnisleiter selbst beschweren. Der Haken an der Sache ist allerdings, dass die Klage dadurch gestützt sein muss, dass die Vollzugsanstalt sich selbst mit den festgestellten Mängeln befasst. Ist das nicht der Fall, so werden einem „falsche und böswillige Verleumdungen“ zur Last gelegt. Es ist eine wie Lotterie, entweder setzt die Anstalt sich durch oder man selber schafft es. Ich verlangte also den Verwalter zu sprechen, um mehrere Beschwerden zu äußern. Darauf gaben die Wärter mir zu verstehen, wenn ich mich beklagte, würde ich das später noch sehr bereuen.
Als ich meine Zelle verließ, um mir von einer Warmhalteplatte auf dem Gang mein Frühstück zu holen, hielt ich einen Plastikteller in der Hand; die andere Hand hatte ich in die Hosentasche gesteckt. Sofort schrien die Wärter mich an, ich solle die Hand aus der Tasche nehmen. Ich ignorierte sie und ging weiter auf die Warmhalteplatte zu. Aber nun wurde mir das Essen verweigert, weil ich in schrecklicher Weise die Regeln des F-Gebäudes gebrochen hatte. Ich sagte, ich würde auch weiterhin meine freie Hand dahin tun, wo ich wollte, und wenn ich deshalb kein Essen bekäme, wäre mir das egal. Ein paar Minuten später brachten sie mir ekelhaftes Eipulver mit einer Scheibe Brot auf einem Teller in die Zelle – ein Punkt für mich. Die Wärter waren stinksauer und drohten, sie würden mich fertigmachen, doch ich beachtete sie einfach nicht.
Das Mini-Gerichtsverfahren, in dem meine „Verstöße gegen die Anstaltsdisziplin“ verhandelt werden sollten, war für 10 Uhr morgens angesetzt. Gegen zehn vor zehn wurde ich zum stellvertretenden Anstaltsleiter gebracht, wo ich meine offizielle Beschwerde einreichte. Dazu überreichte ich ihm auch meine beiden Briefe für den Postausgang. Als ich zu meiner Zelle zurückkehrte, hatte es den Wärtern vor Wut die Sprache verschlagen.
Zehn Minuten später brachte man mich zu demselben stellvertretenden Anstaltsleiter, der mich sämtlicher Anklagepunkte für schuldig befand. Meine Hinweise darauf, dass es sich hier um eine
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