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The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

Titel: The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shane O'Doherty
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„Kontrollstation“ der Art handelte, die vom Obersten Gerichtshof vor einigen Jahren verboten worden war, ignorierte er und verhängte den Verlust genau der Privilegien, die ich bereits unrechtmäßig durch die Zuteilung für das F-Gebäude verloren hatte.
    Die Briefe, die ich abgeschickt hatte, waren für die Gefängnisverwaltung wie Zeitbomben. Im Allgemeinen verließ man sich nämlich darauf, dass viele Häftlinge gar nicht lesen konnten, dass die meisten sich nicht für ihrer Rechte starkmachten, keine Korrespondenz mit Parlamentariern und Anwälten führten und sich von der Aussicht auf lang andauernde Einzelhaft einschüchtern ließen. Aus meinen Akten hätte man allerdings ersehen können, dass ich in der Hinsicht anders war. Die Verantwortlichen musste doch wissen, dass es, sobald meine Familie und meine Anwältin die Wahrheit über meine Behandlung erfuhren, Proteste in der Presse und im Parlament geben würde, und dass es höchstwahrscheinlich wieder zu einer Eingabe beim Obersten Gerichtshof kommen würde. Die auf die Mauern gemalten desorientierenden Wellenlinien im Trainingshof gab es übrigens tatsächlich! Die Verantwortlichen hätten sich ja denken können, dass ich nicht wieder dort hinuntergehen würde, aber sie schenkten den bevorstehenden Protesten keinerlei Beachtung. Mir wurden weiterhin verschiedene „Verstöße“ zur Last gelegt, und ich freute mich insgeheim darüber, dass ich so viel Beweismaterial für den „Kontrollstation“-Charakter für meine Zwecke sammeln konnte.
    Gareth Pearce, meine Anwältin, kam aus London, um mich zu besuchen, und war entsetzt von meinem Aussehen und von dem, was ich berichtete. Auch Bischof Edward Daly flog aus Nordirland herbei, um mich zu sehen. Ich hatte ihm gesagt, dass die Häftlinge im F-Gebäude sonntags nicht zur Messe gehen durften. Darum hatte ich nämlich gebeten, und schließlich kam dann ein friedlich gesonnener Priester, der mir sagte, er würde in meiner Zelle die Messe lesen. Ich wollte wissen, was er tun würde, wenn zehn oder zwanzig andere Häftlinge der Kontrollstation auch zur Messe wollten – würde er dann zehn bis zwanzig Stunden im Gebäude bleiben, um für jeden die Messe zu lesen? Es ginge doch darum, dass man den Insassen von „F“ gestatten solle, ganz normal zur Messe in die übliche Kapelle zu gehen. Er sagte, er könne mir nicht helfen. Als nun Bischof Daly ankam, brachte er den regional zuständigen Bischof Wheeler aus Leeds mit. Ich beschrieb den beiden, wie hier im Haus verfahren wurde, und sie waren ebenfalls entsetzt. Am nächsten Tag erschien Bischof Dalys Empörung über meine Behandlung groß auf der Titelseite der nordirischen Tageszeitung „The Irish News“. Einige britische Tageszeitungen übernahmen den Bericht, darunter auch „The Guardian“, in dem ich vor Jahren erstmals von der „Kontrollstation“ gelesen hatte.
    Auch meine arme Mutter kam mich besuchen, allerdings sehr gegen meinen Willen. Ich war überhaupt nicht versessen darauf, Bekanntschaft mit den Sonderbedingungen zu machen, die das Gefängnis Wakefield meinen Besuchern auferlegen würde, und meine Vorbehalte bestätigten sich prompt. Ich musste an einem Ende eines sehr langen Tisches zwischen zwei bulligen Wärtern sitzen, und meine Mutter am entgegengesetzten Ende. Sie konnte mich kaum sehen und war die ganze Zeit den Tränen nahe. So war es kaum möglich, das Gespräch aufrechtzuerhalten. Die Kerle hörten jedes Wort, saßen da und stierten meine Mutter an. Deshalb war ich froh, als es vorbei war, und meine Verbitterung über die Gefängnisverwaltung wuchs.
    Ein paar Wochen vergingen, und ich hatte das Gefühl, ich hätte bei meinen Bemühungen, aus der Kontrollstation herauszukommen, so recht keine Antriebsmöglichkeiten mehr. Als ich eines Tages unter dem grauen Himmel von Yorkshire an den Wellenlinien im Trainingshof entlangspazierte, sagte ein Wärter, der am Tor stand, zu mir: „In der „Times“ ist heute ein Artikel über dich, gleich neben dem Leitartikel. Du sollst wohl woandershin verlegt werden.“ Leider konnte ich nicht stehen bleiben und ihn befragen, weil man überall auf dem Hof von Kameras beobachtete wurde. Dabei brannte ich darauf, mehr über diesen Artikel zu hören, wer ihn geschrieben hatte und wie weit der Artikel überhaupt ging, aber ich hatte gar keine Möglichkeit, irgendetwas zu erfahren. Wenn Nachrichtenzugang Macht bedeutet, dann sind Häftlinge völlig machtlos. An diesem Abend rief ich meinen Freunden die

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