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The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

Titel: The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shane O'Doherty
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seiner Klasse zu Weihnachten Preise vergeben wurden. Ich erinnere mich deutlich an den Fußweg und daran, wie er mich stolz den zahlreichen Frauen und Männern vorstellte, die ihn grüßten. In späteren Jahren sollte sich die Tatsache, dass ich sein Sohn war, als Grundlage für das Vertrauen erweisen, das andere in mich setzten. Er und seine Schwester Mary, die beide in der Waterloo Street geboren und aufgewachsen waren, hatten ihr Leben damit zugebracht, die Kinder im Ghetto zu unterrichten. Nach meinem achten Geburtstag ging ich viermal die Woche durch die gesamte Länge der Bogside auf meinem Schulweg zur Schule der Christlichen Brüder (wo mein Vater unterrichtete) und im Anschluss daran zum St Columb’s College. Dadurch lernte ich diesen Stadtteil wie meine Westentasche kennen. Die Bogside war zwar nur zwei Straßen von meiner entfernt, aber es war eine völlig andere Welt.
    Für meine jugendlichen Augen war es dort seltsam und bedrückend: tote, gerupfte Hühner und Gänse hingen an den Füßen zum Verkauf gegenüber des Viehhofs in der Rossville Street; Rinder- und Schafsherden und einige Schweine wurden zum Schlachthof in Little Diamond getrieben; Pferdekarren zogen Kohle oder Altmetall; die zumeist arbeitslosen Männer standen müßig an den Straßenecken herum und unterhielten sich miteinander, während andere Männer Gruppen von Rennhunden mit Maulkörben an langen Leinen ausführten, um sie für die Rennen in Brandywell in Form zu halten; „Saufbrüder“ lagen längelang im Vollrausch auf dem Gehweg oder bettelten Leute um ein paar Brocken Essbares an; kleine Vier-Zimmer-Häuser, alle aneinandergebaut, säumten die gesamte Länge der Leckey Road, wo Frauen jeden Morgen die Stufe vor der Haustür schrubbten, zu der ein kleiner Halbkreis des Bürgersteigs davor mit dazugehörte. Wenn es regnete, gab es in der Bogside die größten Pfützen, die ich je gesehen hatte, und da der Ort, wie das Wort „bog“ (Sumpf) schon verriet, früher ein altes Flussbett gewesen war, wurde er immer sehr schnell überschwemmt. Wie die Leute das ständige Eindringen des Wassers in ihre Häuser überhaupt ertrugen, ist mir ein Rätsel.
    Ich sah, wie der alte Teil der Bogside im Zuge der Sanierung abgerissen wurde, und erinnere mich noch, wie Morgans Alttextilien-Laden einstürzte und durch die Staubwolken Hunderte von Ratten in alle Richtungen entflohen, während die entsetzten Zuschauer vor ihnen auseinanderstoben ... . Aber ich hatte dort auch viel Spaß. Eines Tages, als wir auf dem Weg zur Schule waren, sagten uns ein paar ältere Freunde, wir sollten auf Anton Doot achten. „Anton Doot?“ fragte ich verdutzt. „Jau“, sagte sie, „und hoffentlich könnt ihr gut rennen! Seht ihr den Kerl da mit den gelben Haarsträhnen und den ausgebeulten Jackentaschen?“ „Ja, den seh’ ich!“ antwortete ich.
    Der schmächtige Mann stand vor der Greyhound-Kneipe am Rand einer Gruppe von anderen Männern. Sein gelbliches Haar war so gekämmt, dass es seine beginnende Glatze verdecken sollte, was es aber nicht tat. „Also los jetzt – ANTON DOOT IST EINE TUNTE! ANTON DOOT IST EINE TUNTE!“ Damit rasten sie davon und ich drehte mich um, um den Grund dafür zu sehen. Anton Doot fummelte in seinen Taschen herum und schrie mit dünner Stimme: „Verschwindet, ihr kleinen Scheißer! Ihr verdammten Scheißer!“ Er zog einen halben Ziegelstein aus der Jackentasche und schickte sich an, ihn mit erstaunlicher Kraft dem wegrennenden Anführer hinterher zu schleudern. Dann zog er einen zweiten Stein aus der anderen Tasche.
    Ich war ein guter Sprinter und wetzte von echter Angst befeuert davon, wobei mein Schulranzen gegen meinen Rücken schlug, bis ich den halben Ziegelstein einen guten Meter vor mir auf die Straße kollern sah. Der Mann hatte keine weiteren Steine mehr. Ich blieb stehen, drehte mich um und rief mit bebender Stimme: „ANTON DOOT IST EINE TUNTE!“ Nun war ich ein sehr männlicher, wenn auch zitternder Junge und sah auch gleich den Lohn für meine Tat bedrohlich vor mir: Nach der Schule würde ich nicht an dem erbosten Anton Doot vorbei kommen können und musste mir einen Umweg durch die Gasse St Columb’s Wells ausdenken. Dabei wusste ich nicht einmal, was eine Tunte überhaupt war! Wir quälten Anton damit, bis wir zu anspruchsvoll wurden, um vor irgendeinem schmächtigen Kerl und seinen halben Ziegelsteinen davonzulaufen.
    Jeder kannte jeden in der Bogside und in Brandywell, und ein Fremder fiel wie ein bunter

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