The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)
Anstrengung nötig gewesen zu sein. Alles hatte sich für mich zusammengefügt, als habe das Schicksal es so vorgesehen.
Würden die IRA-Offiziere meine Tat für lobenswert erachten oder hatte ich mich in große Schwierigkeiten gebracht? Ich hatte eine Aktion ausgeführt, ohne dass man mich ausdrücklich damit beauftragt hatte, und hatte frech eine ihrer Bomben hochgehen lassen. Damit war ich ein großes Risiko eingegangen. Welchen Eindruck hatten sie wohl nun von mir?
Am nächsten Abend würde ich es erfahren, und ich wurde immer nervöser, während ich darauf wartete, Rückmeldung zu machen. Ich neigte immer dazu, zunächst die Regeln zu brechen und die Folgen erst viel später zu bedenken. Nun war ich also dabei, mir Gedanken über die möglichen Konsequenzen zu machen. Es konnte gut oder aber sehr schlecht ausgehen. Ich musste jetzt einfach abwarten.
MEIN PATRIOTISCHER EXZESS
Meine vorgesetzten Offiziere hätten niemals gedacht, dass eine an einem sicheren Ort gelagerte Bombe, die sie selbst nicht am Zielort unterzubringen geschafft hatten, ohne ihr Wissen mitten in der Nacht ihren Weg dorthin finden, dort hochgehen, einen Riesenschaden anrichten und die beiden Offiziere aus dem Schlaf reißen würde. Sie hatten auf keinen Fall damit gerechnet, dass ein so junger, unerfahrener und allein handelnder Freiwilliger solch eine Aktion durchführen würde. Anfangs standen sie genauso vor einem Rätsel wie alle anderen in Derry auch, bis sie erfuhren, wo es genau passiert war. Daraufhin kam ihnen der Verdacht, dass ich es wohl getan haben musste. Wie auch immer, sie konnten ja nicht im Entferntesten ahnen, dass ich all meine jahrelange Entschlossenheit und meine einsamen Phantasien in meinen Treueeid hineingelegt hatte.
Als ich ihnen Bericht erstattete, stellten sie mir viele penible Fragen über mein Vorgehen und gaben mir zu verstehen, dass mein Verstoß gegen die Disziplin zeige, dass ich das seinem Wesen nach kollektive Bestreben, das durch die IRA konkret organisiert wurde, nicht begriff. Als ich dies zugab, entspannten sie sich einigermaßen, schüttelten ungläubig die Köpfe, lachten und machten sich über meinen kompromisslosen Tatendrang lustig. Natürlich waren ihnen Freiwillige, die zu wenig Furcht und Respekt vor Sprengstoffen hatten, verdächtig. Die konnten ja jedem gefährlich werden, deshalb entließ man sie schnell wieder. Allerdings waren die beiden Männer bei aller Missbilligung doch von meiner Handlungsbereitschaft beeindruckt. Ich war ja ein großes Risiko eingegangen, indem ich die Bombe zum Ziel getragen, erfolgreich deponiert und gezündet hatte; also war ich ein Macher, nicht bloß ein Schwätzer. Deshalb nahmen sie mich auch ernst, als ich erneut darum bat, mich auf Sprengungen spezialisieren zu dürfen. Sie versprachen mir, mich mit dem besten Experten, den sie kannten, in Verbindung zu bringen.
Alles in allem hatte ich ein Jahr früher, als man es hätte erwarten können, etwas Herausragendes geleistet, und daraus erwuchs so gut wie unverzüglich die nächste Gelegenheit. Es war geplant, eine Bombe in einem Regierungsgebäude zu deponieren, aber man hatte noch keinen geeigneten Zugang gefunden. Da ich nicht weit entfernt davon wohnte, wurde ich nach Einzelheiten dieses Gebäudes befragt. Ich versprach es auszuspähen, tat dies auch und entdeckte bald eine geeignete Stelle.
Da ich einen Zugang gefunden hatte und die Umgebung gut kannte, bekam ich auch den Auftrag, die Bombe zu legen und den Zünder in Gang zu setzen. Von einem Fenster aus sollte ich einem anderen IRA-Mitglied zuwinken, um anzuzeigen, dass ich die Bombe gezündet hatte. Der andere sollte dann die Polizei anrufen und eine Warnung aussprechen, so dass das Gebäude rechtzeitig geräumt werden konnte, bevor der Sprengsatz explodierte.
Zwar war ich war kein Fachmann für Sprengmittel oder Zünder, aber ich wusste, dass Verwindungen oder scharfe Knicke im Zünddraht den inneren Kern aus Sprengstoff leicht brechen lassen und der brennende Zünddraht an dieser Stelle sehr wahrscheinlich erlischt. Als ich einen Blick in die Tasche warf, in der sich die für diesen Einsatz vorgesehene Bombe befand, sah ich, dass die Zündschnur nicht aufgerollt, sondern an mehreren Stellen verdreht und geknickt war. Dennoch sagte ich nichts, denn ich war schließlich kein Fachmann, und der Experte sollte ja mein Lehrer werden.
An dem Tag legte ich die Bombe also wie vorgesehen ab, entzündete den Sicherungsdraht, winkte meinen Verbindungsmann
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