Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

Titel: The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shane O'Doherty
Vom Netzwerk:
an meiner Darstellung als der einzig wahren festhielt, war ich für sie nicht glaubwürdig, denn die Bombe musste einfach tadellos in Ordnung gewesen sein, so dass ich das einzige schwache Glied in der Kette war. Der Bombenbauer wurde hinzugerufen und bestritt die Möglichkeit, dass es an einem fehlerhaften Zünder gelegen haben könnte.
    Ich wollte wissen, warum die Polizei und die Armee nach dem Warnanruf nicht das Gebäude geräumt hatten. Das konnten die Offiziere sich auch nicht erklären, kamen aber zu dem Schluss, dass man sich nicht darauf verlassen konnte, dass die Royal Ulster Constabulary telefonische Warnungen annehmen würde. Der Mann, der sie anrufen sollte, hatte es zwar getan und mit dem Zuständigen für den polizeilichen Telefondienst gesprochen, aber dieser hatte die Warnung womöglich für einen Scherz gehalten; vielleicht wollte er es auch auf Todesfälle ankommen lassen, um der IRA zu schaden. Sie beschlossen, dass von jetzt an noch andere Organisationen, vielleicht auch die Presse, angerufen werden sollten, damit es auch unabhängige Zeugen dafür gab, dass tatsächlich Warnungen gegeben worden waren. Bei alledem glaubten sie immer noch, dass ich nicht den Mumm gehabt hatte, die Bombe zu zünden, weil meine Nerven mich im entscheidenden Moment im Stich gelassen hatten. Diese vermutete Schwäche meinerseits sahen sie auch nicht als glückliche Fügung des Schicksals an, obwohl das Fehlschlagen der Operation ja Menschen vor Verletzungen und vor dem Tod bewahrt hatte.
    An genau diesem Punkt in meiner hitzigen Selbstverteidigung kam mir etwas zu Hilfe, das dazu führte, dass die beiden Offiziere und der Bombenbauer sich bei mir dafür entschuldigen mussten, wie sie mich behandelt hatten. Die Frau eines der beiden Offiziere, die glaubte, wir seien einfach nur mitten in einer politischen Debatte, brachte ein Tablett mit Tee herein. Sie sagte, das Fernsehen habe gerade einen Bericht über eine in dem Regierungsgebäude gefundene Bombe mit erloschenem Zünddraht gebracht. Allgemein sei man sehr besorgt, weil keine Warnung gegeben worden war.
    Damit waren drei Dinge geklärt: Ich hatte die Bombe tatsächlich gezündet, meine Kritik an den vielen Knicken im Zünddraht war berechtigt, und offensichtlich war es zu unsicher, sich bei telefonischen Warnungen allein auf die Polizei zu verlassen.
    Zusammen mit dem Bombenbauer verließ ich das Haus. Ich schwelgte im Hochgefühl und hatte völlig vergessen, in welche Panik ich geraten war, als feststand, dass das Gebäude nicht geräumt werden würde und Zivilisten womöglich sterben mussten. Ich und meine Zuverlässigkeit hatten im Mittelpunkt gestanden, zusätzlich noch die Bauweise der Bombe und die Vorgehensweise bei Warnanrufen. Es war keine Rede davon gewesen, dass nur ein Wunder oder ein absoluter Zufall Tote und Verletzte unter den Bürgern von Derry verhindert hatte. Und so gingen wir weiter unseren Beschäftigungen nach, ohne uns auch nur im Geringsten darüber zu bekümmern, dass die Katastrophe nur knapp verhindert worden war, und das auch nur durch die fehlerhaft gebaute Bombe.
    Danach widmete ich mich hauptsächlich dem Erlernen meiner neuen Tätigkeit. An einem Samstagmorgen traf ich mich mit dem Bombenbauer, um zu lernen, wie man Brandsätze herstellt. Er schickte mich zu einem Haus in der Nähe, wo ich ein Päckchen mit nötigen Bestandteilen abholen sollte. Als ich dort ankam und den Mann danach fragte, wurde er sehr verlegen. Mit besorgtem Gesicht fragte er mich, ob ich später wiederkommen könnte, was mir aber nicht möglich war. Daraufhin ging er mit mir ein paar Schritte die Straße hinunter und sagte: „Meine Frau hat das Päckchen gefunden, geöffnet und weggeworfen. Ich kann den Inhalt nicht ersetzen – ich kann’s absolut nicht. Sag’ dem Sprengmittel-Offizier, dass es mir leid tut. Sie duldet Waffen oder Sprengstoff für unsere Sache im Haus, aber nicht das, was in dem Paket war.“
    Ich ging zurück zu meinem Ausbilder und teilte es ihm mit. Zwar wusste ich nicht, was in dem Päckchen gewesen war, aber ich dachte mir, es müsse schon etwas ganz besonders Gefährliches gewesen sein – noch gefährlicher als Zündmittel, wenn die Frau es nicht im Haus haben wollte. Es musste etwas Hochexplosives, Todbringendes gewesen sein.
    Mein Ausbilder war perplex und konnte seinen Frust nicht zurückhalten: „Das war eine Großpackung Kondome! Wie zum Teufel soll ich in Derry eine Großpackung Kondome auftreiben, verdammt noch mal! Und

Weitere Kostenlose Bücher