The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)
Mädchen, das ich Jahre zuvor beim Sommerseminar für Irische Sprache in Donegal kennengelernt hatte. Später wohnte ich bei Verwandten in Dublin, während mein Hals sich regenerierte, und fand sogar über das ITT-Branchenbuch einen Job. Eine meiner Tätigkeiten war dabei, dass ich ein Mädchen, das Lohngelder abholte, zu der Bank im Erdgeschoss des Gebäudes begleiten musste.
Als ich erfuhr, dass ein prominenter Republikaner von der Polizei in Dublin festgehalten wurde, beschloss ich, mich als seinen Bruder auszugeben und ihn zu besuchen. Ich konnte auch tatsächlich zu ihm und sagte ihm, ich wolle wieder in Derry aktiv sein, diesmal allerdings als Vollzeit-Volunteer der IRA. Er antwortete, man würde mich dort erfreut aufnehmen und gab mir eine Kontaktperson in Derry an. Als ich mich verabschiedete, war ich das erste Mal seit längerer Zeit besser gelaunt, und sofort ergriffen mich zwei Offiziere des Special Branch-Sondereinsatzkommandos, die mich in einen nahegelegenen Raum schubsten, um mir eine Hart-trifft-Weich-Anwendung zu verpassen. Ich warf ihnen empört vor, solch eine Behandlung hätte ich ja noch nicht einmal bei der britischen Armee erlitten, und sie sollten sich gründlich schämen. Daraufhin ließen sie mich gehen.
Ich verabschiedete mich von dem Mädchen, das ich in Dublin kannte, machte mich dann sofort auf nach Derry zu einem sicheren Kontakthaus in der Bogside und freute mich auf das aufregende Leben als Vollzeit-Volunteer der IRA. Die Sache hatte allerdings einen großen Nachteil, wie ich erst vor kurzem gesehen hatte, und das war die Oberherrschaft der britischen Armee in den Ghettos, die sie während der Erstürmungsaktion namens „Operation Motorman“ und seither auch weiterhin besetzt hielt. Meine Lebenserwartung, gleich ob rein körperlich oder als Dienstleistungszeitraum gesehen, war nicht sonderlich hoch.
Im Januar 1973 kam ich in Derry an und wartete darauf, dass man mich kontaktierte. Schließlich kam jemand und sagte, es würden wahrscheinlich Heckenschützen-Attacken, also Einzelschuss-Angriffe aus großer Entfernung, angeordnet werden, um etwas in Gang zu bringen. Ich organisierte mir einen sehr guten gefälschten Ausweis und begann die Bogside und Brandywell zu patrouillieren, die der Horizont meiner Welt und mein Schlachtfeld werden sollten. Man stellte mir auch verschiedene Familien vor, deren Türen der IRA jederzeit offenstanden, und diese Schlupflöcher waren wie Sauerstoff für meinen frisch geplanten Feldzug. Mit diesem Netzwerk von Verstecken im Hinterkopf begann ich, mich nach Gelegenheiten umzusehen, bei denen ich die britische Armee angreifen konnte. Ich hatte das dringliche Bedürfnis, es dem Armeeoffizier, der mich zuletzt so massiv bedroht hatte, mit gleicher Münze heimzuzahlen. Ich war ja jetzt nicht mehr an ein identifizierbares Zuhause mit vorhersehbaren Wegen und Bewegungen gebunden, und also auch nicht mehr schutzlos den Bedrohungen durch irgendwelche Idioten in Uniform ausgesetzt. Ich wollte nun so viele Angriffe auf die Armee als nur irgend möglich lancieren, bevor diese die Gelegenheit hatte, mich umzubringen. Das war mein alleiniges Lebensziel, als ich achtzehn Jahre alt wurde.
Ich bat einen Verwandten, meine Familie wissen zu lassen, dass er mich gesehen hätte, dass es mir gut ginge und ich in Sicherheit wäre, aber keine weiteren Auskünfte zu geben. Das war zwar kaltherzig, machte aber mein Leben einfacher. Ich konnte es mir nicht mehr leisten, mich an den Gefühlen meiner Familie festzuhalten, ebenso wenig wie jemand, der in die Armee oder in ein Kloster eingetreten war – ich hatte mein Leben der IRA verschrieben und basta.
Soweit ich es beurteilen konnte, waren anscheinend nur fünf von sechs aktiven Leuten in der Bogside und Brandywell übriggeblieben, und diese kleinere, engere IRA-Gemeinschaft gefiel mir besser. In dieser Zeit musste man sich ja praktisch in allen Dingen auf die Anwohner und ganz besonders auf ihr Schweigen verlassen können, da fast jeder Interessierte in kürzester Zeit herausfinden konnte, wer die Aktiven waren. Zu diesen zählten auch zwei Mädchen, die ein Armalite-Gewehr und Munition für mich bereithielten, falls ich als Heckenschütze einen einzelnen Schuss auf eine Armeepatrouille abfeuern wollte. Ich hatte mir die Bogside ziemlich genau angesehen und ein Haus entdeckt, das über eine weite Aussicht verfügte und damit garantierte, dass Fußsoldaten in Sichtweite kommen würden. Wir beschlossen, an einem Nachmittag
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