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The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

Titel: The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shane O'Doherty
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weiter. Mir kam der Gedanke, dass er, so tief wie er flog, schon fast von der Bodenmine erfasst werden könnte. Ein paar Stunden lang geschah nichts mehr, aber nach einem Augenblick der Unaufmerksamkeit sah ich plötzlich an der Straße ein Panzerfahrzeug, das nicht weit von der Bodenmine entfernt geparkt stand. Es musste eine ganze Weile ohne laufenden Motor die Straße hinuntergerollt sein, denn das schrille Geräusch von Rolls-Royce-Motoren konnte man normalerweise schon von sehr weit weg wahrnehmen; ich hatte aber nichts gehört. Nun griff ich nach meinem Sendegerät, legte den Finger auf den Auslöseknopf und schaute durch das Fernglas, aber es war nichts zu sehen, das sich bewegte.
    Mir kam jetzt der Gedanke, dass der Hubschrauber vielleicht etwas ganz anderes bemerkt hatte, was die Männer mit dem Panzerfahrzeug gerade untersuchten. Dann würden sie natürlich auch bald diese Bodenmine entdecken und entschärfen. Irgendetwas musste ich mir jetzt einfallen lassen, aber ich sah so recht nichts, was ich als wahrscheinlich ansehen konnte. Falls die Armee glaubte, dass sich da irgendwo eine Mine befand, dann hielt sie garantiert auch nach demjenigen Ausschau, der den Knopf drücken würde. Da der Hubschrauber aber nicht zurückgekommen war, um den Soldaten Deckung zu geben, ging ich davon aus, dass meine Befürchtung gegenstandslos war. Das Panzerfahrzeug musste aus einem ganz anderen Grund dort stehen. Es war auch zu weit von der Mine entfernt und konnte nicht getroffen werden. Also wartete ich weiter.
    Dann wurde der Motor angelassen und heulte auf. Das Fahrzeug schien auf die Mine zuzufahren, und jetzt drückte ich auf den Knopf. Sofort traf mich eine mächtige Druckwelle in die Brust, Erde und Himmel trafen einen Augenblick lang zusammen und ein ungeheurer Donner polterte durch die Landschaft. Im Nu war ich auf den Beinen und unterwegs zu dem kleinen Bachlauf, noch bevor das Grollen sich gelegt hatte. Während ich über einen kleinen Zaun in das Wasser sprang, krachten Hochdruckgewehrschüsse um mich herum durch die Luft, und ich strampelte auf allen Vieren den Hügel hinauf, wobei meine Jeans an den Knien durchrieben und ich mir die Hände an Steinen aufriss. Es war ganz klar, dass auf mich geschossen wurde, aber woher? Als ich oben ankam, warf ich hinter einem Baum noch einen schnellen Blick zurück und sah die riesige, schwarz aufgewühlte Erdoberfläche und eine beträchtliche Anzahl an Soldaten, die mich verfolgten – der Panzerwagen musste wohl eine Patrouille hinausgelassen haben, bevor ich ihn bemerkte, und die Männer hatten mich erspäht.
    Ich eilte dahin, wo mein Fahrer nervös auf mich wartete. Er sagte, solch eine große Explosion hätte er noch nie gehört. Ich selbst auch nicht – und ich fragte mich, ob der Panzerwagen etwas abbekommen hatte. Es war nicht leicht, ein Panzerfahrzeug überhaupt zu beschädigen. Wir konnten ohne Schwierigkeiten entkommen, da sich ja alle Sicherheitskontrollen nur auf die Fahrtrichtung zur Grenze hin konzentrierten.
    Im Übrigen war es keine gute Idee gewesen, die Bombe an einem Samstagabend zu zünden. Das Ganze war zu spät, um in den meisten Sonntagszeitungen überhaupt noch zu erscheinen. Es gab nur einen kurzen Abschnitt in einer einzigen, und am Montag war die Sache schon längst vergessen. Meine Erkenntnis über die Wirkung von Zwei-Unzen-Bomben in London wurde von dieser sechshundertpfündigen Mine in Nordirland deutlich bestätigt.
    Danach war ich noch eine Weile mit Landeinsätzen beschäftigt. Ein junger Mann war beim Versuch, eine eigentlich ganz sichere funkgesteuerte Bombe an einer Brücke in Tyrone abzulegen, ums Leben gekommen. Diese Brücke wurde von der Armee als Kontrollstelle benutzt. Nun interessierte sich jemand für die Frage, wie es zu einem solchen Unfall kommen konnte, und man bat mich, an derselben Stelle eine vergleichbare Bombe unterzubringen, worauf ich mich auch einließ. Es war bekannt, dass die Armee ein Funksystem hatte, mit dem sie versuchte, auf dem Land mit ständigen Rundum-Peilsignalen funkgesteuerte Bomben zu zünden, bevor die IRA dies tat. Die IRA hingegen war gerade dabei, ein Zündsystem auszutüfteln, das nicht auf eine Rundum-Peilung reagierte. Eine vorzeitige Explosion auf der Brücke wäre mit Schwierigkeiten behaftet.
    Ich sah mir diesen Kontrollposten aus einiger Entfernung an. Er schien unangreifbar zu sein, denn die Polizei der Republik Irland hatte eine Dauerkontrollstelle auf der Südseite der Grenze, von wo

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