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The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)

Titel: The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shane O'Doherty
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nicht aufgeben würde. Wir hatten einen Riesenkrach miteinander, bei dem ich mich weigerte, nach London zurückzukehren. Prompt drohte er damit, dass er mich vors Kriegsgericht bringen würde. Da ließ ich ihn einfach stehen und ging hinaus.
    Meine Londoner Bombenaktion war also beendet, und ich brauchte jetzt eine neue Aufgabe, zumindest bis die Androhung des Kriegsgerichts zurückgezogen wurde. Deshalb suchte ich zu allererst eine Einheit an der Grenze auf, wo man mich kannte und mir vertraute. Dort setzte man mich bei einer Landminen-Aktion gegen ein Panzerfahrzeug der britischen Armee ein. Ich gab verschiedenen einflussreichen Personen zu verstehen, in welcher Lage ich mich befand, und diese sorgten dafür, dass wegen meiner Weigerung, nach London zurückzukehren, nichts gegen mich unternommen werden würde. Bald danach wurde der Übergangs-Kontaktmann, mit dem ich mich verkracht hatte, durch jemand anderen ersetzt.
    Zwar wusste ich nun, dass Bomben in London viel größeres Aufsehen erregten als hundertmal mehr Bomben in Irland. Aber trotzdem und trotz der Ungerechtigkeit, dass junge, jederzeit ersetzbare Soldaten Jahrhunderte britischer Einmischung in Irland mit dem Leben bezahlen mussten, begab ich mich auf ausgetretene Pfade zurück, indem ich mit meinem Hirn und meinen technischen Fähigkeiten gegen diese Armee antrat, einfach deshalb, weil sie da war.
    So kam es, dass ich eines Abends nördlich der inneririschen Grenze beim Licht des Mondes etwas Beeindruckendes mit ansehen konnte. Sechs Männer waren hektisch damit beschäftigt, auf einer unbefestigten Straße eine Grube auszuheben. Als sie mit der Größe des Loches zufrieden waren, setzte ein großer Kipplaster rückwärts davor und schüttete eine Unmenge Sprengstoff in die Grube hinein. Ich trat vor und packte einen fertigen hochexplosiven Sprengsatz am Rand mit hinein. Dann nahm ich etwas Abstand, während die Männer die Straßenoberfläche glätteten und alle überschüssige Erde sorgsam entfernten. Anschließend fuhren sie weg, und nur ich und ein Geländekundiger blieben am Ort. Ich kehrte zu der Bombe zurück und befestigte einen elektronischen Empfänger mit einer fast unsichtbaren Antenne daran. Damit würde ich die Bombe später zünden.
    Es war ein ziemlicher Nervenkitzel, auf mehr als sechshundert Pfund Sprengstoff zu stehen und sich darüber im Klaren zu sein, dass ich, wenn das alles vorzeitig hochginge, nicht mehr viel davon merken würde! Als nächstes wurde ich auf eine Anhöhe geführt, die etwa genauso hoch wie die vergrabene Bombe war. Dort ließ man mich mit einer Thermosflasche Tee und zwei gekochten Eiern zurück, an denen ich mir die Hände in den Hosentaschen wärmte. Mein Versteck bestand aus Buschwerk und Heckensträuchern und bot bei Tageslicht ganz guten Sichtschutz; mitten in der Nacht war es mir aber doch erheblich zu kalt. Im Mondschein konnte ich nicht weit entfernt einen Schuppen erkennen und lief darauf zu. Nie werde ich vergessen, wie vergleichsweise heiß mir die Luft darin vorkam, als ich im Licht meiner Taschenlampe acht Kühe zählte. Ich kletterte auf ein paar Heuballen hinauf und schlief angenehm aufgewärmt ein.
    Ich war schon wach und tatbereit, als die Sonne aufging und ein herrliches gelbes Licht auf das Gras und die Bäume ringsumher warf. Eine Viertelstunde lang überprüfte ich das Gelände mit einem Fernglas, um zu sehen, ob irgendwelche Anzeichen der Armee zu sehen waren. Schließlich erschien es mir sicher genug, zu meinem Versteck zurückzukehren, wobei ich jetzt bei Tageslicht fand, dass es doch zu nahe an der Bombengrube gelegen war. Nun hatte ich darauf zu warten, dass bald ein Panzerfahrzeug vorbeifuhr. Ich sollte es in die Luft sprengen und dann an einem Bach entlang, dessen gewundener Verlauf mir Deckung gab, den kleinen Hügel hinter mir hinaufkriechen. Dann sollte ich abgeholt und in eine andere Richtung gefahren werden, als die Armee erwartete. Praktischerweise ging die Armee immer davon aus, dass Terroristen über die Grenze wollten.
    Während ich in meinem Versteck saß, hörte ich in der Ferne das Brummen eines Hubschraubers und beobachtete, wie er sich genau oberhalb der Straße, wo die Mine gelegt worden war, näherte. Es war die morgendliche Luftpatrouille der Armee, die nach sichtbaren Anzeichen von Bodenminen Ausschau hielt. Ich konnte nur hoffen, dass sie diese hier übersehen würden. Der Hubschrauber flog so dicht über mir, dass ich dachte, ich sei gesehen worden, aber er flog

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