The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)
Stücke von Zündschnüren und anderes belastende Material! In der anderen Jackentasche befand sich genau das gleiche. Ich konnte es nicht fassen, dass ich an der Küste vor lauter Panik vergessen hatte, meine eigenen Taschen zu leeren, und als Strafe für diese unglaubliche Dummheit würde ich jetzt gleich verhaftet werden. Was sollte ich bloß tun? Die Zivilbeamten beobachteten uns ganz genau, aber unsere gespielte Gelassenheit hatte bis jetzt den Eindruck erweckt, dass wir nichts von dem bei uns hatten, wonach sie suchten. Es juckte mir in den Fingern, den Versuch zu wagen, meinen Tascheninhalt hinter mich in den Straßengraben zu werfen, aber ich befürchtete, dabei erwischt zu werden. Es gab nur eine minimale Wahrscheinlichkeit, dass man uns überhaupt nicht durchsuchen würde. Das Risiko musste ich jetzt eingehen.
Nach einer lang andauernden Durchsuchung des Wagens wurde ihnen klar, dass nichts darin war, und die Zivilbeamten waren sehr enttäuscht. Mein Fahrer zeigte sich nach wie vor völlig gelassen – er ahnte ja nicht, dass meine Taschen prall voll von Beweismaterial waren.
„Es tut uns leid, dass wir Sie belästigt haben. Sie dürfen jetzt weiterfahren.“
Ich traute meinen Ohren nicht. Noch während ich mich wieder ins Auto setzte, rechnete ich damit, dass wir doch noch zur Taschenkontrolle und Leibesvisitation wieder aussteigen mussten, aber man ließ uns tatsächlich unbehelligt fahren, und erst nachdem wir eine beträchtliche Entfernung zwischen uns und die Polizisten gebracht hatten, zog ich eine Handvoll Zünder hervor und hielt sie dem Fahrer vors Gesicht ...
All diese Vorfälle spielten sich im Rahmen einer selbstsicheren und erfolgreichen IRA-Kampagne in Derry ab, wo die Bevölkerung sehr viel sichtbare und unsichtbare Hilfestellung leistete. Wir waren derart hoch organisiert und hatten so viele Freiwillige, dass wir uns bei dieser Kampagne der unbeholfen agierenden Armee und der eingeschüchterten Polizei, die hinter ihr stand, haushoch überlegen fühlten. Bei einer weiteren Gelegenheit teilte uns eine unserer Bogside-Einheiten mit, dass die Armee jeden Morgen um acht Uhr einen ihrer Sandsack-Kontrollposten in der Stadtmitte kurzzeitig allein ließ, wahrscheinlich weil er inmitten der allgemein gut überwachten Sicherheitszone der Einkaufsstraßen lag. Diese Einheit wollte, während die Soldaten gerade weg waren, einen kleineren Sprengsatz unter einem Tisch oder Stuhl in diesem Kontrollposten unterbringen, und er sollte hochgehen, sobald sie zurückkehrten.
Ich lieferte ihnen einen hochexplosiven Sprengstab mit einem winzigen Zünder, den ich auf die von der Einheit gewünschte Zeit einstellte. An dem betreffenden Morgen lag ich in einer meiner Unterschlupf-Wohnungen noch im Bett, als ich zu der erwarteten Zeit eine laute Explosion hörte. Der Armeefunk berichtete in einiger Panik, dass der Kontrollposten von innen gesprengt worden war, als die Soldaten gerade wieder hineinwollten. Es war höchst peinlich für die Armee und ein Zeichen der Unverfrorenheit der IRA, dass Bomben genau in den Kontrollposten, die die Innenstadt vor Bomben schützen sollten, abgelegt werden konnten ...
Eines Samstags platzierte ich einen kleinen hochexplosiven Sprengsatz direkt an der Rezeption der Victoria-Polizeikaserne, wo er ohne vorherige Warnung explodierte und nicht nur Sachschaden anrichtete, sondern auch die Moral der Polizei schwer beschädigte. Unsere Brigadeleute hörten den Armee- und Polizeifunk ab, wo die Armee die miserablen Sicherheitsmaßnahmen der Polizei in ihrem eigenen Hauptquartier kommentierte. Welch eine Schmach für die Polizei, dass sie die Victoria-Kaserne evakuieren musste, während Bombenexperten der Armee das Gebäude nach weiteren Sprengsätzen durchsuchten. Wie konnte die Polizei überhaupt irgendwo Sicherheit garantieren, wenn ihr eigenes Hauptquartier schon nicht sicher war? Insgesamt muss man schon sagen, dass wir die Armee und die Polizei in Derry so richtig zum Narren hielten.
VERLETZUNG DES WAFFENSTILLSTANDS
Im Herbst 1974 wurde bei einem Treffen der Brigade das Gefühl geäußert, die Kampagne brauche eine Gelegenheit, ihren militärischen Erfolg in politischen Fortschritt umzuwandeln. Es hatten wohl einige Leute empfohlen, dass ein Waffenstillstand eine solche Gelegenheit bieten könne und dass die britische Regierung unter Umständen zu Verhandlungen über ein Abkommen bereit wäre, welches den Kampfhandlungen ein Ende setzen würde.
Bereits seit einiger Zeit
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