The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)
anderen.«
»Das ist wirklich ein Talent, Marty. Das können nicht viele Leute.«
»Die meisten Leute in dieser Stadt tun genau das: anderen Leuten sagen, wie gut oder schlecht ihre Drehbücher sind, weil sie selbst nicht schreiben können.«
»Ich meine doch nur, vielleicht solltest du es mal für eine Weile in Vollzeit versuchen, bis der Knoten geplatzt ist, den du im Kopf sitzen hast.«
»Du glaubst nicht daran, dass ich es schaffe«, sagte Marty, während er mit seinem Ehering rumspielte. Nach fast einem Jahr hatte er sich immer noch nicht daran gewöhnt. »Du findest nicht, dass ich schreiben kann.«
»Ich finde, wir müssen Geld verdienen. Ich denke, wenn wir uns nicht so viele Sorgen machen müssen, ob wir die Miete zusammenkriegen, wird es dir vielleicht leichter fallen, kreativ zu sein. Du wirst nicht so sehr unter Druck stehen.«
Das machte durchaus Sinn, das konnte er nicht abstreiten. Ihm war sehr bewusst, dass sie die Hauptverdienerin war, dass sie seine langen Nachmittage finanzierte, an denen er auf einen leeren Computerbildschirm starrte. Kreativ gesehen, bremste ihn das aus. Der Wind bremste ihn aus. Ein Buch, das im Regal aus der alphabetischen Ordnung tanzte, bremste ihn aus. Es schien, als bremste ihn alles aus.
Die Wahrheit war, dass er ein Angebot erhalten hatte. Von einem der Sender. Eine Einstiegsposition in der Entwicklungsabteilung, den ganzen Tag Drehbücher lesen. Er hatte ihr nichts davon erzählt, weil er wusste, sie würde wollen, dass er es annähme.
»Ich liebe dich, Marty. Und ich will, dass du glücklich bist und deine Träume verwirklichen kannst.« Sie drehte seinen Kopf zu sich her und gab ihm einen Kuss. »Ich sag doch nur, es ist eine Option, das ist alles.«
Er nickte.
Beth küsste ihn noch einmal, stand auf und tappte nackt den Flur hinunter zur Küche. Gott, er liebte es, sie nackt herumlaufen zu sehen, mit dieser Selbstverständlichkeit. Wie hatte er es nur geschafft, sie zu verführen? Wie hatte er sie nur dazu gebracht, sich in ihn zu verlieben?
Das schwache Grollen schien aus großer Entfernung auf sie zuzurasen, kam jedoch im Handumdrehen bei ihnen an, unerwartet und doch vertraut. Das ganze Haus erzitterte, und schon war alles wieder vorbei, außer Beths Kreischen. Sie rannte ins Schlafzimmer, hechtete auf das Bett und kletterte an Marty hoch, klammerte sich so fest an ihn wie nie zuvor.
»Was war das?«, rief sie, am ganzen Körper zitternd.
»Nur ein Erdbeben.«
»Wie meinst du das, nur ein Erdbeben «, sagte sie. »Heilige Scheiße.«
»Alles ist gut.« Nicht einmal der Hund ließ sich aus der Ruhe bringen, er gähnte und streckte sich quer über Martys Unterwäsche und Socken aus.
»Marty, das ganze Haus hat gewackelt, der Boden hat sich bewegt. Nichts ist gut.«
»Ist doch nur ein Erdbeben«, sagte er, »3,4. Höchstens.«
»Der Boden hat sich bewegt, Marty. Scheiße. Der Boden hat sich bewegt.« Sie begann zu weinen, schluchzte vor Angst und verbarg ihr Gesicht an seiner Brust wie ein verschrecktes Kind. Einen Moment lang war er verwirrt; er verstand einfach nicht, warum ihr eine leichte Erschütterung so große Angst eingejagt hatte.
Und dann dämmerte es ihm und er schämte sich vor sich selbst dafür, dass er es nicht gleich begriffen hatte. Was war er nur für ein Ehemann?
Dies war ihr erstes Mal. Sie hatte noch nie zuvor ein Erdbeben erlebt.
Wie hatte er nur so herablassend sein können? So herzlos? Er hielt sie fest, schuldbewusst, und küsste sie, streichelte ihr Haar, übertrieb es. »Alles in Ordnung. Alles wird gut; es war nur ein ganz kleines. Alles ganz normal.«
»Der Boden hat sich bewegt«, schniefte sie. »Das ist nicht normal.«
»Ich weiß.«
Beth war im Staat Washington geboren und aufgewachsen, und wegen der UCLA, wegen Hollywood nach Kalifornien gezogen. Sie war nicht hier geboren und mit dem regelmäßigen Gepolter aufgewachsen, mit der allgegenwärtigen Gefahr des unausweichlichen, mythischen, schrecklichen Großen Bebens.
Das war eine Vorstellung, die er sicher nicht gerade jetzt mit ihr teilen würde.
»Wir können nicht an einem Ort leben, wo der Boden sich bewegt«, sagte sie. »Wir müssen weg von hier, wir müssen hier raus. Irgendwohin, wo … wo … der Boden am Boden bleibt.«
»Wir können es uns momentan nicht leisten, woandershin zu gehen«, sagte er sanft.
»Sobald wir das Geld haben, gehen wir«, schniefte sie, hob ihren Kopf und schaute ihm in die Augen. »Versprochen?«
»Ich besorge mir morgen
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