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The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

Titel: The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Goldberg
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was ihm passiert war, seit er gestern morgen aufgestanden war. An jenem Morgen waren das Wichtigste, was er im Sinn hatte, die nicht zu bändigenden Brustwarzen von Sally Sorenson gewesen, und die Frage, was er in der Besprechung mit der Rechtsabteilung am Nachmittag über sie sagen würde. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass er, statt über »exzessives Zurschaustellen von Brustwarzen« zu sprechen, die Gower Street hinunterrennen würde, auf der Flucht vor 15 Millionen Tonnen sich aufbäumenden Wassers.
    Nichts im Leben, vielleicht mit Ausnahme von Katastrophenfilmen, hatte ihn darauf vorbereitet, und in vielerlei Hinsicht weigerte sich die Wirklichkeit hartnäckig, sich an die durchaus vernünftigen Regeln eines Irwin Allen zu halten.
    Sollte der Tag nicht eigentlich damit beginnen, dass er mit einigen schrulligen Charakterskizzen in die ethnisch und moralisch sehr vielseitige Gruppe von Überlebenden eingeführt wurde, die er am Hals haben würde?
    Wo waren die todgeweihten Liebenden, der hinterhältige Feigling, das rührende ältere Ehepaar, der idealistische Dummkopf und das sich aufopfernde Unschuldslamm?
    Und sollte seine sexy Angebetete nicht eigentlich an seiner Seite statt eine Randfigur im Off sein?
    Er blieb stehen, um das riesige Pacific Design Center zu betrachten, einen elfstöckigen Klotz aus kobaltblauem Glas, der sich über einen ganzen Häuserblock erstreckte und von den meisten Los Angelenos nur »Der Blaue Wal« genannt wurde. Dahinter stand als noch größeres Gegenstück ein Monolith neueren Datums in Hellgrün, der den meisten Los Angelenos als »Das Hässliche Grüne Ding Hinter Dem Blauen Wal« bekannt war. Für Marty sahen sie aus wie übergroße Aufbewahrungsdosen aus Hartplastik.
    Öffnen Sie einfach den Deckel und lagern Sie Menschen darin, um sie länger frisch zu halten!
    Jetzt sahen beide Gebäude aus, als seien sie von einem Geschwader Architekturkritiker im Sturzflug bombardiert worden.
    Während Marty nachdenklich den Trümmerhaufen betrachtete, dieses erneute Mahnmal der immensen Ausmaße der Katastrophe, die er durchlebt hatte, fragte er sich, wie sein Leben hiernach wohl weitergehen würde, in welcher Weise es ihn verändern würde oder ob es ihn bereits verändert hatte. Es war einfach noch zu früh, als dass er hätte wissen können, wie groß der Schaden war und ob es ihm am Ende wirklich schaden würde.
    Marty setzte sich wieder in Bewegung und spürte unvermittelt, wie der ganze Orangensaft in seinem Magen hin und her schwappte. Also blieb er neben einem Haufen Unrat stehen, blickte sich flüchtig um, öffnete seinen Hosenschlitz und pisste.
    Er fragte sich, warum ihn das nicht so beschämte, wie in der Öffentlichkeit zu kacken, und warum Männer es immer für nötig befanden, gegen irgendetwas zu pinkeln, als eine wütende Stimme seine belanglosen Gedankengänge störte.
    »Schnitt!«
    Zuerst dachte Marty, er hätte es sich eingebildet, als wäre der Geist eines sehr verärgerten Irwin Allen heraufbeschworen worden. Du machst alles falsch! Wo ist das Abbild der Gesellschaft? Wo sind all die Shelley Winters und Red Buttons?
    Doch dann ertönte die Stimme wieder, dieses Mal lauter und ärgerlicher. »Schnitt, gottverdammt noch mal, SCHNITT!«
    Marty war fertig, machte seine Hose zu und drehte sich um. Auf dem Gehweg auf der anderen Straßenseite entdeckte er eine kleine Filmcrew, bestehend aus drei Leuten.
    Der fettleibige Kameramann ließ seine 35-mm-Arriflex sinken und spuckte einen Klumpen Kautabak aus, wobei er um ein Haar seinen schlaksigen Assistenten getroffen hätte, der die Kameraausrüstung schleppte und ansonsten völlig in einer Benommenheit gefangen war, die wahrscheinlich einen Tag zuvor mit dem ersten Grollen des Bebens begonnen hatte. Sie wirkten auf Marty wie die postapokalyptischen Skipper und Gilligan.
    Ein Typ marschierte über die Straße auf Marty zu, und er erkannte sofort den Regisseur in ihm, denn das Einzige, was er trug, waren die entsprechende Haltung und eine Zigarette zwischen seinen Lippen. Das wäre dann wohl der postapokalyptische Thurston Howell, nur in einer etwas abgespeckten und, dem neuen Jahrtausend angemessen, cooleren Ausgabe.
    »Wirklich, du warst fabelhaft. Sehr ungewöhnlich. Meinst du, du könntest genau das gleiche noch einmal machen, nur dieses Mal ohne zu pissen?«
    »Was hab ich denn gemacht?«
    »Du warst Mensch im Bild.« Der Regisseur hielt seine Hände vor sein Gesicht und formte mit Daumen und Zeigefinger die unteren

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