The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
schlaffe Gesicht des Arztes, voller Blut, im Tod erstarrt.
»Ich … er war ein guter Freund«, fügt Martinez schließlich hinzu. »Auch ich werde ihn vermissen.«
Alice nickt ein letztes Mal und wendet sich dann von dem Toten ab, der nur zu bald ein Untoter sein wird.
Ohne ein weiteres Wort schnappt Martinez sich das Maschinengewehr und gibt den anderen mit einer Geste zu verstehen, dass sie ihm folgen sollen. Er führt sie in eine Seitenstraße – in Richtung Stadtrand –, und ihre Silhouetten sind in Sekundenschnelle von der absoluten, unerbittlichen Dunkelheit verschluckt.
»Verdammt noch mal, Kleines … iss endlich!« Der Governor geht auf dem stinkenden Teppich seines Wohnzimmers in die Knie und lässt einen menschlichen Fuß am großen Zeh vor dem untoten, kleinen Mädchen hin und her baumeln. Das japanische Schwert liegt auf dem Boden neben ihm – ein Schatz, ein Talisman, ein Stück Kriegsbeute, das der Governor seit dem Debakel des Kampfes keinen Augenblick lang aus den Augen gelassen hat –, aber die Implikationen dessen hat er momentan verdrängt. »Es ist nicht mehr das frischeste Stück«, gibt er zu und deutet auf den grauen Brocken Fleisch in seinen Händen, »aber ich schwöre dir, dass es noch vor wenigen Stunden auf eigenen Füßen gestanden hat.«
Der winzige Kadaver zerrt an seiner Kette, ist einen halben Meter vom Governor entfernt. Er stößt ein kleines Brummen aus – wie eine kaputte Sprechpuppe – und wendet seine glasigen Augen von dem Leckerbissen.
»Los, Penny. So schlimm ist es nun auch wieder nicht.« Er nähert sich seiner Tochter und hält ihr das tropfende Körperglied hin. Es ist recht groß, schwer zu sagen, ob es einmal einem Mann oder einer Frau gehört hat – die Zehen aber sind verhältnismäßig klein und ohne jegliche Spuren von Nagellack. Es hat bereits eine bläulich grüne Farbe angenommen und ist ganz starr. »Und besser wird es auch nicht, wenn du es nicht gleich isst. Los, Süßes, sei brav und tu Papa einen …«
Ein lautes Klopfen lässt den auf dem Boden knienden Governor aufschrecken.
»Was zum Teufel!« Er dreht sich zur Tür und krabbelt durch das Zimmer.
Wieder ertönt das laute Klopfen. Der Governor richtet sich auf.
Ein drittes Klopfen ist so heftig, dass der Putz von der Trockenbaudecke bröselt und die Tür in den Angeln wackelt.
»Was zum Teufel wollt ihr denn?«, ruft er. »Und hört endlich auf, so hart gegen die Tür zu schlagen!«
Beim vierten Mal fliegen die Schrauben des Bolzenschlosses aus dem Türrahmen, und die Tür schwingt mit einem solchen Krachen auf, dass sich die Klinke in die dahinterliegende Wand eingräbt.
Der Eindringling tritt in einem Wirbelwind in die Wohnung des Governors.
Philip Blake erstarrt mitten im Wohnzimmer – er ballt die Hände zu Fäusten, beißt die Zähne zusammen und scheint einen Augenblick nicht zu wissen, ob er dableiben oder fliehen soll. Er hat den Eindruck, als ob er einen Geist sieht, der sich gerade neben seinem gebrauchten Sofa materialisiert hat.
Michonne stürzt in die Wohnung, fällt vor lauter Schwung beinahe zu Boden.
Sie rutscht, fängt sich dann aber und gewinnt einen knappen Meter vor dem Ziel ihrer Mission das Gleichgewicht wieder.
Einen Moment lang stehen sie sich gegenüber. Michonne hat ihr Erscheinungsbild auf dem Weg zum Governor etwas geordnet – ihr Overall sitzt vernünftig, die dicken Dreadlocks sind mit einem Haarband gebändigt, und sie macht generell einen aufgeräumten Eindruck, als könnte sie zur Arbeit oder auf eine Beerdigung gehen. Nach einer unglaublich langen Pause – die beiden Krieger starren einander beinahe pathologisch intensiv an – ist es der Governor, der sich als Erster zu Wort meldet.
»So, so.« Seine Stimme ist tonlos, tief, kalt und lässt jegliche Emotion vermissen. »Das sollte interessant werden.«
Siebzehn
J etzt bin ich dran«, sagt Lilly. Ihre Stimme geht in dem Lärm der Zikaden und den im Wind raschelnden Ästen um die kleine Lichtung fast unter. Sie holt einen Schnappschuss von Megan und sich in einer Bar am Myrtle Beach hervor. Er zeigt sie beide im Vollrausch – die Augen sind ganz glasig und so rot wie verglimmende Kohle. Sie steht auf und geht zu dem Loch. »Das ist für meine beste Freundin, meine einzige Freundin, meine längste Freundin, meine Megan – möge sie in Frieden ruhen.«
Das Foto flattert im Wind und fällt wie ein verwelktes Blatt in die Feuerkuhle.
»Auf Megan«, stimmt Austin mit ein und
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