The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
nimmt einen weiteren Schluck von dem zuckersüßen Getränk. »Okay … als Nächstes … meine Brüder .« Er zieht eine kleine, rostige Mundharmonika aus der Tasche. »Ich möchte auf meine Brüder John und Tommy Ballard trinken, die letztes Jahr von Beißern in Atlanta angefallen und getötet worden sind.«
Er wirft die Mundharmonika in das Loch. Das kleine, metallene Objekt prallt auf dem Boden auf. Austin starrt darauf, der Blick in seinen feuchten Augen schweift in die Ferne. »Super Musiker, krasse Typen … Ich hoffe, dass sie jetzt an einem besseren Ort sind.«
Austin wischt sich die Augen, und Lilly hebt ihren Becher und sagt leise: »Auf John und Tommy.«
Sie trinken erneut.
»Mein nächster ist vielleicht ein bisschen komisch«, entschuldigt sich Lilly und hält eine kleine .22-Kaliber-Patrone zwischen Daumen und Zeigefinger. Das Metall glänzt im Mondlicht. »Wir sind vom Tod umzingelt, Tag für Tag; der Tod ist überall«, fährt sie fort. »Am liebsten würde ich ihn da reinschmeißen … Ich weiß, dass es nichts ändern wird, aber ich will sie trotzdem in das Loch werfen. Für das Baby. Für Woodbury.«
Sie wirft die Patrone in die Feuerkuhle.
Austin starrt auf die kleine Kugel und meint dann: »Auf unser Baby.«
Lilly hebt den Becher. »Auf unser Baby … und auf die Zukunft.« Sie überlegt einen Augenblick. »Und auf die Menschheit.«
Jetzt starren beide auf die Patrone.
»Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes«, sagt Lilly mit sanfter Stimme und kann den Blick nicht abwenden.
Ein Kampf – ein plötzliches Handgemenge – kann in den verschiedensten Formen auftreten. Im Fernen Osten hat das Kämpfen eine dem Zen ähnliche Qualität, ist studiert, kontrolliert, akademisch – die Gegner können beide viele Jahre Training aufweisen, haben Erfahrungen gesammelt und kämpfen mit einer mathematischen Präzision gegeneinander. In Asien lernt der Schwächere, die Stärken des Gegners zu seinem Vorteil zu nutzen, und die Kämpfe sind in der Regel rasch vorbei. Am anderen Ende des Spektrums, in den zahllosen Boxringen auf der ganzen Welt, können Freestyle-Kämpfe Stunden dauern und über viele Runden gehen. Das Ende wird von der körperlichen Verfassung der beiden Streithähne bestimmt.
Eine dritte Art des Faustkampfes herrscht in den dunklen Seitengassen amerikanischer Städte vor, in denen die Kämpfer an einer völlig anderen Art von Kampf teilnehmen. Schnell, brutal und völlig unvorhersehbar – manchmal gar plump und ungeschickt –, ist der gemeine Straßenkampf innerhalb weniger Sekunden vorbei. Straßenkämpfer haben eine Vorliebe dafür, ihre Gegner mit Schlägen und Hieben einzudecken, planlos, wutentbrannt, und die ganze Show endet normalerweise in einem Unentschieden … oder schlimmer noch, einer zieht ein Messer oder eine Knarre und beendet das Ganze vorzeitig – tödlich.
Der Kampf, der in dem stinkenden, spärlich beleuchteten Wohnzimmer des Governors stattfindet, ist eine Mischung aus diesen drei Stilen und dauert genau siebenundachtzig Sekunden – und in den ersten fünf passiert so gut wie nichts, was man Kämpfen nennen kann. Die beiden Gegner stehen wie angewurzelt da und starren einander an.
Während dieser ersten fünf Sekunden tauschen sie unzählige unausgesprochene Informationen aus. Michonne hat den Blick felsenfest auf den Governor gerichtet, der den seinen ebenfalls nicht von ihr ablässt – keiner der beiden Kämpfer blinzelt mit den Augen –, und die Luft in dem Raum scheint zu kristallisieren, in Eis gefangen zu werden.
Dann, in der dritten Sekunde, wendet der Governor den Blick für eine Millisekunde von seiner Gegnerin ab und schaut nach rechts.
Er registriert sowohl das Kind als auch das Schwert – beides in Reichweite. Penny scheint das menschliche Drama, das sich vor ihren Augen abspielt, gar nicht zu bemerken. Ihr bleifarbenes, teigiges Gesicht steckt tief in einem Eimer mit Eingeweiden und Innereien, während das Schwert im trüben Licht einer nackten Glühbirne glänzt.
Der Governor tut sein Bestes während dieser Millisekunde, um die Spur von Panik und Sorge für sein totes Kind aus seiner Miene zu halten. Beide Emotionen schießen gleichzeitig durch seinen Schädel – das menschliche Gehirn kann komplexe Sachverhalte im Handumdrehen erfassen, benötigt dafür weniger Zeit, als eine Synapse zum Senden braucht. Vielleicht kann er sich ja auch das Schwert schnappen und den Kampf frühzeitig beenden.
In
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