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The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)

The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)

Titel: The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Winnacker
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jetzt helfen. Irgendwas müssen wir doch tun.«
    »Wir müssen seine Wünsche respektieren«, sagte Karen. »Er wollte, dass ihr ihn so in Erinnerung behaltet, wie er war: als liebenden Vater und ehrbaren Mann – und nicht als rasende Bestie. Er hat sich dafür entschieden, euch vor sich zu beschützen. Das ist sehr mutig.«
    Das war zu viel. Ich rannte aus dem Cottage. Meine Füße wirbelten Schotter auf, bis sie den feuchten weichen Erdboden des Weinbergs erreichten. Ich stolper te über ein paar Wurzeln. Meine Knie knallten auf den schlammigen Boden, meine Finger bohrten sich in die Erde. Ich beugte mich vor und würgte.
    Warme Hände strichen mir die Haare aus dem Ge sicht, damit es nicht schmutzig wurde. Dann schloss sich ein starker Arm um meine Hüfte. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Joshua mir gefolgt war.
    »Pssst. Alles wird gut.«
    Wenn das doch nur die Wahrheit gewesen wäre. Ich wünschte es mir so sehr. Aber mir war natürlich bewusst, dass er mich mit diesen Worten nur trösten wollte – ohne sie auch nur ansatzweise ehrlich zu meinen.
    »Lass mich los.« Ich versuchte, ihn von mir wegzudrü cken, doch er presste mich gegen seine Brust, legte seine Arme um mich, bis ich kaum noch atmen konnte. Und selbst das schien noch nicht fest genug zu sein.
    Ich vergrub meine Nase in seinem Nacken und schloss die Augen, doch die Tränen fanden trotzdem ihren Weg. »Ich darf ihn nicht verlieren. Ich will ihn nicht verlieren. Wir dürfen ihn nicht sterben lassen. Wir müssen etwas tun«, flüsterte ich.
    Er hielt mich, während ich schluchzte, hielt mich, als ich sein Hemd mit meinen Tränen benetzte, hielt mich, als der Regen auf uns niederprasselte. Und in diesem Augenblick wollte ich ihn nie wieder loslassen.
    Ein heller silberner Lichtstrahl fiel durch das Fenster auf Mias schlafendes Gesicht und brachte die Tränenspuren auf ihren Wangen zum Schimmern. Im Haus war alles ruhig. Ich nahm Mias Hände von meiner Hüfte und setzte mich auf. Ihre Lider flatterten. Ich hielt den Atem an, und einen Augenblick später schmiegte sie sich in das Kissen zurück. Ich zog mich an und schlich durch den Korridor. Alles war dunkel und still, doch irgendjemand hielt auf dem Dach Wache.
    Aus Geoffreys Zimmer drang ein Schnarchen. Rachel dagegen war offenbar noch wach. Ich schlich nach unten. Jede knarrende Treppenstufe ließ mich zusammenfah ren. Auf Zehenspitzen ging ich zur Vordertür, als ich oben Schritte hörte. Ich war so nahe an der Tür. Ich konnte es schaffen.
    Eine Gestalt erschien oben auf der Treppe und machte sich auf den Weg nach unten, wobei sie sich am Geländer festhielt. Sie erreichte die letzte Stufe und ging ins Badezimmer. Ich hielt den Atem an und betete, dass sie mich im Schatten nicht bemerkte. Fahles Licht fiel auf Rachels Gesicht, dann schloss sie die Tür. Ich blieb wie erstarrt stehen und hörte, wie sie sich übergab. Das lag an den Albträumen. Manchmal wachte man auf, weil einem ganz plötzlich speiübel war. Um Rachel konnte ich mich jetzt allerdings nicht kümmern – ich hatte Wichtigeres zu tun.
    Ich verließ das Haus und schlich über den Vorplatz. Bei der Vorstellung, Mia im Stich zu lassen, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Der Horizont färbte sich bereits grau. Bald würden alle auf den Beinen sein, aber da war ich schon längst über alle Berge. Ich eilte zum Lincoln und glitt hinter das Lenkrad. Eine Gestalt erschien vor dem Beifahrerfenster. Ich unterdrückte einen Schrei. Meine Hand fuhr zu meiner Waffe. Die Tür öffnete sich. Bobby steckte seinen Kopf mit den blonden Wuschelhaaren in den Wagen.
    »Was willst du denn hier?«, flüsterte ich.
    »Dasselbe wie du. Dad suchen.« Er ließ sich in den Beifahrersitz fallen und schnallte sich an. »Das hast du doch vor, oder?«
    »Ja«, sagte ich. »Aber das sollte ich lieber alleine machen.«
    Er streckte das Kinn vor – wie er es immer tat, wenn er seinen Dickschädel durchsetzen wollte. »Er ist auch mein Dad.«
    Das stimmte. Er hatte genauso viel Recht, sich auf die Suche nach Dad zu machen, wie ich. »Du hast noch deinen Schlafanzug an.«
    »Wenn mich jemand erwischt hätte, hätte ich so getan, als würde ich schlafwandeln«, sagte er. Darüber musste ich trotz allem grinsen. Ich war stolz, dass er mir beiste hen wollte, und froh, dass mich jemand begleitete, auf den ich mich verlassen konnte. Wir waren eine Familie.
    Ich ließ den Motor an und fuhr durch das Eingangstor.
    »Fahren wir direkt nach Hause?«, fragte

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