Thea und Nat
nur einen Moment vor den Taxis gestanden und überlegt, ob ich eins nehmen soll.«
»Sahen die Fahrer nicht freundlich aus?«
»Ich wollte lieber auf dich warten. Irgendwann mußtest du ja hier ankommen.«
»Du wußtest, daß ich dich suchen würde?«
Nat nickte.
»Ich bin ja nicht warm genug angezogen«, sagte er.
»Das ist die Batterie«, sagte der Mann von der Tankstelle, den Thea am anderen Tag zu Nats Auto holte.
Er schloß das Ladegerät an.
»Das Licht hat ja auch lange genug gebrannt. Ich dachte mir schon, daß Herr Landman es vergessen hat. Ich wollte auch noch klingeln bei Ihnen. Doch es war schon ziemlich spät.«
»Wann war das?« fragte Thea.
»Muß wohl vorgestern gewesen sein.«
»Ich habe es wahrscheinlich brennen lassen, als ich vom Blumenladen kam«, sagte Nat.
»Du hast mir doch erzählt, du hättest die Bestellung telefonisch aufgegeben.«
»Sie wollten es nicht auf Rechnung machen. So gute Kunden sind wir da ja nicht.«
Thea ging zu Nats Schreibtisch und nahm die Post, die sie eben mit nach oben gebracht hatte. Sie gab ihm den Brief mit dem Aufdruck des Blumenladens.
»Das ist die Rechnung, nehme ich an.«
Nat riß den Umschlag auf.
»Du hast recht.«
»Ruf an und sag ihnen, daß die Rosen schon bezahlt sind.«
»Nein«, sagte Nat, »sind sie nicht. Ich habe gelogen.«
»Mal wieder.«
»Ich dachte, du würdest die Idee, mich in der Stadt auszusetzen, fallenlassen, wenn der Wagen streikt.«
»Darum hast du die Lampen nicht ausgeschaltet?«
»Darum habe ich sie eingeschaltet. Ich bin nicht gefahren.«
»Es ist erstaunlich, was du für eine Energie entwickeln kannst, wenn es gilt, meine Pläne zu durchkreuzen.«
»Angst ist eine gute Energiequelle«, sagte Nat.
»Angst?«
»Vor der Verlegenheit.«
»Du läßt die Batterie in deinem Auto leerbrennen aus Angst vor Verlegenheit?«
»Versteh mich doch.«
»Was macht dich verlegen? Wenn du jemanden um Hilfe fragen mußt?«
»Die Verlegenheit der anderen ist schlimmer«, sagte Nat.
»Du schwebtest immer schon zwischen Menschenscheu und Zirkusaffe.«
»Ich weiß wirklich nicht, warum du dich für den sensibleren Teil von uns beiden hältst«, sagte Nat, »denk mal daran, was heute für ein Tag ist, bevor du mit dem großen Hammer kommst.«
»O nein«, sagte Thea, »ich kenne deine Vorliebe für Jahrestage. Aber den bitte nicht.«
»Am schlimmsten ist die Angst, daß du abhaust.«
»Du bist dir doch meiner so sicher.«
»Meine Gedanken kreisen nur darum, wie ich dich von der Tür fernhalten kann.«
»Wenn du dich nicht immer davorgeworfen hättest, wären unsere Chancen größer gewesen.«
»Wenn ich ein anderer wäre«, sagte Nat, »einer, der loslaufen kann und eigene Wege gehen.«
»Man muß nicht loslaufen können, um eigene Wege zu gehen. Die bist du nie gegangen.«
»Doch«, sagte Nat, »einen ziemlich dunklen, und den habe ich auch noch für dich genommen.«
»Sprich dich aus, wenn du ein Geheimnis hast«, sagte Thea, »das könnte dich spannender machen.«
Nat sagte nichts. Er senkte den Kopf und schaute auf seine Hose und fing an, den Daumennagel durch die Rillen der Cordhose zu ziehen.
»Willst du einen Whisky?« fragte Thea.
»Es ist noch nicht mal Mittag«, sagte Nat.
»Du inszenierst dich heute tatsächlich neu«, sagte Thea.
»Wäre das Zusammensein mit mir spannender, wenn ich wieder durch die Gegend springen könnte?«
»Der einzige Grund, warum ich noch hier bin, ist, daß du es nicht mehr kannst und ich schuld daran habe«, sagte Thea und hatte schon im nächsten Moment das Gefühl, einen großen Fehler gemacht zu haben. »Was ist das überhaupt für eine seltsame Frage.«
»Heute nacht habe ich geträumt, daß du die Decke hochgeschlagen und mir deinen spitzen Daumennagel in die Hüfte gebohrt hättest.«
Thea schaute ihre Nägel an, die alle kurzgeschnitten waren und stumpf. Nat irrte sich. Sie hatte es mit dem Stiel ihres Kammes getan, der noch in der Tasche ihres Bademantels gewesen war. »Hast du das gespürt?«
»Ich habe es geträumt«, sagte Nat.
»Die Stelle lag unterhalb des vierten Wirbels.«
»Ich habe es nicht gespürt«, sagte Nat gereizt, »ich war wach, weil ich darauf gewartet habe, daß du endlich ins Bett kommst.«
»Dann hättest du doch mitkriegen müssen, daß ich einen Kamm in der Hand hatte.«
»Ich habe die Augen schnell geschlossen, um mitzukriegen, was du vorhattest. Du schnappst allmählich über.«
»Ein Gefangenensyndrom«, sagte Thea.
»Du traust mir
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