Thea und Nat
zu, daß ich dir und mir eine Farce antue, um dich mitsamt deinem Gewissen an mich zu fesseln?«
»Ja«, sagte Thea, »das traue ich dir zu.«
»Traue mir zu, daß ich mich nicht vor die Tür, sondern in den nächsten Abgrund werfe, wenn du dich davonmachst.«
»Drohst du mir mit Selbstmord?«
»Ja«, sagte Nat.
»Du weißt, daß ich da empfindlich bin.«
»Ja«, sagte Nat.
»Ich lege lieber selbst Hand an dich, statt mit deinen Drohungen zu leben.«
»Was soll das heißen?« fragte Nat. »Hüte dich vor Abgründen«, sagte Thea.
Es war Thea, die in dieser Nacht nah sein wollte. Als hätte sie zu harte Worte gemacht. Nat nahm ihre Nähe dankbar an. Thea streichelte Nats mageren Körper, und als sie sich auf ihn legte, stießen ihre Beckenknochen an seine.
»Sag mir, daß ich in dir bin«, sagte Nat.
»Du spürst nichts?«
»Nein«, sagte Nat.
»Und die Erektion?«
»Dank deiner Hände«, sagte Nat, »ich genieße deine Sanftheit. Sie läßt mich hoffen, daß du mich nicht mordest.«
»Ein Trugschluß«, sagte Thea, »Mord und Liebe leben miteinander.«
»Hast du Liebe gesagt?«
»Nein«, sagte Thea.
Thea blieb noch lange wach. Sie lag mit aufgestützten Armen und sah Nat zu, der schlaftrunken den Versuch aufgab, sich auf den Bauch zu legen. Die einzige Lage, in der er gut schlief. Doch er atmete wieder ganz ruhig, als Thea sich zum Schlafen zusammenrollte. Mit dem Rücken zu Nat. Die Knie ans Kinn gezogen. Erst als sie eingeschlafen war, drehte Nat sich um.
Nat suchte nach den Rasierklingen, als sein Blick auf die kleine silberfarbene Schablone fiel.
»Du nimmst die Pille? Doch nicht wegen mir.«
»Du meinst, das lohnt nicht?«
»Ich meine, daß es schön wäre, wenn du schwanger würdest.«
»Ich will kein Kind von dir«, sagte Thea, »das haben wir schon in besseren Zeiten zur Genüge diskutiert.«
Sie ließ den Fön laufen.
»Ich will«, sagte Nat laut in den Lärm, »Wunder dürfen nicht ignoriert werden.«
»Dann such dir eine Mutter«, sagte Thea.
»Was hast du gegen Kinder?« fragte Nat. »Du hast dich immer schon so damit angestellt.«
»Dann respektiere das, und rasiere dir den Schaum aus dem Gesicht.«
»Schalte den Fön aus, und laß uns darüber reden«, sagte Nat.
Er legte eine Klinge in den Apparat und fing an, sich zu rasieren.
»Ich habe es satt, daß du dir entweder die Haare wäschst oder trocknest, wenn ich was Wichtiges mit dir zu besprechen habe.«
»Warum willst du das auch immer im Badezimmer?« fragte Thea.
»Da läufst du mir nicht so schnell weg«, sagte Nat, »dein Haar ist schon längst trocken. Du hast ja inzwischen auch kürzeres als ich.«
»Gefällt dir das nicht?«
»Doch«, sagte Nat, »was soll es auch. Wenn ich den Wunsch äußern würde, daß du es wieder länger trägst, würdest du dir einen Igel schneiden lassen.«
Thea stellte den Fön ab und setzte sich auf den Rand der Badewanne.
»Was ist so schrecklich an Kindern?« fragte Nat.
»Die Eltern«, sagte Thea.
»Was hat dir die gute Gloria nur getan.«
Thea stand auf und stellte sich neben ihn vor den Spiegel.
Nat nahm den letzten Schaum mit dem Handtuch weg.
»Ich habe keine Lust, darüber zu reden«, sagte Thea, »ich lade mir keine kleinen Biester auf. Deine schon gar nicht.«
»Eben hatten die Eltern noch deine Antipathie.«
»Kinder von uns beiden würden Biester werden. Wir wären schreckliche Eltern.«
»Glaub' ich nicht. Ich hätte das Kind den ganzen Tag auf dem Schoß.«
»Schaff dir eine Katze an, oder spiel mit deiner Puppe.«
»Ich hatte mal eine Katze«, sagte Nat, »doch ich durfte sie nicht behalten, weil sie haarte.«
»Das tun Katzen nun mal.«
»Louise kümmerte es einen Kehricht, was Katzen und Kinder nun mal tun. Leg die Klingen in das untere Fach. An die anderen komme ich nicht ran.«
»Entschuldige«, sagte Thea, »dein Sturm auf Louises Denkmal erschüttert mich so.«
»Es geht mir zu schlecht, um länger Mitleid mit ihr zu haben.«
Thea legte die Schachtel mit den Rasierklingen in das untere Fach des Schränkchens und holte einen Lippenstift heraus.
»Warum Mitleid?« fragte sie. »Weil sie jung sterben mußte?«
»Ist zweiundsechzig jung?«
»Ja«, sagte Thea.
Sie drehte den Stift aus der Messinghülse und schminkte den Mund mit dem Rot, das Private Paradise hieß.
»Du nimmst Lippenstift?« fragte Nat.
»Ich lechze nach Veränderung«, sagte Thea.
Sie schmollte die Lippen und leckte mit der Zunge über die Zähne.
»Sieht aus wie eine
Weitere Kostenlose Bücher