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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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sagte Nat.
    »Dein Vater hat mir erzählt, daß du als Kind immer krank geworden bist, wenn du deinen Willen durchsetzen wolltest. Deine Mutter hat ihn dann herbeizitiert, um mit ihm an deinem Bett zu wachen.«
    »Das war wohl mehr meine Mutter, die da Druck ausüben wollte. Ich war nur das Werkzeug.«
    »Ein williges, und gelernt hast du dabei auch was.«
    »Hör auf«, sagte Nat.
    »Ich habe den Kleinen wiedergesehen.«
    Thea hatte keine Ahnung, warum sie das sagte.
    Nat sah auf.
    »Den Kleinen?« fragte er.
    »Den aus der Kirche.«
    »Du hast ihn getroffen?«
    »Wir standen zufällig zusammen an einer Bushaltestelle«, sagte Thea und überlegte, ob Nat den Kleinen auch gesehen haben konnte.
    »Hast du mit ihm gesprochen?«
    Thea sah, daß Nat seine Fingernägel in die Handballen bohrte. Seine Knöchel wurden ganz weiß.
    »Ja«, sagte sie. »Was hat er gesagt?«
    »Der Rollstuhl hat ihn irritiert.«
    »Hat er mich denn vorher gekannt?«
    »Er hat dich im Dezember gesehen.«
    »Welchen Dezember?« fragte Nat.
    »Den vor sechs Wochen.«
    »Und da bin ich ihm über den Weg gelaufen?«
    »Ja«, sagte Thea.
    »Gelaufen?«
    »So habe ich ihn verstanden«, sagte Thea und dachte, daß sie den Verstand verloren hatte. Sie wußte selber nicht, auf was sie hinauswollte.
    »Völliger Quatsch«, sagte Nat, »er verwechselt mich.«
    »Warum krampfst du deine Hände so zusammen?« fragte Thea.
    Nat sah auf seine Hände und öffnete sie.
    »Weil mich die Gespräche mit dir fertigmachen«, sagte er.
    Thea stand auf und nahm das Tablett und stellte auch noch die leere Whiskyflasche darauf.
    »Wo will er mich denn überhaupt gesehen haben?«
    Thea zögerte.
    »Es war keine Zeit für große Gespräche«, sagte sie schließlich, »aber ich habe seine Telefonnummer.«
    Als sie hinausging, fing Nat an zu weinen. Thea hörte es noch in der Küche, als sie die Tassen in die Spülmaschine stellte. Sie hatte in den letzten Tagen nicht mehr an den Kleinen gedacht. Sie hatte überhaupt nicht mehr an ihn denken wollen. Nats Heulerei machte ihn wieder wichtig. Thea schaute in den Geschirrspüler, in dem jetzt nur die Tassen und die kleinen Teller waren und die Teelöffel. Sie stellte noch die Gläser dazu, die nicht hineingehörten, weil sie die Hitze nicht vertrugen. Sie schaltete die Maschine ein. Trotzdem hörte sie Nat.
    »Trockne deine Tränen«, sagte Thea, als sie wieder ins Zimmer kam.
    Nat legte den Kopf in den Nacken, um die Tränen am Laufen zu hindern. Doch sein Gesicht war schon naß.
    »Du siehst sonst nur verheult aus, und das junge Paar hat einen Anlaß für dämliche Kommentare.«
    »Ich habe keine Lust, mit ihm und Sarah essen zu gehen.«
    »Nimm dich zusammen«, sagte Thea.
    »Nein«, sagte Nat.
    »Dann gebe ich das elende Zusammennehmen auch auf.«
    »Immer muß ich Erwartungen erfüllen«, sagte Nat.
    »Erzähl mir lieber, was der Kleine von dir wissen kann.«
    »Keine Ahnung. Ich vermute, daß es Anmache ist. Er spürt, daß er mich bei dir verdächtig machen muß, um an dich ranzukommen. Da bist du empfänglich.«
    »Das kann es nicht sein. Ich bin der Typ von überspannten Engländern«, sagte Thea, »nicht von kleinen Männern in großen Fischgrätmänteln.«
    Sie setzte sich wieder auf die Lehne des Sofas. Sie schlug die Beine übereinander und wippte mit dem linken Fuß.
    »Du hast neue Schuhe.«
    »Ja«, sagte Thea.
    Der lila Wildlederschuh löste sich und fiel herunter.
    »Lieben Sie auch immer Juden?« fragte Thea.
    »Was?« fragte Nat.
    »Alma Mahler hat das gesagt. Als Gustav Mahler kam oder Franz Werfel.«
    »Liebst du mich deswegen?«
    »Hör auf, Fangfragen über die Liebe zu stellen.«
    »Wann sollen wir im Restaurant sein?« fragte Nat.
    Nat unterschrieb die Verzichterklärung auf das väterliche Erbe zum Dessert, das er nicht genommen hatte.
    Thea legte den Löffel in die Vanillecreme und sah Sarah an, die das Papier gegen das Licht hielt und auf die Unterschrift guckte, als glaubte sie, Nat habe mit einer Geheimtinte geschrieben, die gleich verschwinden könnte.
    Nat sah den Tintenfleck an, den sein alter Füllfederhalter am Mittelfinger seiner rechten Hand gelassen hatte. Nathaniel Landman aß sein Sorbet und schien nichts zu tun zu haben mit der Aktion, die Nat einige hunderttausend Pfund kostete. Es schmerzte Nat nicht sehr. Er hatte das Geld der Feingolds geerbt und konnte gut leben. Sollten Sarah und ihr Kind das Geld seines Vaters haben.
    »Be a better father to the new child«, sagte Nat.
    Nathaniel

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