Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition)
Fünfter Stock, achter Stock, ebenfalls Schüler des Sammelbeckens für zukünftige gescheiterte Existenzen.
„ Na Blondie, haste deine Ehefrau-Pussy zur Schule gebracht?“, provozierte Bahia ihn und Pax kicherte. Er kicherte eigentlich immer, wenn Bahia etwas sagte, obwohl Bahia ungefähr so viel Humor aufwies, wie ein lobotomierter Zuchtbulle.
„ So sieht's aus“, erwiderte Tornado ruhig. Er war nicht auf Ärger aus.
„ Du weißt schon, der wäre längst gefressen, wenn du nicht auf Kindermädchen machen würdest.“
Tornado zuckte die Achseln und wandte sich zum Gehen.
„Ich weiß eigentlich gar nicht wieso“, sagte Bahia, vorgebend, er spräche mit Pax. „Der ist ja keiner mehr von uns. Was bedeutet so ein Schutz da schon noch großartig?“
Tornado spannte den Rücken an. Seelenruhig ging er weiter, aber seine Augen hielten bereits Ausschau.
„Was glaubst du, was los wäre, wenn wir ihm zeigen, dass seine kleine Pussy nicht unangreifbar ist?“, Menschenfleisch-Bahia und sein Freund liefen langsam entlang der Mauer der Bezirksbibliothek hinter ihm her. Es war klar, worauf das Ganze hinauslief.
„ Aber es ist langweilig, weil der sich ja nicht wehrt ...“, warf Pax unzufrieden ein. Er hatte offensichtlich nicht begriffen, wem die Worte in Wahrheit galten.
Wieder zuckte Tornado betont desinteressiert mit den Schultern, als er fand, wonach seine Augen suchten.
Er blieb stehen und tat, als wolle er seine Schnürsenkel zubinden, um nach der leeren Flasche Kakao zu greifen, deren dunkler Bodensatz ranzig schimmerte, um sie mit einer raschen Bewegung in seiner Jackentasche zu verstauen. Er sprang auf, wirbelte herum, packte in einem Überraschungsangriff Bahia am Kragen seines Parkas und wuchtete ihn gegen die Mauer, der Hinterkopf traf knirschend auf dem Zement auf. Wenn zwei oder mehrere Schläger eine offensichtliche Hierarchie hatten, musste man sich ohne nachzudenken den Stärkeren greifen.
„ Wenn Kai irgendwas passieren sollte, mache ich dich persönlich dafür verantwortlich“, presste er durch die Zähne.
Die Antwort bestand aus einem „Ach?“ und einem Knie, das ihn hart in die Leiste traf.
Tornado spürte das Adrenalin, das die Schmerzen dämpfte und zog automatisch die Flasche aus der Jacke, ließ ihren Boden an der Mauer zerschellen, schnappte sich den Angreifer und hielt ihm den gezackten Rand unters Kinn.
Den Trick hatte er viele Stunden auf dem Hausdach geübt. Es ist unmöglich eine Flasche auf Anhieb fachgerecht in eine Waffe zu verwandeln. Zehntausend Flaschen und jede Menge blutverschmierte Handabdrücke auf seiner Hose später, hatte er es raus.
„Ey!“, griff Pax nervös ein. „Dreh mal nicht durch!“
„ Halt dich raus“. In der Linken hielt er die Flasche und mit der Rechten hatte er Bahia zu sich gezogen. Mit einer unerschrockenen Bewegung schlug er seinen Kopf gegen Ich-mag-Menschenfleisch-Bahias Nase und als er taumelte, verpasste er ihm zwei schnelle, sehr harte Faustschläge ins Gesicht.
Überrascht sank Bahia auf die Knie, die ihm kurzfristig den Dienst versagten und Tornado nutzte die Chance ihm so fest er konnte in den Bauch zu treten. Langsam ließ Bahia sich nach vornüber sinken.
Tornado sah Pax angriffslustig an: „Bin ich hier fertig?“
Der kleine Arschkriecher nickte unmerklich und schluckte, was Tornado fast ein bisschen enttäuschte. Einmal angefangen, konnte eine Schlägerei ihn in eine Art Rauschzustand versetzen. Wenn man auf jemanden traf, der das Ganze ebenso empfand, grenzte es an ein kleines Fest. Schleimer-Pax gehörte allerdings nicht zu der Sorte.
Als die beiden keine Gegenangriffe mehr vermuten ließen, drehte Tornado sich um, ließ die Flasche fallen und wischte seine kakauverklebten Finger an seiner Hose ab. Die Ansage bezüglich Kai war erfolgreich erneuert. Auch wenn sie zu dritt kämen. Sein Zorn war so gewaltig, er reichte für drei Bahias.
Lustlos kaufte Tornado sich das billigste Sixpack in einem morgendlich leeren Supermarkt und ließ sich auf einer der Bänke nieder, die vor einem Stück verdreckten Grün standen.
Gab es irgendetwas, das er wollte? Wenn es nach ihm ginge, schliefe er tagsüber und stünde abends hinter der Theke. Wenn Boss ihn nur nicht so beschissen bezahlen würde!
Frierend beschloss Tornado ein Buch zu klauen, um mit seinem Sixpack in seiner neuen Bleibe einen halbwegs sinnvollen Vormittag zu verbringen. Bücher klauen war so was von einfach, wenn man eher aussah wie ein Bierdieb und nicht wie
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