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Themba

Themba

Titel: Themba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz van Dijk
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ist deutlich der große abgeflachte Berg zu erkennen, der aussieht, als hätte ein Riese in tausend Meter Höhe den gesamten Berggipfel abgetrennt und dann noch einmal mit der flachen Hand obendrauf geklopft. Unser Geschichtslehrer hat uns einmal erzählt, dass der Tafelberg seit Jahrhunderten das Erste ist, was Seefahrer vom Meer aus von der Stadt erkennen können. Dann wissen sie, dass sie an der Südspitze Afrikas angelangt sind.
    Und da taucht unser Bus auch schon ein in den dichten mehrspurigen Autoverkehr im Zentrum von iKapa. Jetzt ist auch Nomtha hellwach. Alles fährt, rollt, schiebt, hupt, klingelt, läuft und rennt hier durcheinander, jeder verfolgt ein anderes Ziel, und dass es nicht ununterbrochen knallt, kommt mir wie ein Wunder vor. Einige Häuser sind so hoch, dass man die Dächer nicht erkennen kann, selbst wenn man die Nase an die Scheibe drückt und Kopf und Augen zum Himmel richtet.
    Plötzlich nimmt unser Bus eine letzte scharfe Kurve und fährt in einen riesigen Bahnhof ein, in dem viele andere Busse geparkt sind. Ein letztes Zischen der Hydraulikbremsen, dann gehen alle Türen auf, und die Leute um uns herum, die bis eben noch erschöpft von der langen Fahrt in ihren Sitzen hingen, springen auf und drängen zum Ausgang, als wäre im Bus ein Feuer ausgebrochen. Ich achte nur darauf, dass niemand unsere beiden Jutesäcke beschädigt oder gar aus der Ablage über unseren Köpfen zerrt, und bleibe mit Nomtha ruhig sitzen.
    Wir klettern als Letzte vorne aus dem Bus.
    Der Fahrer schiebt sein Fenster auf und nickt uns zu. »Passt mal gut auf eure Klamotten auf, hier am Bahnhof gibt’s jede Menge Ganoven!« Dann zündet er sich eine Zigarette an und schaut in die andere Richtung.
    Als Erstes stelle ich fest, dass hier kaum jemand barfuß geht wie ich. Ich bin froh, dass Nomthas schwarze Schuhe, die Mutter ihr kurz vor ihrer Abreise gekauft hat, noch fast wie neu aussehen.
    Wie finden wir jetzt heraus, wo jenes Township im Süden der Stadt ist? Ich klopfe noch mal an die Scheibe, hinter der unser Busfahrer sitzt, und rufe: »Kennen Sie sich hier aus?«
    Es ist ihm anzusehen, dass er müde ist und am liebsten nicht mehr gestört werden will. Er dreht sich nur kurz um, antwortet aber immerhin: » Hayi, andazi … - nein, keine Ahnung. Aber geht mal da rüber zum Bahnhof, von wo die Züge fahren. In der Wartehalle gibt es einen Informationsschalter.«
    Ich will mich gerade bedanken, da hat er seine Scheibe schon zugeschoben und den Blick wieder abgewandt. Nomtha und ich schultern unsere Säcke. Langsam gehen wir in Richtung der Bahnhofshalle, auf die der Fahrer gezeigt hat. Am Eingang der großen Halle kommen zwei Jungen auf uns zu, die ebenfalls barfuß sind und beide Zigaretten rauchen, obwohl sie sonst eher ärmlich aussehen.
    » Molweni, nivela phi - wo kommt ihr denn her?«, fragt der Ältere der beiden. Er trägt eine in Höhe der Knie abgeschnittene, ziemlich schmuddelige Jeanshose und darüber ein schwarzes Jackett, dessen viel zu lange Ärmel umgekrempelt sind. Aber er lächelt freundlich und spricht Xhosa in einer Weise aus, wie wir es von zu Hause gewöhnt sind.
    » Sivela eMpuma-Koloni ... aus dem Ostkap«, antworte ich höflich.
    » Nam futhi - ich auch«, ruft er begeistert und streckt mir die Hand hin.
    Gerade als ich meinen Sack absetzen will, um ihm meine Hand zu geben, höre ich Nomtha wütend rufen: » Suka, suka … hau ab, Mann!«
    Ich drehe mich um und sehe, wie ein dritter Junge von hinten versucht, ihr den Jutesack zu entreißen. Aber Nomtha umklammert ihn zum Glück mit beiden Händen und schreit aus Leibeskräften.
    Ich fahre herum und schleudere dem Dieb meinen Jutesack in den Rücken, sodass er in die Knie geht. Trotzdem lässt er Nomthas Sack nicht los. Bevor ich ihn mit meiner freien Hand packen kann, steht plötzlich ein Wachmann mit einem Knüppel neben uns und schlägt dem Jungen mit voller Wucht mehrmals auf den Rücken. Der krümmt sich einen Moment vor Schmerz auf dem Boden, springt aber dann auf und flüchtet in Richtung eines Durchgangs, der zu einem Markt vor dem Bahnhof führt. Ein letzter Stiefeltritt des Wachmanns verfehlt ihn knapp. Bei einem der Marktstände trifft er auf die anderen beiden Jungen, die sich eben noch scheinbar freundlich mit mir unterhalten haben. Aus sicherem Abstand strecken uns alle drei ihren ausgestreckten Mittelfinger entgegen und schreien etwas mir Unverständliches in unsere Richtung.
    » Ootsotsi … Gangster!«, flucht der uniformierte

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