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Themba

Themba

Titel: Themba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz van Dijk
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Seiten mehrere kleinere Wege und Pfade abgehen, sehen wir die ersten größeren Steingebäude. Rechts strömen gerade aus einer riesigen Schule, die sich über mehrere Häuser und einen Sportplatz erstreckt, Mädchen und Jungen unterschiedlichen Alters, die alle die gleiche Uniform aus gelben Hemden und schwarzen Hosen oder Röcken tragen. Einige der Kleineren jagen sich gegenseitig, und die Größeren sind meist in Gespräche vertieft, sodass wir von kaum jemandem bemerkt werden. Nur wenige schauen in unsere Richtung. Es scheint nichts Besonderes zu sein, wenn jemand Neues ins Township kommt.
    Nomtha zieht mich am Arm und deutet auf ein anderes Gebäude, links von uns: »Hast du eine Ahnung, was das ist?«
    Bis eben waren alle Türen dort geschlossen, jedenfalls die, die wir von hier aus sehen können. Jetzt wird in der Mitte eine Art Hauptportal von innen geöffnet und wir sehen eine Krankenschwester. Sie verabschiedet sich von einer jungen Mutter, die ihr Baby auf dem Rücken trägt. Das kann nur eine Tagesklinik sein, jene Art Krankenhaus in ärmeren Gegenden, wo Patienten nur tagsüber von Schwestern oder Pflegern versorgt werden und meist nur ein- oder zweimal pro Woche ein Arzt vorbeikommt.
    Unschlüssig sind wir stehen geblieben. Inzwischen zittern wir beide vor Kälte und Nässe. Wohin sollen wir uns wenden, um etwas über Mutter herauszufinden? Die Schwester ist wieder ins Haus gegangen und hat das Portal hinter sich geschlossen. Die Schule ist näher und hier stehen die Türen noch immer offen, also fassen wir uns ein Herz und gehen zuerst dorthin. Gleich hinter dem Eingang sitzt rechts eine freundliche Frau mit einer Goldbrille hinter einer Art Rezeption und schaut uns fragend an. » Ndingakwenzela ntoni - womit kann ich helfen?«
    »Wir sind gerade angekommen«, antwortet Nomtha, »und wir suchen unsere Mutter.«
    Sie guckt noch immer freundlich, aber wir wissen nicht, was wir als Nächstes sagen sollen. Ich schaue kurz nach unten und sehe, wie sich auf dem blank geputzten Fußboden Wasserpfützen um meine bloßen Füße und Nomthas Schuhe bilden.
    »Habt ihr Geschwister hier in der Schule?«, fragt die Frau, die wahrscheinlich die Schulsekretärin ist.
    » Hayi - nein«, sagt Nomtha. »Wir haben sonst keine Geschwister. Es gibt nur mich und meinen Bruder.«
    Ich mache noch einen Versuch, indem ich ihr Mutters Namen nenne, aber auch das hilft nicht weiter.
    »Tut mir Leid, ich glaube nicht, dass ich sie kenne«, antwortet die Frau bedauernd. Als wollte sie uns nicht ganz unverrichteter Dinge wegschicken, gibt sie uns einen Rat: »Probiert es doch mal in der Klinik gegenüber. Vielleicht war eure Mutter irgendwann mal krank, dann müssten sie da zumindest eine Karteikarte von ihr haben.«
    Als wir hinausgehen, quietschen unsere nassen Füße auf dem Boden, aber die Frau mit der Brille bleibt trotzdem freundlich und winkt uns sogar noch hinterher.
    Draußen peitschen uns Regen und Wind erneut ins Gesicht. »Komm schnell«, zische ich Nomtha mit klappernden Zähnen zu. Wir schultern unsere beiden Säcke und laufen in großen Sprüngen, den tieferen Pfützen sorgfältig ausweichend, über die Straße zum Hauptportal der Klinik. Ohne zu zögern, drücken wir die schwere Klinke hinunter, aber die Tür ist verschlossen. Ein Hinweisschild informiert darüber, dass täglich, außer donnerstags, nur am Vormittag Sprechzeiten sind.
    »Heute ist Montag, nicht?«, presst Nomtha hervor. Auch ihre Strickjacke ist inzwischen vom Regen durchweicht. Sie versucht, das Zittern zu unterdrücken, aber Hunger, Kälte und die lange Nacht im Bus zehren an ihren Kräften. Ohne zu wissen, ob es Sinn hat, schlage ich zweimal mit beiden Fäusten gegen die Tür. Nichts geschieht. Dann entdeckt Nomtha einen Klingelknopf auf der einen Seite des Portals. Wir drücken den Knopf mehrmals und können durch die stabile Tür in weiter Ferne ein sachtes Läuten hören. Vielleicht ist schon Mittagspause oder die Krankenschwestern haben die Klinik durch einen anderen Ausgang bereits verlassen? Erneut drückt Nomtha die Klingel und hält sie für mehrere Sekunden fest. Was haben wir schon zu verlieren?
    Nach einer Ewigkeit hören wir plötzlich doch jemanden von innen mit Schlüsseln hantieren. Endlich wird der passende Schlüssel im Schloss herumgedreht und die eine Seite des Portals einen Spalt geöffnet. Ein Mann im blauen Monteursanzug schaut verärgert heraus und schnauzt uns an, ohne uns auch nur anzuhören: »Könnt ihr nicht lesen? Die

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