Themba
erstrecken, auf dem kaum Büsche oder Bäume wachsen, sondern das im Wesentlichen aus ungepflegten Sandflächen und braun vertrocknetem Rasen besteht. Vor einer der Baracken mit der Nummer sieben stoppt der Fahrer den Wagen und springt heraus, um auf einen Klingelknopf neben der Eingangstür zu drücken. Es dauert mehrere Minuten, bis die Tür von innen aufgeschlossen wird und eine ältere Krankenschwester mit einem flachen Ordner unter dem Arm auf uns zukommt. Als die hintere Klappe des Autos aufgeht, hören wir sie in gereiztem Ton zu unserem Fahrer sagen:
»Ja, wir wurden heute früh wegen der Frau angerufen. Aber da wurde mir gesagt, dass Sie bestimmt vor zehn Uhr hier sein würden. Jetzt ist es nach zwölf... also, das geht wirklich nicht! Was denken Sie, wie voll wir hier sind? Nein, also der Platz ist jetzt weg, tut mir wirklich Leid.«
Dann erblickt sie uns beide neben Mutter im Wagen und empört sich weiter, ohne uns direkt anzusprechen: »Sind das die Kinder der Frau? Das ist nun in jedem Fall verboten. Wir haben hier jeden Abend eine Stunde Besuchszeit und am Sonntagnachmittag zwei. Da können wir wirklich nicht dauernd Ausnahmen machen!«
Auch auf diese zweite Zurechtweisung reagiert weder unser Fahrer noch der zweite Sanitäter. Sie scheinen diese unfreundliche Schwester schon zu kennen und scheren sich nicht weiter um das, was sie sagt. Der zweite Mann zündet sich im Freien eine Zigarette an und vertritt sich die Beine. Der Fahrer stellt den Motor ab, kratzt sich kurz am Kopf und fragt dann ruhig: »Und jetzt?«
Die Schwester verschwindet ohne ein weiteres Wort wieder in Baracke sieben, wobei sie die Tür hinter sich abschließt. Dass hier ein solcher Ton herrscht, kann Sister Princess nicht gewusst haben, sonst hätte sie Mutter bestimmt nicht hierher geschickt.
Die Sonne brennt auf diesen unwirtlichen Ort herunter, und auch im Wagen steigt jetzt die Temperatur, seit der Motor und damit auch die Klimaanlage ausgeschaltet sind. Mutter stöhnt leise, aber sie rührt sich nicht. Ihr Atem geht unruhig.
»Gibt es kein anderes Hospiz in iKapa?«, frage ich den Fahrer verzweifelt.
»Schon, aber da musst du für alles selbst bezahlen... hier ist es umsonst.«
In dem Moment kommt die unfreundliche Alte mit einer etwas jüngeren Schwester im Schlepptau zurück. Im gleichen Befehlston wie vorhin erklärt sie dem Fahrer: »Die Frau legen wir für zwei oder drei Nächte auf eine Liege im Flur, bis das nächste Bett frei wird. Schwester Ruth wird Ihnen zeigen, wohin Sie sie bringen müssen.«
Damit macht sie kehrt, ohne uns noch eines Blickes zu würdigen. Nicht einmal hat sie Mutters Namen genannt, sondern immer nur von »der Frau« gesprochen.
Ich schlage vor Wut mit der Faust gegen die Autotür und auch Nomtha bebt vor Zorn: »So eine blöde Kuh!«
Die beiden Sanitäter sagen nichts, sondern ziehen nur vorsichtig Mutters Trage aus dem Wagen, und gemeinsam folgen wir Schwester Ruth in die Baracke sieben. Ein junges Mädchen schrubbt mit einer Bürste den endlos langen Linoleumboden im Flur. Trotzdem schlägt uns ein säuerlicher Pissegeruch entgegen.
Schwester Ruth, die uns immerhin zaghaft zulächelt, zieht ein sauberes Bett für Mutter aus einer dunklen Ecke und schiebt es im Flur direkt vor ein Fenster, wo es wenigstens schön hell ist. Auf einem Rollwagen daneben bringt sie die Sauerstoffflasche unter.
Nomtha und ich haben Mutters Bluse und Rock mitgebracht, außerdem Vaters Foto im Silberrahmen. Als sie sieht, wie Nomtha die Bluse aus der Plastiktüte holt, legt sie eine Hand auf Nomthas Arm und sagt: »Kind, unsere Patienten haben hier alle die gleichen Nachthemden. Nimm das mal wieder mit. Es verschwindet hier sonst nur.«
Den Bilderrahmen holt Nomtha erst gar nicht mehr hervor. Als Mutter wenig später im Bett liegt und außer der Sauerstoffflasche auch ein Tropf für die künstliche Ernährung angeschlossen ist, hört ihr leises Stöhnen auf. Sie scheint zumindest für den Moment keine Schmerzen zu haben.
»Besuchszeit ist von 18 bis 19 Uhr«, sagt Schwester Ruth. Wir begreifen, dass wir gehen sollen. Aber immerhin fragt sie noch nach unseren Namen und ob wir die einzigen Angehörigen sind.
»Ja«, sage ich.
»Habt ihr eine Telefonnummer, wo ihr erreichbar seid, wenn etwas ist?«, fragt sie weiter.
»Nein«, antwortet Nomtha tonlos. »Aber wir kommen zu Besuch, sooft wir können.«
Beide versuchen wir, uns an diesem schrecklichen Ort unsere Gefühle nicht anmerken zu lassen. Beim
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