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Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)

Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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tentakellosen Mühlbach, schmierten uns Schlammmasken ins Gesicht und schnitten uns in einem Anfall von überhitzter Kreativität gegenseitig die Haare – Polly trug dank meiner bislang unentdeckten Scherenfertigkeit jetzt einen sehr schicken, asymmetrischen Kurzhaarschnitt.
    Die Woche darauf zog sich in die Länge. Nachdem unsere Freundinnen wieder abgereist waren, kam es mir zu still vor. Und mit der Stille kamen die Erinnerungen und mit ihnen die Sehnsucht. Nur meine meditativen Streifzüge durch die Natur, die ich auch hier wieder aufgenommen hatte, bewahrten mich davor, durchzudrehen und doch Hals über Kopf zu Louis zu galoppieren. Abends oder, wenn noch Zeit war, ganz früh morgens legte ich mich auf den Waldboden oder in die Wiese, schloss die Augen und versuchte einfach zu sein .
    Ich versuchte, meinen Verstand und mein Herz auszuschließen, an dem die Sehnsucht zog und zerrte, und mich nur auf meine Sinne zu konzentrieren. Auf das, was ich roch, was ich hörte, wie sich der warme Wind und die eine oder andere Ameise auf meiner Haut anfühlte und der Boden unter mir. Solange, bis ich nur ein kleines Leben inmitten vieler anderer kleiner Leben war, die sich in den Blättern und Gräsern um mich herum befanden, in den Blumen, den Bäumen, den Krabbeltieren – von denen ich hoffte, dass zu ihnen zumindest in unmittelbarer Nähe kein Grashüpfer zählte. Genauso verstand- und emotionslos und somit schmerzfrei, aber voller Energie.
    Ich wurde immer besser darin, nur ein kleines Leben zu sein, das heißt, ich brauchte immer weniger Zeit, um diesen Zustand zu erreichen, und ich konnte die Bilder, die mich ablenkten, immer schneller abwehren. Danach war es mal für ein paar Stunden, mal nur für ein paar Minuten gut, bevor mich wieder die Unruhe packte.
    Und in der Mitte der Woche kam die Hitze. Ich hatte davor schon gedacht, dass es heiß war, aber im Vergleich waren die ersten Tage nur lau gewesen. Um keinen Hitzschlag zu bekommen trugen wir Strohhüte, die Polly verachtete, kurze Hosen und ärmellose, weite Oberteile, auch wenn es bedeutete, dass wir uns die Arme und Beine an Dornen aufrissen.
    „Und warum hast du die Sache mit der Ginsterernte nochmal monatelang verdrängt?“, fragte Polly ein ums andere Mal, mindestens jedoch fünf Mal pro Tag. „Wir hätten schon während des Lichtmonds ernten können, da wäre es jetzt kalt. Zumindest kühl. Oh, kühl … Ich weiß gar nicht was kühl ist …“
    Ich antwortete nicht mehr darauf; die Zunge verklebte mir den Gaumen, machte das Sprechen zu mühsam … Es war der heißeste Sommer meines bisherigen Lebens und noch nie hatte ich ihn so unmittelbar erlebt. Keine Klimaanlagen, keine Kühlboxen mit frischen Getränken, nur Hitze, Staub und heißer Wind.
    Ich hasste die Hitze.
    Ich liebte die Hitze.
     
    Es war Samstagabend. Polly war draußen und brannte den Rost von den Grillresten frei und ich wusch gerade lethargisch die Teller vom Abendessen im kleinen Waschbecken der Küchenzeile mit erwärmtem Flusswasser ab, als sich etwas änderte. Die erhitzte Luft schien plötzlich in einer anderen Frequenz zu flirren und mir war, als würde das qualvolle Ziehen in meiner Brust wie eine orientierungslose Kompassnadel neben einem Hufeisenmagneten ständig die Richtung wechseln, bis es in mein Herz zurückschnellte und es mit zu schnellen, zu heftigen Schlägen antrieb, als gesund sein konnte.
    Sonnenstich, diagnostizierte mein Verstand.
    Ich warf den Spüllappen ins Becken und machte mich auf den Weg nach draußen, um mir am Fluss ein bisschen kaltes Wasser über die Waden laufen zu lassen.
    An der Tür prallte ich mit Polly zusammen, aber sie lief nach unserem Zusammenstoß einfach weiter und begann mit grimmiger Miene, in der Ecke des Raums herumzuwühlen, in der sie ihr Gepäck aufbewahrte.
    Gefahr! schoss es mir instinktiv durch den Kopf. Feinde. Vatwaka. Anders konnte ich mir ihre seltsame Reaktion nicht erklären.
    Ich fuhr wieder zur offenstehenden Tür herum und suchte den Horizont ab. Wald, Hügel, Sonnenuntergang, eine berittene Gestalt, groß, vermutlich männlich, die sich von Westen her der alten Mühle näherte. Schnell näherte. Im Gegenlicht konnte man nur eine Silhouette sehen, den aufsteigenden Staub dahinter, die hohen Gräser, die sich im Windsog des vorbei galoppierenden Pferdes bogen. Mein Puls beschleunigte sich. Mit einer geschmeidigen Bewegung zog ich mich von der Türöffnung zurück und linste am Türrahmen vorbei nach draußen. Mein Blick

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