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Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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zerstießen.
    Ich würde es wissen wollen. Er wird es wissen wollen. Er hat das Recht darauf, es zu erfahren, sagte mein Verstand, und das wollte etwas heißen. Immerhin implizierte das, dass ich mit Louis reden musste – und dazu hatte mir mein Verstand noch nie zugeredet.
    Aber damit nimmst du ihm die letzte Hoffnung, seine Mutter jemals zu finden, gab mein Herz zu bedenken.
    Vielleicht hat er gar keine Hoffnung. Wahrscheinlich hasst er sie ohnehin.
    Und wenn er sie dann noch mehr hasst? Was, wenn diese Information der Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen bringt, und er Themiskyra deswegen verlässt? fragte mein Herz und zog sich zusammen.
    „Wenn du also morgen nicht zur Schule gehen musst, dann ist das …?“, fragte Dante, um zu testen, ob ich seinen Ausführungen hatte folgen können.
    „Ferien?“, fragte ich zerstreut.
    Eine weißbuschige Augenbraue hob sich strafend. Ich beeilte mich, im Schnelldurchgang das Gelernte zu rekapitulieren und eine hoffentlich richtige Antwort aus dem Gewirr meiner Gedanken herauszuziehen.
    „Negative Freiheit. Freiheit von etwas, in diesem Fall Unterricht“, sagte ich.
    „Richtig.“ Dante war zufrieden. „Im Gegensatz zu …?“
    „Äh, positiver Freiheit.“ Ich versuchte, mich zu konzentrieren. „Freiheit zu etwas, das heißt, Freiheit, etwas zu tun , nicht nur etwas nicht tun zu müssen.“ Ich habe die Freiheit, Louis die Wahrheit zu sagen. Die positive Freiheit. Aber sie fühlt sich ganz und gar nicht positiv an. Freiheit kann ganz schön verwirrend sein.
    „Gut. Jetzt Wasser drauf.“
    Es dauerte einen kurzen Moment, bis ich begriff, dass Dante die Samenkapseln meinte, die in vergorenem Zustand die Basis für orange Textilfarbe ergeben würden. Ich goss einige Liter Wasser in den Bottich, dann schoben wir gemeinsam einen Deckel drauf.
    „Das war's für heute“, beschloss Dante und zog die Handschuhe aus.
    Das war mir nur recht. Mein Gehirn musste dringend von Herrn Kant befreit werden und zwar aktiv, durch eine heiße Dusche. Dennoch zögerte ich, die Färberei zu verlassen.
    „Dante?“
    „Hm?“
    „Wenn ich die Freiheit habe, eine Entscheidung zu treffen …“
    „Ja?“
    „Ich kann nie von vornherein wissen, ob sie richtig oder falsch ist, oder?“
    „Nein, sonst wäre das Leben eine ziemlich fade Angelegenheit.“
    Ich ließ die Schultern sinken. „Aber was, wenn ich mich falsch entscheide?“
    „Freiheit birgt Risiko. Doch auch wenn du dich falsch entscheiden solltest … wobei dahingestellt sei, was genau damit gemeint ist – Was heißt falsch? Falsch für wen? Für dich? Für den Rest der Welt? Aber das sollten wir vielleicht ein andermal besprechen … Also: Auch, wenn du meinst, dass du dich falsch entschieden hast, kann dennoch viel Richtiges und Gutes aus so einer sogenannten Fehlentscheidung erwachsen. Aber auch das wirst du nie im Voraus absehen können … Warum siehst du mich so finster an?“
    „Manchmal sind deine Antworten wenig hilfreich, alter Mann.“ Ich nahm energisch meine Schürze ab, hängte sie an einen Haken an der Wand und ging zur Tür.
    Dante lachte laut auf. „Dafür sind sie wahr, kleine Amazone.“
     
    Während das heiße Duschwasser eine Viertelstunde später auf mich herabprasselte, fällte ich eine Entscheidung. Ich musste. Sonst wäre ich wahnsinnig geworden. Ich würde gerne behaupten, dass mein Entschluss nicht von der Möglichkeit beeinflusst worden war, dass Louis Themiskyra verlassen würde, wenn er die Wahrheit erführe. Aber das wäre gelogen. Das beklemmende Gefühl, dass diese Aussicht in mir auslöste, gab den Ausschlag.
    Ich würde meine Entdeckungen für mich behalten.
     
    Und dann stellte sich heraus, dass man bei aller Entscheidungsfreiheit eines nicht unterschätzen durfte: Dass alles anders kommen kann, als man denkt.
    Doch zuerst kamen die Babys.
    Wie ich leidvoll erfahren musste, kamen sie jedoch nicht einfach so. Das war mir zwar vorher durch Lektüre, Film und Fernsehen schon bewusst gewesen, aber dadurch, dass ich gezwungen war, hautnah dabei zu sein, nahm das Grauen ungeahnte Ausmaße an.
    An einem bis dahin friedlichen Morgen zwei Tage nach meinem tiefschürfenden Gespräch mit Dante half ich Padmini, unseren Tisch nach dem Frühstück abzuräumen. Ich hatte keinen Tischdienst, aber ich konnte es nicht mitansehen, wie sie blass und angestrengt versuchte, ihren immensen Bauch mit der Tätigkeit des Tischabwischens zu vereinbaren, und nahm ihr kurzerhand den Lappen aus der Hand. Ich

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