Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
Vom Netzwerk:
„Okay. Jetzt bist du ja wieder da.“
    Aber auch nur, weil Louis mich mehr oder weniger dazu gezwungen hat, dachte ich mit schlechtem Gewissen.
    „Was passierte dann?“
    Ich holte Luft und erzählte ihr, was im alten Wasserkraftwerk geschehen war, nicht jedoch von der Vorratskammer. In ihren Augen musste es einfach ein riesiger Zufall gewesen sein, dass der Arbeiter zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen war. Ich nannte auch diesmal Louis' Namen nicht. Selbst wenn die Sache durch irgendeinen dummen Zufall herauskommen sollte, wollte ich nicht, dass er mit dem geheimen Lager in Verbindung gebracht wurde. Polly fragte aber auch nicht genauer nach, sie war viel zu gefesselt von dem, was sie hörte. Voll Entsetzen lauschte sie und drückte dabei meine Hand so fest, dass sie fast taub war, als ich schließlich endete.
    „Du hattest unglaubliches Glück, weißt du das?“
    Ich nickte benommen. Glücklich war ich trotzdem nicht. „Und das ist genau das, was ich meine. Ich hatte Glück, reines Glück. Ich verdanke mein Leben weder meinem Verstand noch meinen Fähigkeiten. Ich bin eben zu doof und zu ungeschickt für eine Amazone.“
    „Du bist aber eine.“
    „Keine richtige.“
    „Wir sind aus demselben Stoff. Nur anders zusammengemischt“, sagte Polly eindringlich und ließ ihren Zeigefinger spiralförmig kreisen. „Was ich kann, kannst du auch. Du darfst nur nicht aufgeben . “
    Ich sah sie zweifelnd an, meine starke, selbstbewusste kleine Schwester, und sie blickte voller Überzeugung zurück.
    „Du darfst nur nicht aufgeben“, sagte auch mein Vater, der unvermittelt vor meinem geistigen Auge auftauchte.
    Ich erinnerte mich genau an die Situation. Ein grauer Wintertag, spiegelglattes Eis auf dem Weiher und ich ein absoluter Neuling in der Kunst des Schlittschuhlaufens. Ich muss sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein und vollkommen frustriert, dass mir Eislaufen so schwer fiel, obwohl mir sonst alles gelang, was mit Sport und Bewegung zu tun hatte.
    „Ich kann's nicht“, weinte ich, nachdem ich das ungefähr fünfzigste Mal auf meinem Hintern gelandet war. Diesmal blieb ich einfach auf dem Eis sitzen. Ich sah keinen Sinn darin, mich ein weiteres Mal aufzurappeln, und begann, völlig frustriert und wegen meiner gefütterten Fäustlinge auch recht erfolglos, an den Schnürsenkeln meiner Schlittschuhe zu zerren.
    Mein Vater gebot meinen ungeschickten Bemühungen Einhalt, indem er vor mir in die Hocke ging und meine Hände festhielt. „Natürlich kannst du das.“
    „Nein. Du siehst doch, dass es nicht geht.“ Mein Gesicht brannte von den Tränen, die der eisige Wind auf meiner Haut gefrieren lassen wollte, doch er kam nicht gegen die Hitze meiner Enttäuschung an.
    „Probier es noch einmal.“
    „Hab' ich schon.“
    „Wenn du schon davor davon ausgehst, dass es nicht klappt, wird es auch nichts.“
    Trotz regte sich in mir. Ich war drauf und dran, zu widersprechen und schlicht und einfach erneut in Tränen auszubrechen.
    „Stell dir doch einfach diesmal vor, dass du es schaffst.“
    Wie sollte denn das gehen? Und was sollte es bringen? Es war doch völlig offensichtlich, dass ich auch dieses Mal hinfallen würde … Mir dämmerte, dass das wohl genau das war, was mein Vater meinte.
    „Steh auf und versuch's noch mal, Ell“, sagte er liebevoll, hob mich hoch und stellte mich wieder auf die Schlittschuhe. „Fahr bis zu dem Pfahl dort drüben.“ Er zeigte auf einen Holzpflock, der in fünf Meter Entfernung aus der Eisdecke ragte. „Ich bin mir ganz sicher, dass du es kannst. Du darfst nur nicht aufgeben.“
    Damals hatte es funktioniert. Es war mir gelungen, ohne Stürze bis zum Pfeiler zu gelangen, und auf dem Rückweg hatte mich mein Vater auf halbem Wege aufgefangen, bevor ich, durch meinen Erfolg übermütig geworden, zu Boden gehen konnte.
    Mit einem Mal konnte ich Polly glauben. Natürlich wusste ich, dass ich nie im Leben wirklich so gut wie sie werden würde, und dass ich meine Schwester mit Sicherheit brauchen würde, damit sie mich wie mein Vater damals auffangen konnte. Aber ich begriff, dass ich mehr konnte, als ich mir zutraute. Ich brauchte einfach mehr Zeit und vor allem Geduld. Und Nerven wie Stahlseile, wenn ich das Taekwondo-Training seelisch unbeschadet überstehen wollte.
    Die Erinnerung verblasste. Die hellbraunen Augen meines Vaters wurden zu Pollys. Es waren dieselben. Und da wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass nicht nur Atalante ein Teil von mir war, sondern auch

Weitere Kostenlose Bücher