Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
kämpfte mich an die Oberfläche und knurrte: „Ja.“
„Komm schon, das war doch nur ein Spaß …“
„Das war kein Spaß, das war einfach nur gemein! Du hast genau gewusst, dass ich mich nicht erinnern konnte!“
„Nur geahnt“, erwiderte er, als würde das irgendetwas entschuldigen.
Was erwartest du eigentlich? Mitgefühl? Von diesem emotional verkümmerten groben Klotz?
Nein, natürlich nicht. Für Will ist immer alles total lustig, egal, wie ich mich fühle.
Und ich fühlte mich momentan wie durch den Fleischwolf gedreht. Physisch und psychisch. Ich setzte mich auf und nahm einen weiteren großen Schluck Wasser. Als ich das Glas vor Wut zu schwungvoll vom Mund absetzte, schwappte das Wasser und ein paar Tropfen landeten in meinem Gesicht. Ich wollte sie schon abwischen, da entspann sich ein teuflischer Racheplan in meinen elefantengeplagten Gehirnwindungen.
Ich schnüffelte ein bisschen, erst leise, dann lauter. Putzte mir lautstark die Nase. Schluchzte unterdrückt. Seufzte. Schluchzte lauter.
„Ell?“, fragte Will zögernd. „Alles in Ordnung?“
Ein Stoßseufzer, gefolgt von einem heiser-lethargischen: „Ja, natürlich.“
„Weinst du etwa?“ Das klang nun schon ziemlich schockiert.
„Nein –“, seufz, schnüffel, schluchz, schnäuz, „– alles gut.“
Ich hörte sein Bett knarzen und Schritte auf dem Boden und spritzte mir hastig noch ein bisschen Wasser ins Gesicht, bevor ich mich umdrehte, sodass ich mit dem Rücken zum Vorhang lag. Will näherte sich so vorsichtig, dass ich ihn kaum hörte, aber das Nachgeben der Matratze verriet mir, dass er sich gesetzt hatte.
„Sei doch nicht traurig …“
„Du musst kein Mitleid heucheln“, schluchzte ich.
„Aber es tut mir leid. Ich hätte nicht gedacht, dass du es so schwer nehmen würdest, wenn ich mir einen kleinen Spaß erlauben würde.“ Er berührte meine Haare, doch ich zuckte zurück und rollte mich am Rand der Matratze zusammen.
„Ich werde dir nie wieder vertrauen können.“ Tiefer Stoßseufzer.
Jetzt klang er wirklich bestürzt. „Ell, das ist doch Unsinn! Du kannst mir vertrauen. Wirklich. Es tut mir leid. Ich mache sowas nie wieder. Ehrlich!“
Das wäre eigentlich der Moment gewesen, in dem ich vorgehabt hatte, meinen kleinen Spaß auffliegen zu lassen, aber Will redete schon weiter. „Weißt du, du bist immer so … gefasst, so cool, so schlau, so gut, in allem, was du tust, einfach zu perfekt …“ Die Matratze bewegte sich wieder und an der Wärme, die er ausstrahlte, spürte ich, dass er sich neben mich gelegt hatte. Behutsam streichelte er über meinen Rücken. Ich konnte nicht ausweichen, wenn ich nicht aus dem Bett fallen wollte, aber es war zugegebenermaßen auch ziemlich angenehm. „Es reizt mich einfach, dich aus der Reserve zu locken. Und wenn du dann … keine Ahnung, wütend wirst oder vollkommen überrascht bist, dann macht dich das irgendwie … menschlicher. Zugänglicher. Näher.“
Ich hatte nur mit immer größeren Ohren gelauscht. Nun merkte ich, dass ich zu lange still gewesen war und ließ einen kleinen Schluchzer in die Konversation einfließen. Seine Hand tastete weiter und wischte mir ein paar Wassertränen aus dem Gesicht.
„Letzte Nacht … ich meine, ich war ja auch alles andere als nüchtern und es hat mich wirklich Überwindung gekostet, in mein Zimmer rüberzugehen. Aber ich habe es genau aus dem Grund getan, damit du siehst, dass du mir vertrauen kannst. Ich habe es getan, weil ich wusste, dass du es andernfalls am nächsten Morgen bereuen würdest. Weil ich wusste, dass die echte, nicht alkoholisierte, perfekte Ell mich nie gefragt hätte, ob ich bleiben würde.“
Wow … Mir war die Spucke weggeblieben. Mein ganzer schöner Spaß war überhaupt nicht mehr lustig und meine Stimme kein bisschen verstellt, als ich etwas heiser erwiderte: „Doch. Natürlich würde sie das. Nur … nicht jetzt. Nicht hier. Noch nicht.“
In diesem Augenblick setzte ich mir eine Frist. Sechs weitere Monde würde ich nach Louis suchen. Dann würde ich aufgeben. Herzbruch hin oder her.
„Und perfekt ist sie nicht, bei weitem nicht.“ Mein Grinsen war etwas gequält, als ich mich zu ihm umdrehte. „Nur eine perfekte Schauspielerin.“
„Was?“ Er blickte mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
Ich begab mich schwungvoll in die Senkrechte. Etwas zu schwungvoll, was die rüsseltragenden Tänzer in meinem Kopf betraf. Durcheinanderpolternd versuchten sie, sich wieder in Formation
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